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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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dieser Revision der ersten 30 Seiten nicht bezweifelt werden. Wir meinen,
unser Urtheil wird nicht zu hart erscheinen, denn wir haben nichts gerügt, was
der Verfasser nicht hätte vermeiden können. Den Maßstab giebt er dem Kritiker
selbst in die Hand, indem er sich anheischig macht, uns über alles zu unter¬
richten, was von Rafael bekannt ist und von dem Publikum seiner Verehrer
gewußt zu werden verdient. Niemand kann aber mehr Billigkeit erwarten, als
d ^. v. aß er nach seiner Absicht geschätzt werde. --




Deutsche Studenten in alter Zeit.
Moritz Busch. Von
3- Der fahrende Schüler.-- Der Hosen- und der Saufteusel.--
Der älteste Trinkcomment.

Bereits im frühesten Mittelalter gab es in Deutschland und nicht blos
hier, sondern gleicherweise in den benachbarten Ländern zahlreiche Leute unsteten
Sinnes, die es für lange Jahre, oft ihr Leben hindurch, verschmähten, sich einen
festen Heerd zu gründen, und die in unablässigem Wandern von Ort zu Ort
bald mit der einen oder der andern Kunst, bald als Bettler oder Gauner, bald
sonst auf mehr oder weniger unsaubere Art ihr Brod suchten. Schon in sehr
alter Zeit begegnen wir dem fahrenden Sänger, der von Gehöft zu Gehöft
Zieht, um Lieder von Göttern und Helden vorzutragen, und ebenfalls früh
schon streifen Taschenspieler und Possenreißer von einem Ende des Landes zum
andern umher. Später treten irrende Ritter, die in Ermangelung eines Erb-
gutes von ihren Waffen und der Gastlichkeit der Standesgenossen leben oder
von Lust an Abenteuern in die Fremde getrieben sind, vagirende Dirnen, die
im Gefolge von Heeren oder auf Märkten, Turnier- und Heiligenfesten ihre
Reize feiltragen, wirklich fromme oder verstellte Landläufer, die nach Rom,
Jerusalem oder zum Grabe eines berühmten Heiligen pilgern, wandernde
Krämer. Marktschreier und Wunderdoktoren hinzu. Im dreizehnten Jahr-
hundert gesellt sich zu dieser bunten Vagantenschaft aus der Laienwelt eine
Schaar drob-und heimathloser Priester, die bei trägen Amtsbrüdern gelegentlich
als AuShilflinge in Kirche und Schule fungiren, eS aber in der Zwischenzeit


dieser Revision der ersten 30 Seiten nicht bezweifelt werden. Wir meinen,
unser Urtheil wird nicht zu hart erscheinen, denn wir haben nichts gerügt, was
der Verfasser nicht hätte vermeiden können. Den Maßstab giebt er dem Kritiker
selbst in die Hand, indem er sich anheischig macht, uns über alles zu unter¬
richten, was von Rafael bekannt ist und von dem Publikum seiner Verehrer
gewußt zu werden verdient. Niemand kann aber mehr Billigkeit erwarten, als
d ^. v. aß er nach seiner Absicht geschätzt werde. —




Deutsche Studenten in alter Zeit.
Moritz Busch. Von
3- Der fahrende Schüler.— Der Hosen- und der Saufteusel.—
Der älteste Trinkcomment.

Bereits im frühesten Mittelalter gab es in Deutschland und nicht blos
hier, sondern gleicherweise in den benachbarten Ländern zahlreiche Leute unsteten
Sinnes, die es für lange Jahre, oft ihr Leben hindurch, verschmähten, sich einen
festen Heerd zu gründen, und die in unablässigem Wandern von Ort zu Ort
bald mit der einen oder der andern Kunst, bald als Bettler oder Gauner, bald
sonst auf mehr oder weniger unsaubere Art ihr Brod suchten. Schon in sehr
alter Zeit begegnen wir dem fahrenden Sänger, der von Gehöft zu Gehöft
Zieht, um Lieder von Göttern und Helden vorzutragen, und ebenfalls früh
schon streifen Taschenspieler und Possenreißer von einem Ende des Landes zum
andern umher. Später treten irrende Ritter, die in Ermangelung eines Erb-
gutes von ihren Waffen und der Gastlichkeit der Standesgenossen leben oder
von Lust an Abenteuern in die Fremde getrieben sind, vagirende Dirnen, die
im Gefolge von Heeren oder auf Märkten, Turnier- und Heiligenfesten ihre
Reize feiltragen, wirklich fromme oder verstellte Landläufer, die nach Rom,
Jerusalem oder zum Grabe eines berühmten Heiligen pilgern, wandernde
Krämer. Marktschreier und Wunderdoktoren hinzu. Im dreizehnten Jahr-
hundert gesellt sich zu dieser bunten Vagantenschaft aus der Laienwelt eine
Schaar drob-und heimathloser Priester, die bei trägen Amtsbrüdern gelegentlich
als AuShilflinge in Kirche und Schule fungiren, eS aber in der Zwischenzeit


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[0361] dieser Revision der ersten 30 Seiten nicht bezweifelt werden. Wir meinen, unser Urtheil wird nicht zu hart erscheinen, denn wir haben nichts gerügt, was der Verfasser nicht hätte vermeiden können. Den Maßstab giebt er dem Kritiker selbst in die Hand, indem er sich anheischig macht, uns über alles zu unter¬ richten, was von Rafael bekannt ist und von dem Publikum seiner Verehrer gewußt zu werden verdient. Niemand kann aber mehr Billigkeit erwarten, als d ^. v. aß er nach seiner Absicht geschätzt werde. — Deutsche Studenten in alter Zeit. Moritz Busch. Von 3- Der fahrende Schüler.— Der Hosen- und der Saufteusel.— Der älteste Trinkcomment. Bereits im frühesten Mittelalter gab es in Deutschland und nicht blos hier, sondern gleicherweise in den benachbarten Ländern zahlreiche Leute unsteten Sinnes, die es für lange Jahre, oft ihr Leben hindurch, verschmähten, sich einen festen Heerd zu gründen, und die in unablässigem Wandern von Ort zu Ort bald mit der einen oder der andern Kunst, bald als Bettler oder Gauner, bald sonst auf mehr oder weniger unsaubere Art ihr Brod suchten. Schon in sehr alter Zeit begegnen wir dem fahrenden Sänger, der von Gehöft zu Gehöft Zieht, um Lieder von Göttern und Helden vorzutragen, und ebenfalls früh schon streifen Taschenspieler und Possenreißer von einem Ende des Landes zum andern umher. Später treten irrende Ritter, die in Ermangelung eines Erb- gutes von ihren Waffen und der Gastlichkeit der Standesgenossen leben oder von Lust an Abenteuern in die Fremde getrieben sind, vagirende Dirnen, die im Gefolge von Heeren oder auf Märkten, Turnier- und Heiligenfesten ihre Reize feiltragen, wirklich fromme oder verstellte Landläufer, die nach Rom, Jerusalem oder zum Grabe eines berühmten Heiligen pilgern, wandernde Krämer. Marktschreier und Wunderdoktoren hinzu. Im dreizehnten Jahr- hundert gesellt sich zu dieser bunten Vagantenschaft aus der Laienwelt eine Schaar drob-und heimathloser Priester, die bei trägen Amtsbrüdern gelegentlich als AuShilflinge in Kirche und Schule fungiren, eS aber in der Zwischenzeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/361>, abgerufen am 29.04.2024.