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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Stellung in diesen Blättern bereits ausführlicher besprochen habe, prätendirt
keine der genannten Decorationen als "monumentales" Werk, als "großartige"
Verkörperung "tiefsinniger geschichtlicher oder philosophischer Ideen" zu gelten,
wie sie sich z. B. im Treppenhaus? des neuen Museums so widerwärtig breit
machen. Er überschätzte nicht die Tragweite seines Vermögens, und weder der
durch seinen königlichen Gönner bei uns importirte Münchner symbolisch-histo¬
rische große Stil, noch die von Belgien her auf unsere Künstlerkreise einwirkende
moderne Geschichtsmalerei, noch der radicale Realismus einer jüngeren Schule,
welche zur Fahne Adolf Menzels geschworen, haben ihn je von seinem natür¬
lichen Wege abzulenken und zu verirren vermocht. Seinen alten, manches Jahr
vor ihm dahingegangenen Genossen der treueste Kamerad, hat die große Frische
und geistige Spannkraft seines Wesens ihn sich nie einseitig in seinen An¬
schauungen verhärten und gegen die eines neuen Geschlechtes abschließen lassen.
Im Gegentheil nahm er freundlichen Antheil an seinen Versuchen und Erfolgen
und, verehrt und geliebt von ihm, verstand er sich mit dessen bedeutendsten
Vertretern so gut wie außer Magnus keiner der "alten Herren", zumal derer
"von der Akademie". Diese Frische und dies volle Verständniß einer neuen
Zeit soll er auch aus anderen Gebieten nie verläugnet haben, wo man es von
dem siebzigjährigen Edelmann am wenigsten erwartet hätte.

Eine Herzbeuielwassersucht, die sich mit dem Beginn des vorigen Jahres
bei ihm ankündete, in den letzten Monaten wieder zu weichen schien, endete
sein Leben am 31. December. Die Krankheit konnte seine Geistesrüstigkeit nicht
so weit schwächen, daß sie ihn an dem Entwurf einer Reihe der liebenswür¬
digsten Kompositionen zur Mythe des Amor und der Psyche für die Villa Raven6
in Berlin verhindert hätte. So war noch sein letztes künstlerisches Thun wie
ein frommes Opfer den schönen heitern Göttern des .alten hellenischen Olymp
dargebracht, deren treuem Priesterdienst all seine Kunst fast während eines halben
Jahrhunderts geweiht war.




Mit Ur. t4 beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Dostamter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im März 1865.Die Verlagshandlung.




Verantwortlich" Redacteur: or. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von C, E. Elbert in Leipzig.

Stellung in diesen Blättern bereits ausführlicher besprochen habe, prätendirt
keine der genannten Decorationen als „monumentales" Werk, als „großartige"
Verkörperung „tiefsinniger geschichtlicher oder philosophischer Ideen" zu gelten,
wie sie sich z. B. im Treppenhaus? des neuen Museums so widerwärtig breit
machen. Er überschätzte nicht die Tragweite seines Vermögens, und weder der
durch seinen königlichen Gönner bei uns importirte Münchner symbolisch-histo¬
rische große Stil, noch die von Belgien her auf unsere Künstlerkreise einwirkende
moderne Geschichtsmalerei, noch der radicale Realismus einer jüngeren Schule,
welche zur Fahne Adolf Menzels geschworen, haben ihn je von seinem natür¬
lichen Wege abzulenken und zu verirren vermocht. Seinen alten, manches Jahr
vor ihm dahingegangenen Genossen der treueste Kamerad, hat die große Frische
und geistige Spannkraft seines Wesens ihn sich nie einseitig in seinen An¬
schauungen verhärten und gegen die eines neuen Geschlechtes abschließen lassen.
Im Gegentheil nahm er freundlichen Antheil an seinen Versuchen und Erfolgen
und, verehrt und geliebt von ihm, verstand er sich mit dessen bedeutendsten
Vertretern so gut wie außer Magnus keiner der „alten Herren", zumal derer
„von der Akademie". Diese Frische und dies volle Verständniß einer neuen
Zeit soll er auch aus anderen Gebieten nie verläugnet haben, wo man es von
dem siebzigjährigen Edelmann am wenigsten erwartet hätte.

Eine Herzbeuielwassersucht, die sich mit dem Beginn des vorigen Jahres
bei ihm ankündete, in den letzten Monaten wieder zu weichen schien, endete
sein Leben am 31. December. Die Krankheit konnte seine Geistesrüstigkeit nicht
so weit schwächen, daß sie ihn an dem Entwurf einer Reihe der liebenswür¬
digsten Kompositionen zur Mythe des Amor und der Psyche für die Villa Raven6
in Berlin verhindert hätte. So war noch sein letztes künstlerisches Thun wie
ein frommes Opfer den schönen heitern Göttern des .alten hellenischen Olymp
dargebracht, deren treuem Priesterdienst all seine Kunst fast während eines halben
Jahrhunderts geweiht war.




Mit Ur. t4 beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Dostamter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im März 1865.Die Verlagshandlung.




Verantwortlich» Redacteur: or. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C, E. Elbert in Leipzig.
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[0550] Stellung in diesen Blättern bereits ausführlicher besprochen habe, prätendirt keine der genannten Decorationen als „monumentales" Werk, als „großartige" Verkörperung „tiefsinniger geschichtlicher oder philosophischer Ideen" zu gelten, wie sie sich z. B. im Treppenhaus? des neuen Museums so widerwärtig breit machen. Er überschätzte nicht die Tragweite seines Vermögens, und weder der durch seinen königlichen Gönner bei uns importirte Münchner symbolisch-histo¬ rische große Stil, noch die von Belgien her auf unsere Künstlerkreise einwirkende moderne Geschichtsmalerei, noch der radicale Realismus einer jüngeren Schule, welche zur Fahne Adolf Menzels geschworen, haben ihn je von seinem natür¬ lichen Wege abzulenken und zu verirren vermocht. Seinen alten, manches Jahr vor ihm dahingegangenen Genossen der treueste Kamerad, hat die große Frische und geistige Spannkraft seines Wesens ihn sich nie einseitig in seinen An¬ schauungen verhärten und gegen die eines neuen Geschlechtes abschließen lassen. Im Gegentheil nahm er freundlichen Antheil an seinen Versuchen und Erfolgen und, verehrt und geliebt von ihm, verstand er sich mit dessen bedeutendsten Vertretern so gut wie außer Magnus keiner der „alten Herren", zumal derer „von der Akademie". Diese Frische und dies volle Verständniß einer neuen Zeit soll er auch aus anderen Gebieten nie verläugnet haben, wo man es von dem siebzigjährigen Edelmann am wenigsten erwartet hätte. Eine Herzbeuielwassersucht, die sich mit dem Beginn des vorigen Jahres bei ihm ankündete, in den letzten Monaten wieder zu weichen schien, endete sein Leben am 31. December. Die Krankheit konnte seine Geistesrüstigkeit nicht so weit schwächen, daß sie ihn an dem Entwurf einer Reihe der liebenswür¬ digsten Kompositionen zur Mythe des Amor und der Psyche für die Villa Raven6 in Berlin verhindert hätte. So war noch sein letztes künstlerisches Thun wie ein frommes Opfer den schönen heitern Göttern des .alten hellenischen Olymp dargebracht, deren treuem Priesterdienst all seine Kunst fast während eines halben Jahrhunderts geweiht war. Mit Ur. t4 beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal, welches durch alle Buchhandlungen und Dostamter zu be¬ ziehen ist. Leipzig, im März 1865.Die Verlagshandlung. Verantwortlich» Redacteur: or. Moritz Busch. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C, E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/550>, abgerufen am 29.04.2024.