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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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ihr Heer haben. Rastlos arbeitet die Zeit an großen Dingen, scheidend und
verschmelzend, ehrend und bauend, vor Allem aber bemüht, den individuellen
Hang der Deutschen in straffe Zucht zu fassen. Diese disciplinirende Arbeit
trägt in sich selbst die Gewähr, daß sie nicht vor der rechten Stunde ihr Werk
für gethan halten wird, und so wird sie glorreich vollendet werden. Wer sich
ihr nicht fügen will, wird sich ihr fügen müssen, gleichviel wie hoch er stehe
und wie stark er sich bunte. Wir werden ihn sehen, den Siegeslohn jenes
Heeres, den Schlußstein jener organisirenden Thätigkeit, die Krone der Ge¬
nossenschaften, die jetzt auf allen Gebieten die Deutschen zusammenfassen: den
M. B. deutschen Staat.




Oestreichs Fürstentag zu Frankfurt.

So weit sind wir. Wenn diese Zeilen in die Hände der Leser kommen,
zieht der Kaiser von Oestreich als Reformator des deutschen Bundes unter
Jauchzen und Blumenwerfen der Frankfurter in der alten Kaiserstadt ein. Eine
Fürstenversammlung, wie Deutschland seit einem Menschenalter nicht gesehen
hat, umgibt ihn. die meisten der Herren mit einem Gefühl der Ehrerbietung,
welches in diesen Kreisen gegen das Haus der Habsburgischen Lothringer noch
nicht erloschen ist. Oestreich beginnt jetzt das Werk, weiches zwei Könige von
Preußen durchzuführen versäumt haben, und ein gehäuftes Maß von Verach¬
tung, Spott und Unehre wird über den Häuptern derer ausgeschüttet, welche
, durch ihre Unfähigkeit eine solche Wendung der Dinge möglich gemacht haben.

Dreimal in vierzehn Jahren ist den Königen von Preußen die Gelegenheit
entgegengetragen worden, sich zu erhöhen, indem sie den Wünschen der Nation
gerecht wurden. Das Parlament von Frankfurt 1849 trug ihnen die Kaiserkrone
an, auf dem Fürstentag'zu Berlin erbot sich eine Anzahl patriotischer deutscher
Fürsten zu Preußen zu stehen, seit dem Jahre 1859 war eine große Partei im
Volke, rührig und im unaufhörlichen Fortschritt, für den Bundesstaat thätig.
Die Regenten Preußens aber haben nicht für gut befunden, auf das Ange¬
botene einzugehen, und wieder in Preußen rief eine Partei, deren kurzsichtige
Verblendung seit fünfzehn Jahren das Unglück und die Schmach dieses Staa¬
tes gewesen ist, daß die Könige von Preußen ihre legitime Herrschaft nicht


ihr Heer haben. Rastlos arbeitet die Zeit an großen Dingen, scheidend und
verschmelzend, ehrend und bauend, vor Allem aber bemüht, den individuellen
Hang der Deutschen in straffe Zucht zu fassen. Diese disciplinirende Arbeit
trägt in sich selbst die Gewähr, daß sie nicht vor der rechten Stunde ihr Werk
für gethan halten wird, und so wird sie glorreich vollendet werden. Wer sich
ihr nicht fügen will, wird sich ihr fügen müssen, gleichviel wie hoch er stehe
und wie stark er sich bunte. Wir werden ihn sehen, den Siegeslohn jenes
Heeres, den Schlußstein jener organisirenden Thätigkeit, die Krone der Ge¬
nossenschaften, die jetzt auf allen Gebieten die Deutschen zusammenfassen: den
M. B. deutschen Staat.




Oestreichs Fürstentag zu Frankfurt.

So weit sind wir. Wenn diese Zeilen in die Hände der Leser kommen,
zieht der Kaiser von Oestreich als Reformator des deutschen Bundes unter
Jauchzen und Blumenwerfen der Frankfurter in der alten Kaiserstadt ein. Eine
Fürstenversammlung, wie Deutschland seit einem Menschenalter nicht gesehen
hat, umgibt ihn. die meisten der Herren mit einem Gefühl der Ehrerbietung,
welches in diesen Kreisen gegen das Haus der Habsburgischen Lothringer noch
nicht erloschen ist. Oestreich beginnt jetzt das Werk, weiches zwei Könige von
Preußen durchzuführen versäumt haben, und ein gehäuftes Maß von Verach¬
tung, Spott und Unehre wird über den Häuptern derer ausgeschüttet, welche
, durch ihre Unfähigkeit eine solche Wendung der Dinge möglich gemacht haben.

Dreimal in vierzehn Jahren ist den Königen von Preußen die Gelegenheit
entgegengetragen worden, sich zu erhöhen, indem sie den Wünschen der Nation
gerecht wurden. Das Parlament von Frankfurt 1849 trug ihnen die Kaiserkrone
an, auf dem Fürstentag'zu Berlin erbot sich eine Anzahl patriotischer deutscher
Fürsten zu Preußen zu stehen, seit dem Jahre 1859 war eine große Partei im
Volke, rührig und im unaufhörlichen Fortschritt, für den Bundesstaat thätig.
Die Regenten Preußens aber haben nicht für gut befunden, auf das Ange¬
botene einzugehen, und wieder in Preußen rief eine Partei, deren kurzsichtige
Verblendung seit fünfzehn Jahren das Unglück und die Schmach dieses Staa¬
tes gewesen ist, daß die Könige von Preußen ihre legitime Herrschaft nicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/282>, abgerufen am 29.04.2024.