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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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den Nordamerikanern so theuer zu stehen gekommen, hat sich der ganzen Exi¬
stenz des Staats so gefährlich gezeigt, daß die Staatsmänner Nordamerikas
wohl als nothwendig anerkennen werden, aus den jetzigen Armeen seiner Zeit
ein stehendes Heer zu bilden.

Vielleicht sprechen wir ein andres Mal mehr darüber, heute war es nur
die Absicht, durch den Hinweis auf die amerikanischen Verhältnisse darzuthun,
welcher Weg dem deutschen Volke gegeben war. seine Verbindung mit den
fechtenden Truppen nach allen Richtungen thätig geltend zu machen, darzulegen,
daß bei Beurtheilung der nothwendig zu haltenden Wehrkraft weniger die eigne
Kraft als die des eventuellen Gegners als Maß zu dienen hat, und endlich war
es die Absicht darauf hinzuweisen, daß das Volk nur dann Macht im Heere
gewinnt, wenn es fördernd, nicht zerstörend in den Organismus desselben ein¬
greift. In letzterer Beziehung möchten wir zum Schluß auf einen Artikel der
Militärischen Blätter aufmerksam machen, der von der Pension eines zum Krüp¬
pel gewordenen preußischen Lieutenants handelt und andeutet, daß ein Lieute¬
nant v. H. sich 1851 das Leben nahm, weil er durch seine Wunden ganz un¬
thätig geworden war und mit zehn Thalern monatlich sich nicht einmal die
nothwendige Pflege verschaffen konnte. Und noch trauriger ist in hundert Fäl¬
len das Loos der armen Gemeinen, welche zu Invaliden wurden.

Wir haben stehende Heere. Hier ist der Weg, auf welchem der Bürger
das Heer durch die stärksten aller Bande an sich und seine Interessen fesseln
und den alten leidigen Gegensatz für immer besiegen kann.




Die Wochen der Conferenz.

Da die Mitglieder der Conferenz sich gegenüber der Oeffentlichkeit zum Still¬
schweigen über die schwebenden Verhandlungen verpflichtet hatten, so war natürlich,
daß Zeitungsredcictivncn und Leser durch massenhafte und widersprechende Telegramme
und muthmaßende Correspondenzen in einer Unsicherheit erhalten wurden, welche auf
die Länge schwer zu ertragen war. Vielleicht haben wir in diesem Falle keinen
Grund, den Versuch der Geheimhaltung zu tadeln, er scheint von dem englischen
Minister veranlaßt, um die bengclhafte Animosität gegen Deutschland, der sich die
Mehrheit der Presse, des Parlaments und des Straßcnvolks von London befleißigen,
nicht zu steigern, das heißt, nicht bis zu einer Gefahr für das Whigministerium zu
verstärken. An sich aber ist solches Geheimhalten schon deshalb ein Uebelstand, weil
e>? in der Gegenwart doch nicht mehr durchzuführen ist.

Wer aus die Fortschritte zurücksieht, welche die große nationale Frage in den
letzten Monaten machte, der hat allerdings einiges Recht, auch von der Zukunft
Gutes zu hoffen.

Die Kandidatur des Herzogs von Schleswig-Holstein wird durch Preußen und


den Nordamerikanern so theuer zu stehen gekommen, hat sich der ganzen Exi¬
stenz des Staats so gefährlich gezeigt, daß die Staatsmänner Nordamerikas
wohl als nothwendig anerkennen werden, aus den jetzigen Armeen seiner Zeit
ein stehendes Heer zu bilden.

Vielleicht sprechen wir ein andres Mal mehr darüber, heute war es nur
die Absicht, durch den Hinweis auf die amerikanischen Verhältnisse darzuthun,
welcher Weg dem deutschen Volke gegeben war. seine Verbindung mit den
fechtenden Truppen nach allen Richtungen thätig geltend zu machen, darzulegen,
daß bei Beurtheilung der nothwendig zu haltenden Wehrkraft weniger die eigne
Kraft als die des eventuellen Gegners als Maß zu dienen hat, und endlich war
es die Absicht darauf hinzuweisen, daß das Volk nur dann Macht im Heere
gewinnt, wenn es fördernd, nicht zerstörend in den Organismus desselben ein¬
greift. In letzterer Beziehung möchten wir zum Schluß auf einen Artikel der
Militärischen Blätter aufmerksam machen, der von der Pension eines zum Krüp¬
pel gewordenen preußischen Lieutenants handelt und andeutet, daß ein Lieute¬
nant v. H. sich 1851 das Leben nahm, weil er durch seine Wunden ganz un¬
thätig geworden war und mit zehn Thalern monatlich sich nicht einmal die
nothwendige Pflege verschaffen konnte. Und noch trauriger ist in hundert Fäl¬
len das Loos der armen Gemeinen, welche zu Invaliden wurden.

Wir haben stehende Heere. Hier ist der Weg, auf welchem der Bürger
das Heer durch die stärksten aller Bande an sich und seine Interessen fesseln
und den alten leidigen Gegensatz für immer besiegen kann.




Die Wochen der Conferenz.

Da die Mitglieder der Conferenz sich gegenüber der Oeffentlichkeit zum Still¬
schweigen über die schwebenden Verhandlungen verpflichtet hatten, so war natürlich,
daß Zeitungsredcictivncn und Leser durch massenhafte und widersprechende Telegramme
und muthmaßende Correspondenzen in einer Unsicherheit erhalten wurden, welche auf
die Länge schwer zu ertragen war. Vielleicht haben wir in diesem Falle keinen
Grund, den Versuch der Geheimhaltung zu tadeln, er scheint von dem englischen
Minister veranlaßt, um die bengclhafte Animosität gegen Deutschland, der sich die
Mehrheit der Presse, des Parlaments und des Straßcnvolks von London befleißigen,
nicht zu steigern, das heißt, nicht bis zu einer Gefahr für das Whigministerium zu
verstärken. An sich aber ist solches Geheimhalten schon deshalb ein Uebelstand, weil
e>? in der Gegenwart doch nicht mehr durchzuführen ist.

Wer aus die Fortschritte zurücksieht, welche die große nationale Frage in den
letzten Monaten machte, der hat allerdings einiges Recht, auch von der Zukunft
Gutes zu hoffen.

Die Kandidatur des Herzogs von Schleswig-Holstein wird durch Preußen und


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[0484] den Nordamerikanern so theuer zu stehen gekommen, hat sich der ganzen Exi¬ stenz des Staats so gefährlich gezeigt, daß die Staatsmänner Nordamerikas wohl als nothwendig anerkennen werden, aus den jetzigen Armeen seiner Zeit ein stehendes Heer zu bilden. Vielleicht sprechen wir ein andres Mal mehr darüber, heute war es nur die Absicht, durch den Hinweis auf die amerikanischen Verhältnisse darzuthun, welcher Weg dem deutschen Volke gegeben war. seine Verbindung mit den fechtenden Truppen nach allen Richtungen thätig geltend zu machen, darzulegen, daß bei Beurtheilung der nothwendig zu haltenden Wehrkraft weniger die eigne Kraft als die des eventuellen Gegners als Maß zu dienen hat, und endlich war es die Absicht darauf hinzuweisen, daß das Volk nur dann Macht im Heere gewinnt, wenn es fördernd, nicht zerstörend in den Organismus desselben ein¬ greift. In letzterer Beziehung möchten wir zum Schluß auf einen Artikel der Militärischen Blätter aufmerksam machen, der von der Pension eines zum Krüp¬ pel gewordenen preußischen Lieutenants handelt und andeutet, daß ein Lieute¬ nant v. H. sich 1851 das Leben nahm, weil er durch seine Wunden ganz un¬ thätig geworden war und mit zehn Thalern monatlich sich nicht einmal die nothwendige Pflege verschaffen konnte. Und noch trauriger ist in hundert Fäl¬ len das Loos der armen Gemeinen, welche zu Invaliden wurden. Wir haben stehende Heere. Hier ist der Weg, auf welchem der Bürger das Heer durch die stärksten aller Bande an sich und seine Interessen fesseln und den alten leidigen Gegensatz für immer besiegen kann. Die Wochen der Conferenz. Da die Mitglieder der Conferenz sich gegenüber der Oeffentlichkeit zum Still¬ schweigen über die schwebenden Verhandlungen verpflichtet hatten, so war natürlich, daß Zeitungsredcictivncn und Leser durch massenhafte und widersprechende Telegramme und muthmaßende Correspondenzen in einer Unsicherheit erhalten wurden, welche auf die Länge schwer zu ertragen war. Vielleicht haben wir in diesem Falle keinen Grund, den Versuch der Geheimhaltung zu tadeln, er scheint von dem englischen Minister veranlaßt, um die bengclhafte Animosität gegen Deutschland, der sich die Mehrheit der Presse, des Parlaments und des Straßcnvolks von London befleißigen, nicht zu steigern, das heißt, nicht bis zu einer Gefahr für das Whigministerium zu verstärken. An sich aber ist solches Geheimhalten schon deshalb ein Uebelstand, weil e>? in der Gegenwart doch nicht mehr durchzuführen ist. Wer aus die Fortschritte zurücksieht, welche die große nationale Frage in den letzten Monaten machte, der hat allerdings einiges Recht, auch von der Zukunft Gutes zu hoffen. Die Kandidatur des Herzogs von Schleswig-Holstein wird durch Preußen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/484>, abgerufen am 06.05.2024.