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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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(1848--47). Die Revolutionsperiode mag wie in jedes Künstlers Thätigkeit
auch in die seinige einige Hemmung gebracht haben. Erst 1860 finden wir
ihn wieder bei bedeutenden Arbeiten, einer Ausführung jenes Arion vom Vor¬
hang des Opernhauses als selbständiges Bild, den kolossalen Gestalten des
Matthäus und Marcus auf Goldgrund in der Kuppel der neuen Schloßkapelle
gemalt, dem Oelbilde vom "Tod des Adonis" (1851). Das in seiner Innig¬
keit und holden Schönheit hervorragendste Werk des letzten Jahrzehnts seines
Lebens, "Psyche, von Amor aus der Bewußtlosigkeit erweckt", das die Aus¬
stellung von 1864 schmückte und mit der großen Medaille gekrönt wurde, ward
vom Kunstverein für dessen ständige Galerie erworben. Der im Auftrage der¬
selben Verbindung von Seidel ausgeführte Stich hat die Anschauung der
fvrinenschönen edlen Komposition allgemein verbreitet, wenn sich der Farben¬
reiz des Originals auch der völligen Wiedergabe durch diese Übertragung ent¬
zieh" mußte. Einer geringeren Gunst hatte sich das historisch-romantische Le-
gendenbild vom bekehrten und geretteten Wendenfürsten "Jaozko" zu erfreuen,
das einer besondern Liebhaberei des königlichen Gönners wie der Sage,
seinen Ursprung verdankte und 1866 vollendet wurde. Lebendige Bewegtheit
und Feuer der Darstellung war der Komposition nicht abzusprechen; aber Kloe¬
bers Natur widerstrebte dieser barbarische nordisch-christliche Sagenwelt doch zu
sehr, um ihr in der malerischen Schilderung ebenso gerecht werden zu können,
wie sie es der antik-hellenischen wurde. Ueberwiegend mehr und mehr nahmen
ihn decorative Arbeiten in Anspruch, und da ihn die Anmuth seiner Erfin¬
dungen, der Geschmack in der Anordnung, in der Raumbenutzung und Farben-
vertheilung so vorzüglich dafür befähigten, so folgten den glücklich gelösten im¬
mer wieder neue derartige öffentliche und Privatauftrage. Ich beschränke mich
auf die Angabe der wichtigsten, seitdem von ihm ausgeführten: 1866 spielende
Gestalten und Gruppen als Decoration einiger Räume des von Strack am
leipziger Platz erbauten Hauses; 1868 Allegonen in der "Gedenkhalle im
kronprinzlichen Palais"; 1869 im weißen Saal des königlichen Schlosses
symbolische Gestalten der Provinzen Rheinland. Westphalen, Schlesien und Pou"
mern; zugleich den Tod des Herkules und den Sieg des Theseus über die Cen¬
tauren im neuen Museum und Plafondbilder für das Victoriatheater; 1862
und 1863 die Farbenskizzen und Cartons für das Donnersche Haus in Hamburg
und für die Plafonds und SuperPorten des dem belgischen Consul Odilon de
Krater daselbst gehörigen, die allegorischen Kindergruppen für den Festsaal der
Villa van der Heydt zu Berlin und die Entwürfe zu den beiden großen Wand¬
bildern für die neue Börse. Mit Ausnahme dieser letzten, von seinen Schü¬
lern Q. Becker und Fechner stereochromisch nach seinen Aquarellen ausgeführ¬
ten Gemälde, die ich im Berichte über die große letztjährige berliner Kunstaus


(1848—47). Die Revolutionsperiode mag wie in jedes Künstlers Thätigkeit
auch in die seinige einige Hemmung gebracht haben. Erst 1860 finden wir
ihn wieder bei bedeutenden Arbeiten, einer Ausführung jenes Arion vom Vor¬
hang des Opernhauses als selbständiges Bild, den kolossalen Gestalten des
Matthäus und Marcus auf Goldgrund in der Kuppel der neuen Schloßkapelle
gemalt, dem Oelbilde vom „Tod des Adonis" (1851). Das in seiner Innig¬
keit und holden Schönheit hervorragendste Werk des letzten Jahrzehnts seines
Lebens, „Psyche, von Amor aus der Bewußtlosigkeit erweckt", das die Aus¬
stellung von 1864 schmückte und mit der großen Medaille gekrönt wurde, ward
vom Kunstverein für dessen ständige Galerie erworben. Der im Auftrage der¬
selben Verbindung von Seidel ausgeführte Stich hat die Anschauung der
fvrinenschönen edlen Komposition allgemein verbreitet, wenn sich der Farben¬
reiz des Originals auch der völligen Wiedergabe durch diese Übertragung ent¬
zieh» mußte. Einer geringeren Gunst hatte sich das historisch-romantische Le-
gendenbild vom bekehrten und geretteten Wendenfürsten „Jaozko" zu erfreuen,
das einer besondern Liebhaberei des königlichen Gönners wie der Sage,
seinen Ursprung verdankte und 1866 vollendet wurde. Lebendige Bewegtheit
und Feuer der Darstellung war der Komposition nicht abzusprechen; aber Kloe¬
bers Natur widerstrebte dieser barbarische nordisch-christliche Sagenwelt doch zu
sehr, um ihr in der malerischen Schilderung ebenso gerecht werden zu können,
wie sie es der antik-hellenischen wurde. Ueberwiegend mehr und mehr nahmen
ihn decorative Arbeiten in Anspruch, und da ihn die Anmuth seiner Erfin¬
dungen, der Geschmack in der Anordnung, in der Raumbenutzung und Farben-
vertheilung so vorzüglich dafür befähigten, so folgten den glücklich gelösten im¬
mer wieder neue derartige öffentliche und Privatauftrage. Ich beschränke mich
auf die Angabe der wichtigsten, seitdem von ihm ausgeführten: 1866 spielende
Gestalten und Gruppen als Decoration einiger Räume des von Strack am
leipziger Platz erbauten Hauses; 1868 Allegonen in der „Gedenkhalle im
kronprinzlichen Palais"; 1869 im weißen Saal des königlichen Schlosses
symbolische Gestalten der Provinzen Rheinland. Westphalen, Schlesien und Pou«
mern; zugleich den Tod des Herkules und den Sieg des Theseus über die Cen¬
tauren im neuen Museum und Plafondbilder für das Victoriatheater; 1862
und 1863 die Farbenskizzen und Cartons für das Donnersche Haus in Hamburg
und für die Plafonds und SuperPorten des dem belgischen Consul Odilon de
Krater daselbst gehörigen, die allegorischen Kindergruppen für den Festsaal der
Villa van der Heydt zu Berlin und die Entwürfe zu den beiden großen Wand¬
bildern für die neue Börse. Mit Ausnahme dieser letzten, von seinen Schü¬
lern Q. Becker und Fechner stereochromisch nach seinen Aquarellen ausgeführ¬
ten Gemälde, die ich im Berichte über die große letztjährige berliner Kunstaus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/549>, abgerufen am 16.05.2024.