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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Tropenluft, das Fieber in seinen mannigfachen Arten, heranschleicht und nicht
weichen will -- einige Meilen davon, auf den Bergen, wo die Nebel lagern,
tritt aus dem graugrünen Farbenton des Walddickichts auch der glänzend röth-
liche Blattschimmer des Chinabaumes hervor, dessen Name Tausenden von
bleichen und gebeugten Menschengestalten wie verheißungsvolle Tröstung und
Erlösung klingt.




Das Ende des Kriegs in Nordamerika.

Die kriegerischen Ereignisse in Nordamerika drängen zum Ende des langen
Kampfes. Noch mögen einzelne Guerillakämpfe nachfolgen, wahrscheinlich müssen
die unruhig treibenden Elemente, welche der Bürgerkrieg groß gezogen, noch
einzeln niedergeschlagen werden, aber der Krieg als solcher, das Ringen der
Heere hat aufgehört. Die Macht der Conföderirten hat ihr Ende gefunden,
ihre Truppen sind Plötzlich vom Schauplatz verschwunden, durch und durch
morsch, ist das ganze Gebäude, das vor kurzem noch den Schein der Größe
trug, auf einmal in sich zusammengebrochen und bietet dem betrachtenden Auge
nur den Anblick eines großen Trümmerhaufens.

Noch am Schluß des Jahres 1864 mußten die äußern Erfolge nicht als
ungünstig für die Conföderirten angesehen werden. Es war ihnen gelungen,
sich mit Heeren, welche die halbe Stärke ihrer Gegner hatten, auf allen Kriegs¬
theatern zu halten, dem feindlichen Hauptheere, Grant gegenüber, sogar nicht
ohne Vortheile. Die folgenden Ereignisse zeigen aber, daß dies Behaupten nur
möglich war durch Aufwendung aller disponibeln Kräfte, und daß die Energie
Grant's und Sherman's, welche die früher gewährte Winterruhe nicht gestat-
teten, jede Erholung unmöglich und den Gegner an Erschöpfung sterben machte.
Die Energie Grant's war dabei eine Passive, die Kraft Sherman's eine durch
und durch active. Folge davon ist, daß der Ruhm des Sieges vor der Welt
fast ausschließlich dem Letzteren zufällt, während es in der That schwer ist, zu
entscheiden, wem das größere Verdienst angehört. Wir wollen versuchen, diese
Frage zu erledigen, nicht weil dieselbe für uns eine große Bedeutung hätte,


Tropenluft, das Fieber in seinen mannigfachen Arten, heranschleicht und nicht
weichen will — einige Meilen davon, auf den Bergen, wo die Nebel lagern,
tritt aus dem graugrünen Farbenton des Walddickichts auch der glänzend röth-
liche Blattschimmer des Chinabaumes hervor, dessen Name Tausenden von
bleichen und gebeugten Menschengestalten wie verheißungsvolle Tröstung und
Erlösung klingt.




Das Ende des Kriegs in Nordamerika.

Die kriegerischen Ereignisse in Nordamerika drängen zum Ende des langen
Kampfes. Noch mögen einzelne Guerillakämpfe nachfolgen, wahrscheinlich müssen
die unruhig treibenden Elemente, welche der Bürgerkrieg groß gezogen, noch
einzeln niedergeschlagen werden, aber der Krieg als solcher, das Ringen der
Heere hat aufgehört. Die Macht der Conföderirten hat ihr Ende gefunden,
ihre Truppen sind Plötzlich vom Schauplatz verschwunden, durch und durch
morsch, ist das ganze Gebäude, das vor kurzem noch den Schein der Größe
trug, auf einmal in sich zusammengebrochen und bietet dem betrachtenden Auge
nur den Anblick eines großen Trümmerhaufens.

Noch am Schluß des Jahres 1864 mußten die äußern Erfolge nicht als
ungünstig für die Conföderirten angesehen werden. Es war ihnen gelungen,
sich mit Heeren, welche die halbe Stärke ihrer Gegner hatten, auf allen Kriegs¬
theatern zu halten, dem feindlichen Hauptheere, Grant gegenüber, sogar nicht
ohne Vortheile. Die folgenden Ereignisse zeigen aber, daß dies Behaupten nur
möglich war durch Aufwendung aller disponibeln Kräfte, und daß die Energie
Grant's und Sherman's, welche die früher gewährte Winterruhe nicht gestat-
teten, jede Erholung unmöglich und den Gegner an Erschöpfung sterben machte.
Die Energie Grant's war dabei eine Passive, die Kraft Sherman's eine durch
und durch active. Folge davon ist, daß der Ruhm des Sieges vor der Welt
fast ausschließlich dem Letzteren zufällt, während es in der That schwer ist, zu
entscheiden, wem das größere Verdienst angehört. Wir wollen versuchen, diese
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[0374] Tropenluft, das Fieber in seinen mannigfachen Arten, heranschleicht und nicht weichen will — einige Meilen davon, auf den Bergen, wo die Nebel lagern, tritt aus dem graugrünen Farbenton des Walddickichts auch der glänzend röth- liche Blattschimmer des Chinabaumes hervor, dessen Name Tausenden von bleichen und gebeugten Menschengestalten wie verheißungsvolle Tröstung und Erlösung klingt. Das Ende des Kriegs in Nordamerika. Die kriegerischen Ereignisse in Nordamerika drängen zum Ende des langen Kampfes. Noch mögen einzelne Guerillakämpfe nachfolgen, wahrscheinlich müssen die unruhig treibenden Elemente, welche der Bürgerkrieg groß gezogen, noch einzeln niedergeschlagen werden, aber der Krieg als solcher, das Ringen der Heere hat aufgehört. Die Macht der Conföderirten hat ihr Ende gefunden, ihre Truppen sind Plötzlich vom Schauplatz verschwunden, durch und durch morsch, ist das ganze Gebäude, das vor kurzem noch den Schein der Größe trug, auf einmal in sich zusammengebrochen und bietet dem betrachtenden Auge nur den Anblick eines großen Trümmerhaufens. Noch am Schluß des Jahres 1864 mußten die äußern Erfolge nicht als ungünstig für die Conföderirten angesehen werden. Es war ihnen gelungen, sich mit Heeren, welche die halbe Stärke ihrer Gegner hatten, auf allen Kriegs¬ theatern zu halten, dem feindlichen Hauptheere, Grant gegenüber, sogar nicht ohne Vortheile. Die folgenden Ereignisse zeigen aber, daß dies Behaupten nur möglich war durch Aufwendung aller disponibeln Kräfte, und daß die Energie Grant's und Sherman's, welche die früher gewährte Winterruhe nicht gestat- teten, jede Erholung unmöglich und den Gegner an Erschöpfung sterben machte. Die Energie Grant's war dabei eine Passive, die Kraft Sherman's eine durch und durch active. Folge davon ist, daß der Ruhm des Sieges vor der Welt fast ausschließlich dem Letzteren zufällt, während es in der That schwer ist, zu entscheiden, wem das größere Verdienst angehört. Wir wollen versuchen, diese Frage zu erledigen, nicht weil dieselbe für uns eine große Bedeutung hätte,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/374>, abgerufen am 19.05.2024.