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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Diese bisher unbekannte, wenigstens nicht allgemein bekannte wichtige That¬
sache hat der Pastor Bögehvld in Berlin seinen Schülern in einer Ansprache
glaubhaft vorgetragen.

Der Pastor Jänicke soll nämlich am 22, und 23. August 1813 zwei Tage
und eine Nacht im Gebet auf den Knien gelegen und hierdurch den Sieg bei
Großbeeren herbeigeführt haben, und wahrscheinlich werden wir es hiernach
noch erleben, daß die Statue des Siegers v. Vülow von ihrem Postament
heruntersteigen muß, um dem wahren und eigentlichen Sieger in der Schlacht
bei Großbeeren, also dem seligen Pastor Jänicke. den Platz zu räumen. Ich
werd? dann mein eisernes Kreuz, welches ich in jener Schlacht wohl verdient
zu haben meinte, der nunmehr glücklich zu Tage gebrachten Wahrheit zu Liebe
und beschämt über meinen so lange gehegten Irrthum Wohl ablegen müssen.

Wenn die Pastoren die Schlachten gewinnen, dann ist das Trachten nach
Kriegsruhm ein eitles Wesen des Soldaten, und die Armeen sind überflüssig.


Meute,
k. pr, Oberst a. D. und Senior d. eis. Kr.


Soldatenhmnor vor DüMl.

Recht hübsch und lebendig schildert v. Wickedc in seinen soeben erschiene¬
nen "Kriegs- und Lagerbildern aus dem jetzigen fehl eswi g- h o l'
steirischen Kriege" (Leipzig und Stuttgart, O, Purfürst) die gute Laune
und die Neigung zu allerlei Spaß und Neckerei, welche die preußischen Füsiliere
und. Musketiere vor dem Feind unter Beschwerden und Gefahren bewahrten.

Die schmucken Soldaten sind arg verwandelt, die Regeln der Parade vergessen,
alle Ordonnanzmäßigkeit abgestreift. Die bereite arg mitgenommenen Bein¬
kleider stecken in den Stiefeln, die man mit Bindfaden zusammengebunden hat.
und die bis hoch an den Schäften hinauf mit einer ^dicken Kruste des fetten
sundewitter Bodens überzogen sind. Um den Hals hat sich fast jeder ein
dickes Tuch oder einen gestrickten rothen Wollenshawl gebunden. Der Waffenrock,
dessen Knöpfe lange nicht mehr geputzt wurden, steht vorn halb offen, da die
darunter gezogene graue Wollenjacke das Zuknöpfen nicht erlaubte. Dem Mäntel,
mit langer Kaputze hinten dran, steht man es nur zu deutlich an, wie viele


Diese bisher unbekannte, wenigstens nicht allgemein bekannte wichtige That¬
sache hat der Pastor Bögehvld in Berlin seinen Schülern in einer Ansprache
glaubhaft vorgetragen.

Der Pastor Jänicke soll nämlich am 22, und 23. August 1813 zwei Tage
und eine Nacht im Gebet auf den Knien gelegen und hierdurch den Sieg bei
Großbeeren herbeigeführt haben, und wahrscheinlich werden wir es hiernach
noch erleben, daß die Statue des Siegers v. Vülow von ihrem Postament
heruntersteigen muß, um dem wahren und eigentlichen Sieger in der Schlacht
bei Großbeeren, also dem seligen Pastor Jänicke. den Platz zu räumen. Ich
werd? dann mein eisernes Kreuz, welches ich in jener Schlacht wohl verdient
zu haben meinte, der nunmehr glücklich zu Tage gebrachten Wahrheit zu Liebe
und beschämt über meinen so lange gehegten Irrthum Wohl ablegen müssen.

Wenn die Pastoren die Schlachten gewinnen, dann ist das Trachten nach
Kriegsruhm ein eitles Wesen des Soldaten, und die Armeen sind überflüssig.


Meute,
k. pr, Oberst a. D. und Senior d. eis. Kr.


Soldatenhmnor vor DüMl.

Recht hübsch und lebendig schildert v. Wickedc in seinen soeben erschiene¬
nen „Kriegs- und Lagerbildern aus dem jetzigen fehl eswi g- h o l'
steirischen Kriege" (Leipzig und Stuttgart, O, Purfürst) die gute Laune
und die Neigung zu allerlei Spaß und Neckerei, welche die preußischen Füsiliere
und. Musketiere vor dem Feind unter Beschwerden und Gefahren bewahrten.

Die schmucken Soldaten sind arg verwandelt, die Regeln der Parade vergessen,
alle Ordonnanzmäßigkeit abgestreift. Die bereite arg mitgenommenen Bein¬
kleider stecken in den Stiefeln, die man mit Bindfaden zusammengebunden hat.
und die bis hoch an den Schäften hinauf mit einer ^dicken Kruste des fetten
sundewitter Bodens überzogen sind. Um den Hals hat sich fast jeder ein
dickes Tuch oder einen gestrickten rothen Wollenshawl gebunden. Der Waffenrock,
dessen Knöpfe lange nicht mehr geputzt wurden, steht vorn halb offen, da die
darunter gezogene graue Wollenjacke das Zuknöpfen nicht erlaubte. Dem Mäntel,
mit langer Kaputze hinten dran, steht man es nur zu deutlich an, wie viele


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[0322] Diese bisher unbekannte, wenigstens nicht allgemein bekannte wichtige That¬ sache hat der Pastor Bögehvld in Berlin seinen Schülern in einer Ansprache glaubhaft vorgetragen. Der Pastor Jänicke soll nämlich am 22, und 23. August 1813 zwei Tage und eine Nacht im Gebet auf den Knien gelegen und hierdurch den Sieg bei Großbeeren herbeigeführt haben, und wahrscheinlich werden wir es hiernach noch erleben, daß die Statue des Siegers v. Vülow von ihrem Postament heruntersteigen muß, um dem wahren und eigentlichen Sieger in der Schlacht bei Großbeeren, also dem seligen Pastor Jänicke. den Platz zu räumen. Ich werd? dann mein eisernes Kreuz, welches ich in jener Schlacht wohl verdient zu haben meinte, der nunmehr glücklich zu Tage gebrachten Wahrheit zu Liebe und beschämt über meinen so lange gehegten Irrthum Wohl ablegen müssen. Wenn die Pastoren die Schlachten gewinnen, dann ist das Trachten nach Kriegsruhm ein eitles Wesen des Soldaten, und die Armeen sind überflüssig. Meute, k. pr, Oberst a. D. und Senior d. eis. Kr. Soldatenhmnor vor DüMl. Recht hübsch und lebendig schildert v. Wickedc in seinen soeben erschiene¬ nen „Kriegs- und Lagerbildern aus dem jetzigen fehl eswi g- h o l' steirischen Kriege" (Leipzig und Stuttgart, O, Purfürst) die gute Laune und die Neigung zu allerlei Spaß und Neckerei, welche die preußischen Füsiliere und. Musketiere vor dem Feind unter Beschwerden und Gefahren bewahrten. Die schmucken Soldaten sind arg verwandelt, die Regeln der Parade vergessen, alle Ordonnanzmäßigkeit abgestreift. Die bereite arg mitgenommenen Bein¬ kleider stecken in den Stiefeln, die man mit Bindfaden zusammengebunden hat. und die bis hoch an den Schäften hinauf mit einer ^dicken Kruste des fetten sundewitter Bodens überzogen sind. Um den Hals hat sich fast jeder ein dickes Tuch oder einen gestrickten rothen Wollenshawl gebunden. Der Waffenrock, dessen Knöpfe lange nicht mehr geputzt wurden, steht vorn halb offen, da die darunter gezogene graue Wollenjacke das Zuknöpfen nicht erlaubte. Dem Mäntel, mit langer Kaputze hinten dran, steht man es nur zu deutlich an, wie viele

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/322>, abgerufen am 03.05.2024.