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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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gewesen, aber, ändert das etwas an der Sache selbst? Und -- wäre er ein
dreimal geschliffener und facettirter Tugendspiegel gewesen, eingefaßt i" den
vergüldeten Rahmen frommer Denkungsart, wäre er nicht in dieselbe Lage ge¬
kommen? ------ --




Deutsche Maler in Rom 18Kt und 18V2.

Alljährlich in den Monaten Februar. März und April ist an der Piazza
del Popolo im Lokale des römischen Kunstvereins eine Ausstellung geöffnet, so
mager und kärglich beschickt, daß jede deutsche Mittelstadt von 20 -- 30,000
Einwohnern sie glänzender aufzuweisen hat. Da sieht man von wenigen der
in Rom lebenden renvmmirten Künstler einige kleinere Bilder gleichsam als
Lockspeise, von der Schaar derjenigen aber, die sich zu einem Rufe oder in das
Notizbuch der Lohndiener noch nicht emporgeschwungen haben, die Producte
ihrer jSommerstudien ausgestellt. Die Italiener .Podesti, Vcrtumni, Cvrtesi,
Vanutelli, welche sich vergeblich bemühen, den Ruf ihres Vaterlandes aufrecht
zu erhalten, hier und da ein aus der Villa Medici versprengter Franzose, vor
Allem aber deutsche Anfänger sind es, welche in Summa mit kaum hundert
Bildern selten einen Besucher anlocken.

In diesem Jahre sahen wir von deutschen Bildern auf dieser Ausstellung
eine kleine, liebliche, sehr patent gemalte Landschaft von Lindemann-Fröm¬
melt -- eine Scene aus den römischen Octoberfesten von Romano, frisch
und eigenthümlich aufgefaßt, aber roh und unfertig in der Behandlung -- von
Köhler eine Bäuerin aus dem Sabiner Gebirge und ein am Wasser spielender
Knabe, beide voll Naturwahrheit bis ins kleinste Detail, das zuletzt genannte
aber kaum über eine Studie emporragend -- von O. Brandt ein kleines
Genrebildchen -- neben diesen genannten aber eine Menge sehr unbedeutender
Sachen.

Es ist nun einmal in Rom alte hergebrachte Sitte, daß man den Künst¬
ler in seinem Studio aufsuchen muß; so war es vor hundert Jahren, so vor
fünfzig und so ist es auch noch. Fremde Bilder, d. h. solche, die außerhalb
Roms entstanden sind, verirren sich selten dahin. Die römische Regierung be-


gewesen, aber, ändert das etwas an der Sache selbst? Und — wäre er ein
dreimal geschliffener und facettirter Tugendspiegel gewesen, eingefaßt i» den
vergüldeten Rahmen frommer Denkungsart, wäre er nicht in dieselbe Lage ge¬
kommen? ------ —




Deutsche Maler in Rom 18Kt und 18V2.

Alljährlich in den Monaten Februar. März und April ist an der Piazza
del Popolo im Lokale des römischen Kunstvereins eine Ausstellung geöffnet, so
mager und kärglich beschickt, daß jede deutsche Mittelstadt von 20 — 30,000
Einwohnern sie glänzender aufzuweisen hat. Da sieht man von wenigen der
in Rom lebenden renvmmirten Künstler einige kleinere Bilder gleichsam als
Lockspeise, von der Schaar derjenigen aber, die sich zu einem Rufe oder in das
Notizbuch der Lohndiener noch nicht emporgeschwungen haben, die Producte
ihrer jSommerstudien ausgestellt. Die Italiener .Podesti, Vcrtumni, Cvrtesi,
Vanutelli, welche sich vergeblich bemühen, den Ruf ihres Vaterlandes aufrecht
zu erhalten, hier und da ein aus der Villa Medici versprengter Franzose, vor
Allem aber deutsche Anfänger sind es, welche in Summa mit kaum hundert
Bildern selten einen Besucher anlocken.

In diesem Jahre sahen wir von deutschen Bildern auf dieser Ausstellung
eine kleine, liebliche, sehr patent gemalte Landschaft von Lindemann-Fröm¬
melt — eine Scene aus den römischen Octoberfesten von Romano, frisch
und eigenthümlich aufgefaßt, aber roh und unfertig in der Behandlung — von
Köhler eine Bäuerin aus dem Sabiner Gebirge und ein am Wasser spielender
Knabe, beide voll Naturwahrheit bis ins kleinste Detail, das zuletzt genannte
aber kaum über eine Studie emporragend — von O. Brandt ein kleines
Genrebildchen — neben diesen genannten aber eine Menge sehr unbedeutender
Sachen.

Es ist nun einmal in Rom alte hergebrachte Sitte, daß man den Künst¬
ler in seinem Studio aufsuchen muß; so war es vor hundert Jahren, so vor
fünfzig und so ist es auch noch. Fremde Bilder, d. h. solche, die außerhalb
Roms entstanden sind, verirren sich selten dahin. Die römische Regierung be-


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[0518] gewesen, aber, ändert das etwas an der Sache selbst? Und — wäre er ein dreimal geschliffener und facettirter Tugendspiegel gewesen, eingefaßt i» den vergüldeten Rahmen frommer Denkungsart, wäre er nicht in dieselbe Lage ge¬ kommen? ------ — Deutsche Maler in Rom 18Kt und 18V2. Alljährlich in den Monaten Februar. März und April ist an der Piazza del Popolo im Lokale des römischen Kunstvereins eine Ausstellung geöffnet, so mager und kärglich beschickt, daß jede deutsche Mittelstadt von 20 — 30,000 Einwohnern sie glänzender aufzuweisen hat. Da sieht man von wenigen der in Rom lebenden renvmmirten Künstler einige kleinere Bilder gleichsam als Lockspeise, von der Schaar derjenigen aber, die sich zu einem Rufe oder in das Notizbuch der Lohndiener noch nicht emporgeschwungen haben, die Producte ihrer jSommerstudien ausgestellt. Die Italiener .Podesti, Vcrtumni, Cvrtesi, Vanutelli, welche sich vergeblich bemühen, den Ruf ihres Vaterlandes aufrecht zu erhalten, hier und da ein aus der Villa Medici versprengter Franzose, vor Allem aber deutsche Anfänger sind es, welche in Summa mit kaum hundert Bildern selten einen Besucher anlocken. In diesem Jahre sahen wir von deutschen Bildern auf dieser Ausstellung eine kleine, liebliche, sehr patent gemalte Landschaft von Lindemann-Fröm¬ melt — eine Scene aus den römischen Octoberfesten von Romano, frisch und eigenthümlich aufgefaßt, aber roh und unfertig in der Behandlung — von Köhler eine Bäuerin aus dem Sabiner Gebirge und ein am Wasser spielender Knabe, beide voll Naturwahrheit bis ins kleinste Detail, das zuletzt genannte aber kaum über eine Studie emporragend — von O. Brandt ein kleines Genrebildchen — neben diesen genannten aber eine Menge sehr unbedeutender Sachen. Es ist nun einmal in Rom alte hergebrachte Sitte, daß man den Künst¬ ler in seinem Studio aufsuchen muß; so war es vor hundert Jahren, so vor fünfzig und so ist es auch noch. Fremde Bilder, d. h. solche, die außerhalb Roms entstanden sind, verirren sich selten dahin. Die römische Regierung be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/518>, abgerufen am 29.04.2024.