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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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lung der gemeinsamen Consuln, sondern auch zu deren Unterstützung mit den
Mitteln seiner jungen emporstrebenden Seemacht anheischig machen. Es ent¬
spräche daher der Gerechtigkeit, daß die anderen Staaten ebenfalls nicht allein
zum preußischen Consularbudget, sondern auch zum preußischen Marinebudget
ihren Beitrag leisteten. In diesem Zusammenhang möchte dann der bremer Plan
von 1861 wieder praktisch werden, der damals, von den Senatoren Duckwitz
und Gildemeister nach Berlin getragen, auf die Sandbank der noch nicht ge-
brochnen Lauheit und Unklarheit der leitenden preußischen Kreise in Bezug auf
die Marine gerieth. jetzt aber, wo der Krieg mit Dänemark frischen Wind in
ihre Segel gebracht hat, unschwer wieder flott zu machen sein dürfte.




Krieg oder Frieden?

Jeder Tag bringt neue Nachrichten über die Rüstungen der beiden Gro߬
mächte des deutschen Bundes gegen einander; der friedliche Verkehr ist gestört,
bereits sind in den letzten Wochen Millionen verloren worden, in banger Sorge
lauscht das Volk auf officielle Aeußerungen von Berlin und Wien. Schon
übertreibt die Furcht. Auch wenn man in den Cabinetten der beiden Gro߬
mächte den Krieg für unvermeidlich hält, wie von Wohleingeweihten versichert
wird, ist solchen Stimmungen kein entscheidendes Gewicht beizulegen, sie wechseln
in der Höhe fast noch schneller als im Volke.

Das sind die Früchte des Vertrages von Gastein. Als er seiner Zeit in
diesem Blatte beurtheilt wurde, wie er es verdiente, stand der ausgesprochenen
Ansicht von der Hilflosigkeit und Zweckwidrigkeit dieser Maßregel noch eine
hoffnungsvolle Zuversicht unsrer Parteigenossen gegenüber. Jetzt werden wohl
auch die Vertrauensvollen gründlich enttäuscht sein. Unterdeß ist man in Berlin
bemüht gewesen, zu den Schwierigkeiten, welche der Vertrag brachte, neue zu
häufen.

>Erst in den letzten Wochen hat man erkannt, daß auf dem betretenen
Wege nicht weiter zu kommen ist, jetzt saßt man in der Verlegenheit an das
Schwert. Und wieder beurtheilt man die Gegner unrichtig, und ebenso täuscht
man sich über die Bedeutung der eigenen Entschlüsse. Wollte man im Ernst
durch die Vorbereitung zum Kampfe oder durch den Kampf selbst etwas erreichen,


lung der gemeinsamen Consuln, sondern auch zu deren Unterstützung mit den
Mitteln seiner jungen emporstrebenden Seemacht anheischig machen. Es ent¬
spräche daher der Gerechtigkeit, daß die anderen Staaten ebenfalls nicht allein
zum preußischen Consularbudget, sondern auch zum preußischen Marinebudget
ihren Beitrag leisteten. In diesem Zusammenhang möchte dann der bremer Plan
von 1861 wieder praktisch werden, der damals, von den Senatoren Duckwitz
und Gildemeister nach Berlin getragen, auf die Sandbank der noch nicht ge-
brochnen Lauheit und Unklarheit der leitenden preußischen Kreise in Bezug auf
die Marine gerieth. jetzt aber, wo der Krieg mit Dänemark frischen Wind in
ihre Segel gebracht hat, unschwer wieder flott zu machen sein dürfte.




Krieg oder Frieden?

Jeder Tag bringt neue Nachrichten über die Rüstungen der beiden Gro߬
mächte des deutschen Bundes gegen einander; der friedliche Verkehr ist gestört,
bereits sind in den letzten Wochen Millionen verloren worden, in banger Sorge
lauscht das Volk auf officielle Aeußerungen von Berlin und Wien. Schon
übertreibt die Furcht. Auch wenn man in den Cabinetten der beiden Gro߬
mächte den Krieg für unvermeidlich hält, wie von Wohleingeweihten versichert
wird, ist solchen Stimmungen kein entscheidendes Gewicht beizulegen, sie wechseln
in der Höhe fast noch schneller als im Volke.

Das sind die Früchte des Vertrages von Gastein. Als er seiner Zeit in
diesem Blatte beurtheilt wurde, wie er es verdiente, stand der ausgesprochenen
Ansicht von der Hilflosigkeit und Zweckwidrigkeit dieser Maßregel noch eine
hoffnungsvolle Zuversicht unsrer Parteigenossen gegenüber. Jetzt werden wohl
auch die Vertrauensvollen gründlich enttäuscht sein. Unterdeß ist man in Berlin
bemüht gewesen, zu den Schwierigkeiten, welche der Vertrag brachte, neue zu
häufen.

>Erst in den letzten Wochen hat man erkannt, daß auf dem betretenen
Wege nicht weiter zu kommen ist, jetzt saßt man in der Verlegenheit an das
Schwert. Und wieder beurtheilt man die Gegner unrichtig, und ebenso täuscht
man sich über die Bedeutung der eigenen Entschlüsse. Wollte man im Ernst
durch die Vorbereitung zum Kampfe oder durch den Kampf selbst etwas erreichen,


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[0076] lung der gemeinsamen Consuln, sondern auch zu deren Unterstützung mit den Mitteln seiner jungen emporstrebenden Seemacht anheischig machen. Es ent¬ spräche daher der Gerechtigkeit, daß die anderen Staaten ebenfalls nicht allein zum preußischen Consularbudget, sondern auch zum preußischen Marinebudget ihren Beitrag leisteten. In diesem Zusammenhang möchte dann der bremer Plan von 1861 wieder praktisch werden, der damals, von den Senatoren Duckwitz und Gildemeister nach Berlin getragen, auf die Sandbank der noch nicht ge- brochnen Lauheit und Unklarheit der leitenden preußischen Kreise in Bezug auf die Marine gerieth. jetzt aber, wo der Krieg mit Dänemark frischen Wind in ihre Segel gebracht hat, unschwer wieder flott zu machen sein dürfte. Krieg oder Frieden? Jeder Tag bringt neue Nachrichten über die Rüstungen der beiden Gro߬ mächte des deutschen Bundes gegen einander; der friedliche Verkehr ist gestört, bereits sind in den letzten Wochen Millionen verloren worden, in banger Sorge lauscht das Volk auf officielle Aeußerungen von Berlin und Wien. Schon übertreibt die Furcht. Auch wenn man in den Cabinetten der beiden Gro߬ mächte den Krieg für unvermeidlich hält, wie von Wohleingeweihten versichert wird, ist solchen Stimmungen kein entscheidendes Gewicht beizulegen, sie wechseln in der Höhe fast noch schneller als im Volke. Das sind die Früchte des Vertrages von Gastein. Als er seiner Zeit in diesem Blatte beurtheilt wurde, wie er es verdiente, stand der ausgesprochenen Ansicht von der Hilflosigkeit und Zweckwidrigkeit dieser Maßregel noch eine hoffnungsvolle Zuversicht unsrer Parteigenossen gegenüber. Jetzt werden wohl auch die Vertrauensvollen gründlich enttäuscht sein. Unterdeß ist man in Berlin bemüht gewesen, zu den Schwierigkeiten, welche der Vertrag brachte, neue zu häufen. >Erst in den letzten Wochen hat man erkannt, daß auf dem betretenen Wege nicht weiter zu kommen ist, jetzt saßt man in der Verlegenheit an das Schwert. Und wieder beurtheilt man die Gegner unrichtig, und ebenso täuscht man sich über die Bedeutung der eigenen Entschlüsse. Wollte man im Ernst durch die Vorbereitung zum Kampfe oder durch den Kampf selbst etwas erreichen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/76>, abgerufen am 29.04.2024.