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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Mit dem Anfänge des neuen Jahres beginnen die Grenzboten
den A^II. Jahrgang. Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt
sich zur Pränumeration auf denselben einzuladen, und bemerkt, daß alle
Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen.
Leipzig, im Januar 1863.Fr. Ludw. Herbig.

Preußen und der Bund.

Das Separatvotum, welches Baden in der Delegirtenfrage zu Frankfurt
abgegeben hat. ist seinem Inhalt nach durch die Tagespresse bekannt gemacht.
Baden hat gegenüber den Würzburgern den einzig richtigen Standpunkt ein¬
genommen, welcher der patriotischen Negierung eines Mittelstaates bei der
gegenwärtigen Lage Preußens möglich ist; das Votum enthält sich jedes eige¬
nen Organisationsvorschlags, und begnügt sich nachzuweisen, daß die Ausführung
des östreichischen Projektes mit dem völkerrechtlichen Charakter des Bundes in
unversöhnbarem Gegensatze steht, und denselben nach jeder Richtung alteriren
würde, ohne etwas Besseres an die Stelle zu setzen, ja daß jeder Versuch einer
praktischen Durchführung die Schwäche und Verwirrung in Deutschland bis
ins Abenteuerliche steigern müßte.

Ueber die Stellung, welche Preußen in dieser Angelegenheit beim Bunde
gegenüber der Würzburger Majorität einzunehmen gedenkt, ist noch keine sichere
Erklärung in die Oeffentlichkeit gedrungen. Mit einer Spannung, die nicht
ohne bange Sorge ist, erwarten die Mitglieder der-preußischen Partei die
erste Lebensäußerung des gegenwärtigen Ministeriums in einer Angelegenheit
von höchster Bedeutung. Und es ist hinreichender Grund zu Befürchtungen.
Die bedenkliche, ja verzweifelte Lage des preußischen Ministeriums in dem
eigenen Lande legt die Muthmaßung nahe, daß Herr v. Bismark diese Frage
der großen Politik benutzen wird, um in seiner Weise einen Anlauf zu neh¬
men, der Freunden und Feinden imponiren soll. Und diese Annahme wird
wahrscheinlich durch einzelne drohende Correspondenzen, welche in der Tages¬
presse mysteriöse Andeutungen gaben, daß Preußen sich nicht majorifiren
lasse, daß es seine Partei genommen habe, zu handeln entschlossen sei u. s. w.
Zwar wären diese Andeutungen gerade dann unvorsichtig, wenn Preußen sich
zu dem entschlossen hätte, was Herr v. Bismark großes Spiel nennen mag.
Aber zufällig und verloren sind sie schwerlich in die Welt gesandt, und wer
ein wenig gewöhnt ist, Luftströmung und Wolkenzug in der deutschen Politik
zu beachten, kann nach solchen Voraussetzungen die Ansicht nicht fern halten,
daß etwas Ueberraschendes beabsichtigt wird. .

Ueber das Project einer Delegirtenversammlung beim Bunde hat die ge-
sammte unabhängige Presse Deutschlands, hat die öffentliche Meinung, hat die
organisirte nationale Partei mit ungewöhnlicher Einstimmigkeit den Stab gebrochen:


"Krenzboten IV. 1so2. 6l

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Mit dem Anfänge des neuen Jahres beginnen die Grenzboten
den A^II. Jahrgang. Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt
sich zur Pränumeration auf denselben einzuladen, und bemerkt, daß alle
Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen.
Leipzig, im Januar 1863.Fr. Ludw. Herbig.

Preußen und der Bund.

Das Separatvotum, welches Baden in der Delegirtenfrage zu Frankfurt
abgegeben hat. ist seinem Inhalt nach durch die Tagespresse bekannt gemacht.
Baden hat gegenüber den Würzburgern den einzig richtigen Standpunkt ein¬
genommen, welcher der patriotischen Negierung eines Mittelstaates bei der
gegenwärtigen Lage Preußens möglich ist; das Votum enthält sich jedes eige¬
nen Organisationsvorschlags, und begnügt sich nachzuweisen, daß die Ausführung
des östreichischen Projektes mit dem völkerrechtlichen Charakter des Bundes in
unversöhnbarem Gegensatze steht, und denselben nach jeder Richtung alteriren
würde, ohne etwas Besseres an die Stelle zu setzen, ja daß jeder Versuch einer
praktischen Durchführung die Schwäche und Verwirrung in Deutschland bis
ins Abenteuerliche steigern müßte.

Ueber die Stellung, welche Preußen in dieser Angelegenheit beim Bunde
gegenüber der Würzburger Majorität einzunehmen gedenkt, ist noch keine sichere
Erklärung in die Oeffentlichkeit gedrungen. Mit einer Spannung, die nicht
ohne bange Sorge ist, erwarten die Mitglieder der-preußischen Partei die
erste Lebensäußerung des gegenwärtigen Ministeriums in einer Angelegenheit
von höchster Bedeutung. Und es ist hinreichender Grund zu Befürchtungen.
Die bedenkliche, ja verzweifelte Lage des preußischen Ministeriums in dem
eigenen Lande legt die Muthmaßung nahe, daß Herr v. Bismark diese Frage
der großen Politik benutzen wird, um in seiner Weise einen Anlauf zu neh¬
men, der Freunden und Feinden imponiren soll. Und diese Annahme wird
wahrscheinlich durch einzelne drohende Correspondenzen, welche in der Tages¬
presse mysteriöse Andeutungen gaben, daß Preußen sich nicht majorifiren
lasse, daß es seine Partei genommen habe, zu handeln entschlossen sei u. s. w.
Zwar wären diese Andeutungen gerade dann unvorsichtig, wenn Preußen sich
zu dem entschlossen hätte, was Herr v. Bismark großes Spiel nennen mag.
Aber zufällig und verloren sind sie schwerlich in die Welt gesandt, und wer
ein wenig gewöhnt ist, Luftströmung und Wolkenzug in der deutschen Politik
zu beachten, kann nach solchen Voraussetzungen die Ansicht nicht fern halten,
daß etwas Ueberraschendes beabsichtigt wird. .

Ueber das Project einer Delegirtenversammlung beim Bunde hat die ge-
sammte unabhängige Presse Deutschlands, hat die öffentliche Meinung, hat die
organisirte nationale Partei mit ungewöhnlicher Einstimmigkeit den Stab gebrochen:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/493>, abgerufen am 29.04.2024.