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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Geswmmgsstlltistik der Bundesregierungen in der Frage
der Anerkennung Herzog Friedrichs.

Im 4. Artikel des londoner Tractats behalten sich die Contrahenten vor,
den Vertrag zur Kenntniß anderer Mächte zu bringen und diese zum Beitritt
einzuladen. Man begreift, welche Willigkeit gerade dieser Punkt für Däne¬
mark haben mußte. Im ganzen Vertrage ist selbstverständlich nicht davon die
Rede, daß durch denselben ein Recht etablirt werde. Es handelt sich eingestan¬
dener Maßen nur um Fixirung des Verhaltens der Mächte rücksichtlich der
Eventualität, daß nach dem Tode König Friedrichs des Siebenten diejenige
Successionsveränderung in Kraft träte, zu welcher der dänische König sich eines-
theils mit dem Kronprinzen und mit den nächste" Cognatcn, anderntheils mit
dem Kaiser von Rußland (als dem Chef der älteren holsteiü-gottorsischen Linie)
verständigt habe. Die im Tractat vorausgeschickte Anerkennung "des Principes
der Integrität der dänischen Monarchie" und die um ihretwillen stipulirte
Thronbesteigung Christians von Glücksburg hätte eine Rechtsverbindlichkeit nur
durch die drei nothwendigen Factoren 1) des Verzichtes der Näherberechtigten.
2) der Anerkennung durch den deutschen Bund und 3) der Ratification durch
die Stände der Monarchie erlangen können. Die Verbindlichkeit der Bei¬
bringung dieser drei Nechtserfordernisse nahm der König von Dänemark auf sich.
Daß er die Nothwendigkeit derselben anerkannte, beweist sein Eifer, sie zu erlangen.

Es ist bekannt, wie dies geschah. Der erste Punkt wurde unvollständig
erreicht. Man ging dänischer Seits nur darauf aus, sich Derer officiell zu ver¬
sichern, von welchen man wußte, daß sie einwilligen würden. Hinsichtlich der
Herzogthümer begnügte man sich mit dem Taschenspielerstückchen, die augusteu-
burgischen Ansprüche auf Grund der erzwungenen Expropriation der Familien¬
güter und der persönlichen Verzichtleistung des damaligen Chefs der Familie
zu cscamotiren. Von den Ständen der Monarchie wurden nur die dänischen
der Discussion der für alle gleich wichtigen, aber nur von ihnen zu billigenden
Successionsordnung gewürdigt.

Es galt nun drittens, sich des deutschen Bundes zu bemächtigen, dessen
Rechte hinsichtlich Holsteins und Lauenburgs der Artikel III des Tractats aus¬
drücklich gewahrt hatte.


Grenzboten II. 18K4. 41
Geswmmgsstlltistik der Bundesregierungen in der Frage
der Anerkennung Herzog Friedrichs.

Im 4. Artikel des londoner Tractats behalten sich die Contrahenten vor,
den Vertrag zur Kenntniß anderer Mächte zu bringen und diese zum Beitritt
einzuladen. Man begreift, welche Willigkeit gerade dieser Punkt für Däne¬
mark haben mußte. Im ganzen Vertrage ist selbstverständlich nicht davon die
Rede, daß durch denselben ein Recht etablirt werde. Es handelt sich eingestan¬
dener Maßen nur um Fixirung des Verhaltens der Mächte rücksichtlich der
Eventualität, daß nach dem Tode König Friedrichs des Siebenten diejenige
Successionsveränderung in Kraft träte, zu welcher der dänische König sich eines-
theils mit dem Kronprinzen und mit den nächste» Cognatcn, anderntheils mit
dem Kaiser von Rußland (als dem Chef der älteren holsteiü-gottorsischen Linie)
verständigt habe. Die im Tractat vorausgeschickte Anerkennung „des Principes
der Integrität der dänischen Monarchie" und die um ihretwillen stipulirte
Thronbesteigung Christians von Glücksburg hätte eine Rechtsverbindlichkeit nur
durch die drei nothwendigen Factoren 1) des Verzichtes der Näherberechtigten.
2) der Anerkennung durch den deutschen Bund und 3) der Ratification durch
die Stände der Monarchie erlangen können. Die Verbindlichkeit der Bei¬
bringung dieser drei Nechtserfordernisse nahm der König von Dänemark auf sich.
Daß er die Nothwendigkeit derselben anerkannte, beweist sein Eifer, sie zu erlangen.

Es ist bekannt, wie dies geschah. Der erste Punkt wurde unvollständig
erreicht. Man ging dänischer Seits nur darauf aus, sich Derer officiell zu ver¬
sichern, von welchen man wußte, daß sie einwilligen würden. Hinsichtlich der
Herzogthümer begnügte man sich mit dem Taschenspielerstückchen, die augusteu-
burgischen Ansprüche auf Grund der erzwungenen Expropriation der Familien¬
güter und der persönlichen Verzichtleistung des damaligen Chefs der Familie
zu cscamotiren. Von den Ständen der Monarchie wurden nur die dänischen
der Discussion der für alle gleich wichtigen, aber nur von ihnen zu billigenden
Successionsordnung gewürdigt.

Es galt nun drittens, sich des deutschen Bundes zu bemächtigen, dessen
Rechte hinsichtlich Holsteins und Lauenburgs der Artikel III des Tractats aus¬
drücklich gewahrt hatte.


Grenzboten II. 18K4. 41
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[0329] Geswmmgsstlltistik der Bundesregierungen in der Frage der Anerkennung Herzog Friedrichs. Im 4. Artikel des londoner Tractats behalten sich die Contrahenten vor, den Vertrag zur Kenntniß anderer Mächte zu bringen und diese zum Beitritt einzuladen. Man begreift, welche Willigkeit gerade dieser Punkt für Däne¬ mark haben mußte. Im ganzen Vertrage ist selbstverständlich nicht davon die Rede, daß durch denselben ein Recht etablirt werde. Es handelt sich eingestan¬ dener Maßen nur um Fixirung des Verhaltens der Mächte rücksichtlich der Eventualität, daß nach dem Tode König Friedrichs des Siebenten diejenige Successionsveränderung in Kraft träte, zu welcher der dänische König sich eines- theils mit dem Kronprinzen und mit den nächste» Cognatcn, anderntheils mit dem Kaiser von Rußland (als dem Chef der älteren holsteiü-gottorsischen Linie) verständigt habe. Die im Tractat vorausgeschickte Anerkennung „des Principes der Integrität der dänischen Monarchie" und die um ihretwillen stipulirte Thronbesteigung Christians von Glücksburg hätte eine Rechtsverbindlichkeit nur durch die drei nothwendigen Factoren 1) des Verzichtes der Näherberechtigten. 2) der Anerkennung durch den deutschen Bund und 3) der Ratification durch die Stände der Monarchie erlangen können. Die Verbindlichkeit der Bei¬ bringung dieser drei Nechtserfordernisse nahm der König von Dänemark auf sich. Daß er die Nothwendigkeit derselben anerkannte, beweist sein Eifer, sie zu erlangen. Es ist bekannt, wie dies geschah. Der erste Punkt wurde unvollständig erreicht. Man ging dänischer Seits nur darauf aus, sich Derer officiell zu ver¬ sichern, von welchen man wußte, daß sie einwilligen würden. Hinsichtlich der Herzogthümer begnügte man sich mit dem Taschenspielerstückchen, die augusteu- burgischen Ansprüche auf Grund der erzwungenen Expropriation der Familien¬ güter und der persönlichen Verzichtleistung des damaligen Chefs der Familie zu cscamotiren. Von den Ständen der Monarchie wurden nur die dänischen der Discussion der für alle gleich wichtigen, aber nur von ihnen zu billigenden Successionsordnung gewürdigt. Es galt nun drittens, sich des deutschen Bundes zu bemächtigen, dessen Rechte hinsichtlich Holsteins und Lauenburgs der Artikel III des Tractats aus¬ drücklich gewahrt hatte. Grenzboten II. 18K4. 41

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/329>, abgerufen am 06.05.2024.