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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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und Baldinger wurde es dennoch möglich gemacht, und da tüchtige Holzschnei¬
der diese Zeichner unterstützten, so sprechen uns diese kleinen Holzschnitte mit
dem nämlichen Reiz an, welchen der Herausgeber den Originalen so warm
nachrühmt.

Jedem kunstsinnigen Jtalienreisenden kann dies Tagebuch ein sehr zu
schätzender Begleiter, wie eine liebe Erinnerung an das Gesehene und Ge¬
nossene sein, wenn es auch den höchsten Werth unter allen freilich für den Archi¬
tekten haben muß.




Hermann Wislicenus: Die deukalionische Fluth a>s Wendepunkt der Titanenhcrr-
schaft und der olympischen Weltordnung, nach dem Carton photogr. von Hecker
in Dresden, Verl. von Alphons Dürr, Leipzig, 1866.

Concurrenzausschreibungen mit präcisem Programm pflegen, wenn es sich
nicht um Ausschmückung bestimmter Räume handelt, für die bildenden Künste
nur selten förderlich zu sein. In dem Werte jedoch, dessen p.hotographische
Wiedergabe vor uns liegt, begrüßen wir eine Leistung ersten Ranges, welche
ihre Entstehung solchem Anlaß verdankt. Der oben bezeichnete Carton wurde
im vorigen Jahre von der Goethe-Stiftung in Weimar als beste Arbeit nach
der Von ihr gestellten Aufgabe prämiirt. Mit dem immerhin relativen Lobe
dieser Auszeichnung aber ist ihm nicht Genüge gethan; es darf sehr bedeutende
absolute Anerkennung beanspruchen. Der Künstler hat seine Darstellung monu¬
mental gedacht; sie ist entworfen als bildnerischer Schmuck einer Wandfläche,
welche durch Tonnenwölbung begrenzt und geschlossen wnd. So trennen sich
architektonisch Wandfelder, Lünette und Predellen ab. Dieser Gliederung ent¬
sprechend zeigen die mittleren Compositionen den Kampf der Götter mit den
elementarischen Gewalten, in welchem das erste Menschengeschlecht zu Grunde
geht; darüber breitet sich der Olymp: zu den Füßen des Zeus der gestürzte
Kronos, neben dem König die Götter und Heroen des neuen Weltreichs; in
den Predellen aber, zu welchen die Figur des Dentalivm räumlich wie ideell
den Uebergang bildet, erinnern vier Episoden griechischer Sage (namentlich der
Odyssee entlehnt), wie Tugend und Muth die Arme der Götter herbeiruft im
Kampfe der Sterblichen wider die Unbill der Elemente. Dem einfach und
großartig gedachten Plane ist die schöne, schwungvolle Darstellung durchaus
ebenbürtig. Sie ist, was die Technik anlangt, skizzenhaft, und manches Ein¬
zelne würde bei einer Ausführung noch Modificationen erfahren; aber allent¬
halben begegnet uns eine Frische des Lebens, eine edle Grazie der Form,


und Baldinger wurde es dennoch möglich gemacht, und da tüchtige Holzschnei¬
der diese Zeichner unterstützten, so sprechen uns diese kleinen Holzschnitte mit
dem nämlichen Reiz an, welchen der Herausgeber den Originalen so warm
nachrühmt.

Jedem kunstsinnigen Jtalienreisenden kann dies Tagebuch ein sehr zu
schätzender Begleiter, wie eine liebe Erinnerung an das Gesehene und Ge¬
nossene sein, wenn es auch den höchsten Werth unter allen freilich für den Archi¬
tekten haben muß.




Hermann Wislicenus: Die deukalionische Fluth a>s Wendepunkt der Titanenhcrr-
schaft und der olympischen Weltordnung, nach dem Carton photogr. von Hecker
in Dresden, Verl. von Alphons Dürr, Leipzig, 1866.

Concurrenzausschreibungen mit präcisem Programm pflegen, wenn es sich
nicht um Ausschmückung bestimmter Räume handelt, für die bildenden Künste
nur selten förderlich zu sein. In dem Werte jedoch, dessen p.hotographische
Wiedergabe vor uns liegt, begrüßen wir eine Leistung ersten Ranges, welche
ihre Entstehung solchem Anlaß verdankt. Der oben bezeichnete Carton wurde
im vorigen Jahre von der Goethe-Stiftung in Weimar als beste Arbeit nach
der Von ihr gestellten Aufgabe prämiirt. Mit dem immerhin relativen Lobe
dieser Auszeichnung aber ist ihm nicht Genüge gethan; es darf sehr bedeutende
absolute Anerkennung beanspruchen. Der Künstler hat seine Darstellung monu¬
mental gedacht; sie ist entworfen als bildnerischer Schmuck einer Wandfläche,
welche durch Tonnenwölbung begrenzt und geschlossen wnd. So trennen sich
architektonisch Wandfelder, Lünette und Predellen ab. Dieser Gliederung ent¬
sprechend zeigen die mittleren Compositionen den Kampf der Götter mit den
elementarischen Gewalten, in welchem das erste Menschengeschlecht zu Grunde
geht; darüber breitet sich der Olymp: zu den Füßen des Zeus der gestürzte
Kronos, neben dem König die Götter und Heroen des neuen Weltreichs; in
den Predellen aber, zu welchen die Figur des Dentalivm räumlich wie ideell
den Uebergang bildet, erinnern vier Episoden griechischer Sage (namentlich der
Odyssee entlehnt), wie Tugend und Muth die Arme der Götter herbeiruft im
Kampfe der Sterblichen wider die Unbill der Elemente. Dem einfach und
großartig gedachten Plane ist die schöne, schwungvolle Darstellung durchaus
ebenbürtig. Sie ist, was die Technik anlangt, skizzenhaft, und manches Ein¬
zelne würde bei einer Ausführung noch Modificationen erfahren; aber allent¬
halben begegnet uns eine Frische des Lebens, eine edle Grazie der Form,


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[0170] und Baldinger wurde es dennoch möglich gemacht, und da tüchtige Holzschnei¬ der diese Zeichner unterstützten, so sprechen uns diese kleinen Holzschnitte mit dem nämlichen Reiz an, welchen der Herausgeber den Originalen so warm nachrühmt. Jedem kunstsinnigen Jtalienreisenden kann dies Tagebuch ein sehr zu schätzender Begleiter, wie eine liebe Erinnerung an das Gesehene und Ge¬ nossene sein, wenn es auch den höchsten Werth unter allen freilich für den Archi¬ tekten haben muß. Hermann Wislicenus: Die deukalionische Fluth a>s Wendepunkt der Titanenhcrr- schaft und der olympischen Weltordnung, nach dem Carton photogr. von Hecker in Dresden, Verl. von Alphons Dürr, Leipzig, 1866. Concurrenzausschreibungen mit präcisem Programm pflegen, wenn es sich nicht um Ausschmückung bestimmter Räume handelt, für die bildenden Künste nur selten förderlich zu sein. In dem Werte jedoch, dessen p.hotographische Wiedergabe vor uns liegt, begrüßen wir eine Leistung ersten Ranges, welche ihre Entstehung solchem Anlaß verdankt. Der oben bezeichnete Carton wurde im vorigen Jahre von der Goethe-Stiftung in Weimar als beste Arbeit nach der Von ihr gestellten Aufgabe prämiirt. Mit dem immerhin relativen Lobe dieser Auszeichnung aber ist ihm nicht Genüge gethan; es darf sehr bedeutende absolute Anerkennung beanspruchen. Der Künstler hat seine Darstellung monu¬ mental gedacht; sie ist entworfen als bildnerischer Schmuck einer Wandfläche, welche durch Tonnenwölbung begrenzt und geschlossen wnd. So trennen sich architektonisch Wandfelder, Lünette und Predellen ab. Dieser Gliederung ent¬ sprechend zeigen die mittleren Compositionen den Kampf der Götter mit den elementarischen Gewalten, in welchem das erste Menschengeschlecht zu Grunde geht; darüber breitet sich der Olymp: zu den Füßen des Zeus der gestürzte Kronos, neben dem König die Götter und Heroen des neuen Weltreichs; in den Predellen aber, zu welchen die Figur des Dentalivm räumlich wie ideell den Uebergang bildet, erinnern vier Episoden griechischer Sage (namentlich der Odyssee entlehnt), wie Tugend und Muth die Arme der Götter herbeiruft im Kampfe der Sterblichen wider die Unbill der Elemente. Dem einfach und großartig gedachten Plane ist die schöne, schwungvolle Darstellung durchaus ebenbürtig. Sie ist, was die Technik anlangt, skizzenhaft, und manches Ein¬ zelne würde bei einer Ausführung noch Modificationen erfahren; aber allent¬ halben begegnet uns eine Frische des Lebens, eine edle Grazie der Form,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/170>, abgerufen am 29.04.2024.