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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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auf dem Wege der Verständigung am Bunde und mit den Regierungen alle
Mittel vergebens erschöpft haben wird, um auch nur die nothdürftigsten Zuge¬
ständnisse zu erlangen, wird die königliche Regierung ihr enges Programm er¬
weitern und auf neuen Wegen den Anforderungen der Nation in vollem Um¬
fang gerecht zu werden versuchen."

Wir meinen, daß die Erfahrungen der letzten Jahre die regierenden Herren
belehrt haben sollten, ob eine solche Erklärung Phrase oder ob ein entschlossener
Wille dahintersteht. Mögen sie nur ihr Interesse befragen;'siegt statt dessen
leidenschaftlicher Haß, -- so hat grade unsere Partei gewarnt und vorausgesagt,
daß sie in ihr Verderben rennen.

Nicht gleich ist für alle Bundesstaaten die Gefahr, welche ihnen droht, sehr
ungleich auch die persönliche Stimmung ihrer Regenten und die Haltung ihrer
Minister. Daß Baden seine Pflicht gegen Deutschland im großen Sinne thun
wird, davon ist man überzeugt; Hannover und Hessen bewahren eine eigen¬
sinnige Zurückhaltung, welcher jeder Entschluß unbequem ist. Aber mit der
gespanntesten Erwartung hafteten bis jetzt die Blicke an Sachsen und Bayern.
Was von ihnen begehrt wurde, ist Verhinderung oder doch Beschränkung eines
unvermeidlichen Krieges durch eine feste und loyale Neutralität, welche Preußen
eine Garantie giebt, daß es nicht durch die letzten Motive der Selbsterhaltung
zu Uebergriffen genöthigt ist. Wenn wir frohen Anzeichen vertrauen dürfen,
so hat Sachsen sich bereits für solche Politik entschieden. Möge diese weise
Wahl auch auf den Entschluß der übrigen Staaten wohlthätigen Einfluß üben.

Vor allem ersehnen und hoffen wir eine gute Wahl von Bayern.


O.


Italien zur Zeit der wiener Verträge.

Nicomoäe Liauedi, Ltoria Zoeumeutata Aelia Äiplomasig, suroxeg. in Jesus,
äall' aimo 1814 all' aimo 1861. Vol. I u. II. lorino, 186S.

Italien befand sich beim Sturze Napoleons in einer völlig anderen Lage
als Deutschland. Für uns stand die Befreiung von der Fremdherrschaft über
jeder anderen Rücksicht. Für Italien war, wie es mit der französischen Invasion
nur die Fremdherrschaft gewechselt hatte, so nach dem Zusammensturz des Kaiser-


auf dem Wege der Verständigung am Bunde und mit den Regierungen alle
Mittel vergebens erschöpft haben wird, um auch nur die nothdürftigsten Zuge¬
ständnisse zu erlangen, wird die königliche Regierung ihr enges Programm er¬
weitern und auf neuen Wegen den Anforderungen der Nation in vollem Um¬
fang gerecht zu werden versuchen."

Wir meinen, daß die Erfahrungen der letzten Jahre die regierenden Herren
belehrt haben sollten, ob eine solche Erklärung Phrase oder ob ein entschlossener
Wille dahintersteht. Mögen sie nur ihr Interesse befragen;'siegt statt dessen
leidenschaftlicher Haß, — so hat grade unsere Partei gewarnt und vorausgesagt,
daß sie in ihr Verderben rennen.

Nicht gleich ist für alle Bundesstaaten die Gefahr, welche ihnen droht, sehr
ungleich auch die persönliche Stimmung ihrer Regenten und die Haltung ihrer
Minister. Daß Baden seine Pflicht gegen Deutschland im großen Sinne thun
wird, davon ist man überzeugt; Hannover und Hessen bewahren eine eigen¬
sinnige Zurückhaltung, welcher jeder Entschluß unbequem ist. Aber mit der
gespanntesten Erwartung hafteten bis jetzt die Blicke an Sachsen und Bayern.
Was von ihnen begehrt wurde, ist Verhinderung oder doch Beschränkung eines
unvermeidlichen Krieges durch eine feste und loyale Neutralität, welche Preußen
eine Garantie giebt, daß es nicht durch die letzten Motive der Selbsterhaltung
zu Uebergriffen genöthigt ist. Wenn wir frohen Anzeichen vertrauen dürfen,
so hat Sachsen sich bereits für solche Politik entschieden. Möge diese weise
Wahl auch auf den Entschluß der übrigen Staaten wohlthätigen Einfluß üben.

Vor allem ersehnen und hoffen wir eine gute Wahl von Bayern.


O.


Italien zur Zeit der wiener Verträge.

Nicomoäe Liauedi, Ltoria Zoeumeutata Aelia Äiplomasig, suroxeg. in Jesus,
äall' aimo 1814 all' aimo 1861. Vol. I u. II. lorino, 186S.

Italien befand sich beim Sturze Napoleons in einer völlig anderen Lage
als Deutschland. Für uns stand die Befreiung von der Fremdherrschaft über
jeder anderen Rücksicht. Für Italien war, wie es mit der französischen Invasion
nur die Fremdherrschaft gewechselt hatte, so nach dem Zusammensturz des Kaiser-


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[0438] auf dem Wege der Verständigung am Bunde und mit den Regierungen alle Mittel vergebens erschöpft haben wird, um auch nur die nothdürftigsten Zuge¬ ständnisse zu erlangen, wird die königliche Regierung ihr enges Programm er¬ weitern und auf neuen Wegen den Anforderungen der Nation in vollem Um¬ fang gerecht zu werden versuchen." Wir meinen, daß die Erfahrungen der letzten Jahre die regierenden Herren belehrt haben sollten, ob eine solche Erklärung Phrase oder ob ein entschlossener Wille dahintersteht. Mögen sie nur ihr Interesse befragen;'siegt statt dessen leidenschaftlicher Haß, — so hat grade unsere Partei gewarnt und vorausgesagt, daß sie in ihr Verderben rennen. Nicht gleich ist für alle Bundesstaaten die Gefahr, welche ihnen droht, sehr ungleich auch die persönliche Stimmung ihrer Regenten und die Haltung ihrer Minister. Daß Baden seine Pflicht gegen Deutschland im großen Sinne thun wird, davon ist man überzeugt; Hannover und Hessen bewahren eine eigen¬ sinnige Zurückhaltung, welcher jeder Entschluß unbequem ist. Aber mit der gespanntesten Erwartung hafteten bis jetzt die Blicke an Sachsen und Bayern. Was von ihnen begehrt wurde, ist Verhinderung oder doch Beschränkung eines unvermeidlichen Krieges durch eine feste und loyale Neutralität, welche Preußen eine Garantie giebt, daß es nicht durch die letzten Motive der Selbsterhaltung zu Uebergriffen genöthigt ist. Wenn wir frohen Anzeichen vertrauen dürfen, so hat Sachsen sich bereits für solche Politik entschieden. Möge diese weise Wahl auch auf den Entschluß der übrigen Staaten wohlthätigen Einfluß üben. Vor allem ersehnen und hoffen wir eine gute Wahl von Bayern. O. Italien zur Zeit der wiener Verträge. Nicomoäe Liauedi, Ltoria Zoeumeutata Aelia Äiplomasig, suroxeg. in Jesus, äall' aimo 1814 all' aimo 1861. Vol. I u. II. lorino, 186S. Italien befand sich beim Sturze Napoleons in einer völlig anderen Lage als Deutschland. Für uns stand die Befreiung von der Fremdherrschaft über jeder anderen Rücksicht. Für Italien war, wie es mit der französischen Invasion nur die Fremdherrschaft gewechselt hatte, so nach dem Zusammensturz des Kaiser-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/438>, abgerufen am 29.04.2024.