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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Preußen gezwungen sein, als Feinde der Regierung einzumarschiren. so wird
die Bevölkerung sie gewähren lassen, aber ihnen nicht mit Blumen, weißge¬
kleideten Jungfrauen und patriotischen Ansprachen entgegengehen. Sollte Han¬
nover sich vertragsmäßig an Preußen binden, so wird dem letzteren für seinen
Vertrag diejenige Controle prompter und loyaler Erfüllung fehlen, die nur die
Vertreter des hannoverschen Volks zu üben im Stande sind. Möge man da¬
nach in Berlin seine Schritte bemessen.




Die Politische Lage.

Die Aussichten auf Conferenz und Congreß sind sicher geworden, die Land¬
tage mehrer Bundesstaaten sind eröffnet, und die Souveräne von Würtemberg,
Sachsen und Bayern haben in ihren Thronreden über aggressive Politik und
ein geheimes Bündniß mit Oestreich zu beruhigen gesucht. Die Grundzüge,
welche die preußische Regierung für eine Reform des deutschen Bundes den
Regierungen mitgetheilt hat, sind veröffentlicht.

Jeder Tag, welcher den Ausbruch des Krieges verzögert, legt ein kleines
Gewicht auf die Wagschaale des Friedens, denn auch in Oestreich beginnt der
Kriegseifer zu verrauchen. Aber in der Stellung der feindlichen Staaten zu
einander ist keine Besserung eingetreten, ja die pariser Conferenz droht die
Verwickelung zu steigern, und es ist sehr wohl möglich, daß ein Krieg, der
von beiden deutschen Großmächten ohne zwingende Nothwendigkeit herauf¬
beschworen wurde, grade dann unvermeidlich wird, wenn in den Cabineten
Abspannung und Unsicherheit die Oberhand gewonnen haben. Dann würde
furchtbar die alle Sage von dem Lehrling excmplisicirt werden, der die Besen
zu Wasserträgern umgewandelt hat und seine Geister nicht mehr zu beschwören
vermag.

Die Stellung Preußens und Oestreichs bei der bevorstehenden Conferenz
ist sehr verschieden. Der politische Besitzstand Preußens ist nach keiner Rich¬
tung in Frage gestellt, Preußen erhebt nur Ansprüche auf die Elbherzog-
thümcr und auf /me Reform des deutschen Bundes sowohl im eigenen
als gemeinsamen deutschen Interesse, die Reform des Bundes ist eine innere
deutsche Angelegenheit, zu welcher die Garantiemächte bei der höflichsten


Preußen gezwungen sein, als Feinde der Regierung einzumarschiren. so wird
die Bevölkerung sie gewähren lassen, aber ihnen nicht mit Blumen, weißge¬
kleideten Jungfrauen und patriotischen Ansprachen entgegengehen. Sollte Han¬
nover sich vertragsmäßig an Preußen binden, so wird dem letzteren für seinen
Vertrag diejenige Controle prompter und loyaler Erfüllung fehlen, die nur die
Vertreter des hannoverschen Volks zu üben im Stande sind. Möge man da¬
nach in Berlin seine Schritte bemessen.




Die Politische Lage.

Die Aussichten auf Conferenz und Congreß sind sicher geworden, die Land¬
tage mehrer Bundesstaaten sind eröffnet, und die Souveräne von Würtemberg,
Sachsen und Bayern haben in ihren Thronreden über aggressive Politik und
ein geheimes Bündniß mit Oestreich zu beruhigen gesucht. Die Grundzüge,
welche die preußische Regierung für eine Reform des deutschen Bundes den
Regierungen mitgetheilt hat, sind veröffentlicht.

Jeder Tag, welcher den Ausbruch des Krieges verzögert, legt ein kleines
Gewicht auf die Wagschaale des Friedens, denn auch in Oestreich beginnt der
Kriegseifer zu verrauchen. Aber in der Stellung der feindlichen Staaten zu
einander ist keine Besserung eingetreten, ja die pariser Conferenz droht die
Verwickelung zu steigern, und es ist sehr wohl möglich, daß ein Krieg, der
von beiden deutschen Großmächten ohne zwingende Nothwendigkeit herauf¬
beschworen wurde, grade dann unvermeidlich wird, wenn in den Cabineten
Abspannung und Unsicherheit die Oberhand gewonnen haben. Dann würde
furchtbar die alle Sage von dem Lehrling excmplisicirt werden, der die Besen
zu Wasserträgern umgewandelt hat und seine Geister nicht mehr zu beschwören
vermag.

Die Stellung Preußens und Oestreichs bei der bevorstehenden Conferenz
ist sehr verschieden. Der politische Besitzstand Preußens ist nach keiner Rich¬
tung in Frage gestellt, Preußen erhebt nur Ansprüche auf die Elbherzog-
thümcr und auf /me Reform des deutschen Bundes sowohl im eigenen
als gemeinsamen deutschen Interesse, die Reform des Bundes ist eine innere
deutsche Angelegenheit, zu welcher die Garantiemächte bei der höflichsten


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[0422] Preußen gezwungen sein, als Feinde der Regierung einzumarschiren. so wird die Bevölkerung sie gewähren lassen, aber ihnen nicht mit Blumen, weißge¬ kleideten Jungfrauen und patriotischen Ansprachen entgegengehen. Sollte Han¬ nover sich vertragsmäßig an Preußen binden, so wird dem letzteren für seinen Vertrag diejenige Controle prompter und loyaler Erfüllung fehlen, die nur die Vertreter des hannoverschen Volks zu üben im Stande sind. Möge man da¬ nach in Berlin seine Schritte bemessen. Die Politische Lage. Die Aussichten auf Conferenz und Congreß sind sicher geworden, die Land¬ tage mehrer Bundesstaaten sind eröffnet, und die Souveräne von Würtemberg, Sachsen und Bayern haben in ihren Thronreden über aggressive Politik und ein geheimes Bündniß mit Oestreich zu beruhigen gesucht. Die Grundzüge, welche die preußische Regierung für eine Reform des deutschen Bundes den Regierungen mitgetheilt hat, sind veröffentlicht. Jeder Tag, welcher den Ausbruch des Krieges verzögert, legt ein kleines Gewicht auf die Wagschaale des Friedens, denn auch in Oestreich beginnt der Kriegseifer zu verrauchen. Aber in der Stellung der feindlichen Staaten zu einander ist keine Besserung eingetreten, ja die pariser Conferenz droht die Verwickelung zu steigern, und es ist sehr wohl möglich, daß ein Krieg, der von beiden deutschen Großmächten ohne zwingende Nothwendigkeit herauf¬ beschworen wurde, grade dann unvermeidlich wird, wenn in den Cabineten Abspannung und Unsicherheit die Oberhand gewonnen haben. Dann würde furchtbar die alle Sage von dem Lehrling excmplisicirt werden, der die Besen zu Wasserträgern umgewandelt hat und seine Geister nicht mehr zu beschwören vermag. Die Stellung Preußens und Oestreichs bei der bevorstehenden Conferenz ist sehr verschieden. Der politische Besitzstand Preußens ist nach keiner Rich¬ tung in Frage gestellt, Preußen erhebt nur Ansprüche auf die Elbherzog- thümcr und auf /me Reform des deutschen Bundes sowohl im eigenen als gemeinsamen deutschen Interesse, die Reform des Bundes ist eine innere deutsche Angelegenheit, zu welcher die Garantiemächte bei der höflichsten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/422>, abgerufen am 29.04.2024.