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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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welche lange von ihrer Familie entfernt leben müssen, z. B, für Missionäre
erfunden ist. Sie können sich durch gute Freunde bei Frau und Kindern vertreten
lassen, um nicht Einbuße an zahlreicher, Nachkommenschaft und damit Einbuße
an der zukünftigen Seligkeit zu erleiden. 4) Ite recleeming' xrox^, wo man um
des jenseitigen Wohlergehens unverheiratet Gestorbener willen eine Ehe eingeht.
Wer wenige Kinder hinterläßt, hat wenig, wer keine Kinder hinterläßt, gar keine
Seligkeit zu erwarten. Letzterer verbleibt so lange in unseligem Zustand, bis sich
ein Mitleidiger seiner erbarmt, für ihn heirathet und ihm Nachkommen erwirkt.

Man sieht die Consequenz der mormonischen Dogmatik'er ist groß, und sehr
gut verstehen sie das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden.

Die Zahl der Nichtmvrmoncn in Utah ist gering, sie beträgt kaum mehr
als 300 Köpfe. Dagegen verhalten sich die von fremd her Eingewanderten zu
den in Amerika Gebornen vermuthlich wie 5 zu 2. Daher auch die geringe
Anhänglichkeit der Bewohner von Utah an die Union, die starken Sympathien
für die Secession, die allerdings auch daher rühren, daß die Mormonen von
jeher zur demokratischen Partei hielten. Das Princip dieser Partei, möglichst
wenig Centralisation, möglichst ausgedehntes Selfgovernment der Einzelstaaten
sicherte den Mormonen für die Zeit, wo Utah selbst Staat geworden, volle
Macht, sich eine Verfassung und Negierung zu geben, wie sie ihnen ihre
Religion, die Offenbarungen ihres Sehers und Propheten, oder sagen wir
lieber, die Launen und Interessen dieses Propheten und der obersten Priester¬
schaft vorschrieben. Zerfalle die Union, so können wir unter gewissen Umstän¬
den noch erleben, daß auch Utah sich emancipirt und als Theokratie in der
Staatenfamilie eine Rolle zu spielen sucht.




Literatur.

Garibalöi auf Caprcra. Erinnerungen des Obersten C. Augusto Vecchj. Aus
dem Italienischen. Eingeführt von A. Stahr. Leipzig, F. A. Brockhaus. 1862.

Stahr sagt in seinem Vorwort, daß Niemand dieses kleine Buch ohne tiefe
Bewegung aus der > Hand legen werde. "Denn dies einfache Tagebuch eines
Freundes, das den großen Volkshelden in seiner idyllischen Einsamkeit auf der mcer-
umbrandeten Felseninsel, umgeben von seinen Kindern und ein paar treuen Freunden,
in seinen häuslichen Zustünden, seinen unschuldigen Genüssen'und Beschäftigungen
als Ansiedler und Sandmann, als Maurer, Gärtner und Viehzüchter schildert, ent¬
hält eine Fülle von Zügen, die >etes Herz bewegen und zur Bewunderung der
einfach großen Natur dieses Mannes hinreißen müssen." Wir schließen uns diesem
Urtheil an und empfehlen das Buch, dessen Lectüre in mancher Beziehung besser wie
viele Erbauungsbücher wirkt, angelegentlich.




Vercmtwortlickcr Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Perlag von F. L. Her dig. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

welche lange von ihrer Familie entfernt leben müssen, z. B, für Missionäre
erfunden ist. Sie können sich durch gute Freunde bei Frau und Kindern vertreten
lassen, um nicht Einbuße an zahlreicher, Nachkommenschaft und damit Einbuße
an der zukünftigen Seligkeit zu erleiden. 4) Ite recleeming' xrox^, wo man um
des jenseitigen Wohlergehens unverheiratet Gestorbener willen eine Ehe eingeht.
Wer wenige Kinder hinterläßt, hat wenig, wer keine Kinder hinterläßt, gar keine
Seligkeit zu erwarten. Letzterer verbleibt so lange in unseligem Zustand, bis sich
ein Mitleidiger seiner erbarmt, für ihn heirathet und ihm Nachkommen erwirkt.

Man sieht die Consequenz der mormonischen Dogmatik'er ist groß, und sehr
gut verstehen sie das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden.

Die Zahl der Nichtmvrmoncn in Utah ist gering, sie beträgt kaum mehr
als 300 Köpfe. Dagegen verhalten sich die von fremd her Eingewanderten zu
den in Amerika Gebornen vermuthlich wie 5 zu 2. Daher auch die geringe
Anhänglichkeit der Bewohner von Utah an die Union, die starken Sympathien
für die Secession, die allerdings auch daher rühren, daß die Mormonen von
jeher zur demokratischen Partei hielten. Das Princip dieser Partei, möglichst
wenig Centralisation, möglichst ausgedehntes Selfgovernment der Einzelstaaten
sicherte den Mormonen für die Zeit, wo Utah selbst Staat geworden, volle
Macht, sich eine Verfassung und Negierung zu geben, wie sie ihnen ihre
Religion, die Offenbarungen ihres Sehers und Propheten, oder sagen wir
lieber, die Launen und Interessen dieses Propheten und der obersten Priester¬
schaft vorschrieben. Zerfalle die Union, so können wir unter gewissen Umstän¬
den noch erleben, daß auch Utah sich emancipirt und als Theokratie in der
Staatenfamilie eine Rolle zu spielen sucht.




Literatur.

Garibalöi auf Caprcra. Erinnerungen des Obersten C. Augusto Vecchj. Aus
dem Italienischen. Eingeführt von A. Stahr. Leipzig, F. A. Brockhaus. 1862.

Stahr sagt in seinem Vorwort, daß Niemand dieses kleine Buch ohne tiefe
Bewegung aus der > Hand legen werde. „Denn dies einfache Tagebuch eines
Freundes, das den großen Volkshelden in seiner idyllischen Einsamkeit auf der mcer-
umbrandeten Felseninsel, umgeben von seinen Kindern und ein paar treuen Freunden,
in seinen häuslichen Zustünden, seinen unschuldigen Genüssen'und Beschäftigungen
als Ansiedler und Sandmann, als Maurer, Gärtner und Viehzüchter schildert, ent¬
hält eine Fülle von Zügen, die >etes Herz bewegen und zur Bewunderung der
einfach großen Natur dieses Mannes hinreißen müssen." Wir schließen uns diesem
Urtheil an und empfehlen das Buch, dessen Lectüre in mancher Beziehung besser wie
viele Erbauungsbücher wirkt, angelegentlich.




Vercmtwortlickcr Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Perlag von F. L. Her dig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0048] welche lange von ihrer Familie entfernt leben müssen, z. B, für Missionäre erfunden ist. Sie können sich durch gute Freunde bei Frau und Kindern vertreten lassen, um nicht Einbuße an zahlreicher, Nachkommenschaft und damit Einbuße an der zukünftigen Seligkeit zu erleiden. 4) Ite recleeming' xrox^, wo man um des jenseitigen Wohlergehens unverheiratet Gestorbener willen eine Ehe eingeht. Wer wenige Kinder hinterläßt, hat wenig, wer keine Kinder hinterläßt, gar keine Seligkeit zu erwarten. Letzterer verbleibt so lange in unseligem Zustand, bis sich ein Mitleidiger seiner erbarmt, für ihn heirathet und ihm Nachkommen erwirkt. Man sieht die Consequenz der mormonischen Dogmatik'er ist groß, und sehr gut verstehen sie das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden. Die Zahl der Nichtmvrmoncn in Utah ist gering, sie beträgt kaum mehr als 300 Köpfe. Dagegen verhalten sich die von fremd her Eingewanderten zu den in Amerika Gebornen vermuthlich wie 5 zu 2. Daher auch die geringe Anhänglichkeit der Bewohner von Utah an die Union, die starken Sympathien für die Secession, die allerdings auch daher rühren, daß die Mormonen von jeher zur demokratischen Partei hielten. Das Princip dieser Partei, möglichst wenig Centralisation, möglichst ausgedehntes Selfgovernment der Einzelstaaten sicherte den Mormonen für die Zeit, wo Utah selbst Staat geworden, volle Macht, sich eine Verfassung und Negierung zu geben, wie sie ihnen ihre Religion, die Offenbarungen ihres Sehers und Propheten, oder sagen wir lieber, die Launen und Interessen dieses Propheten und der obersten Priester¬ schaft vorschrieben. Zerfalle die Union, so können wir unter gewissen Umstän¬ den noch erleben, daß auch Utah sich emancipirt und als Theokratie in der Staatenfamilie eine Rolle zu spielen sucht. Literatur. Garibalöi auf Caprcra. Erinnerungen des Obersten C. Augusto Vecchj. Aus dem Italienischen. Eingeführt von A. Stahr. Leipzig, F. A. Brockhaus. 1862. Stahr sagt in seinem Vorwort, daß Niemand dieses kleine Buch ohne tiefe Bewegung aus der > Hand legen werde. „Denn dies einfache Tagebuch eines Freundes, das den großen Volkshelden in seiner idyllischen Einsamkeit auf der mcer- umbrandeten Felseninsel, umgeben von seinen Kindern und ein paar treuen Freunden, in seinen häuslichen Zustünden, seinen unschuldigen Genüssen'und Beschäftigungen als Ansiedler und Sandmann, als Maurer, Gärtner und Viehzüchter schildert, ent¬ hält eine Fülle von Zügen, die >etes Herz bewegen und zur Bewunderung der einfach großen Natur dieses Mannes hinreißen müssen." Wir schließen uns diesem Urtheil an und empfehlen das Buch, dessen Lectüre in mancher Beziehung besser wie viele Erbauungsbücher wirkt, angelegentlich. Vercmtwortlickcr Redacteur: Dr. Moritz Busch. Perlag von F. L. Her dig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/48>, abgerufen am 28.04.2024.