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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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That hat der hanseatische Handelsconsul vor allen übrigen den Vorzug, daß
er fast immer der Stadt oder den Städten, welche er vertritt, innerlich und guten
Theils auch äußerlich angehört. Ader selbst die hanseatischen Interessenten, ja
Vornehmlich grade die hanseatischen Consuln in Ostasien erheben täglich ein¬
stimmiger die Forderung, daß das deutsche Consularwesen aller Orten schlechter¬
dings in eine einzige befähigte und von Hause her nachdrücklich unterstützte Hand
gelegt werde.

Auf diesem Wege also gilt es rüstig und mit dem Blicke aus das letzte
Ziel weiter zu schreiten. Preußen muß sich zunächst an die Küstenstaaten als
die meistbetheiligten, demnächst auch an die Binnenstaaten mit dem Vorschlage
Wenden, ihren Consulardienst mit dem seinigen zu verschmelzen. Sie leisten
dann nach einem billigen Maßstab ihre Beiträge zu dem preußischen Consular-
budget, die Preußen wiederum in den Stand setzen, an die Stelle von Handels-
consuln Fachconsuin zu setzen. Dies" zweite nothwendige Reformmaßregel könnte
sonst an der inneren Lage Preußens scheitern. Preußen trägt ohnehin schon
eine beträchtliche Last von Ausgaben, die aus die ganze Nation vertheilt sein
sollten; solche Mehrbelastungen machen allerdings seinen beredtesten Anspruch
aus die Führerschaft aus, allein es giebt doch ein Maß, über das hinaus die
Vertreter des preußischen Volks nicht mit Unrecht sich weigern mögen diese
Rechtstitel zu Hausen. So geringfügig die in Rede stehende Ausgabe erscheinen
mag -- in Düsseldorf nahm man gegen vierzig neue Fachconsulate als nächstes
Erfordernis) an und vertheilte ihre Besetzung auf vier Jahre, so daß alljährlich
zehn zu der bestehenden Zahl hinzukamen, was nach dem Durchschnitt der letzteren
einen Aufwand von 70--80,000 Thlr. mehr bedeuten würde -- so ist sie doch
keine Kleinigkeit im Verhältniß zu dem vergleichsweisen Werthe des Consular-
dienstes, und namentlich im Verhältniß zu der relativen Bedeutung der Reform
sür Preußen und für das übrige Deutschland, z. B. die Hansestädte.

Für die Reihenfolge der Ersetzung von Handelsconsulaten durch Fachcon¬
sulate ergeben sich von selbst zwei leitende Gesichtspunkte. Fachconsuln sind
">u dringendsten nöthig erstens an den bedeutenderen Plätzen der fremden
Welttheile, die mit Berlin in keiner raschen und bequemen Verbindung stehen,
deren Sitten und Gesetze von den unsrigen grell abweichen, deren Regierungen
uicht immer ohne Nachhilfe sanften Drucks bereit sind, Ausländer auf gleichem
Fuße der Gerechtigkeit zu behandeln mit Landsleuten oder Glaubensgenossen;
und zweitens an solchen Plätzen aller Länder und Welttheile, von denen aus
am füglichsten die bestehen bleibenden Handelsconsulate eines gewissen Gebiets
überwacht und ergänzt werden können.

Die preußisch-deutschen Verträge, denen wir die Consularreform verdanken
möchten, könnten leicht noch auf ein anderes, viel wichtigeres Feld der nationalen
Politik erstreckt werden. Preußen würde sich in ihnen ja nicht blos zur Seel-


That hat der hanseatische Handelsconsul vor allen übrigen den Vorzug, daß
er fast immer der Stadt oder den Städten, welche er vertritt, innerlich und guten
Theils auch äußerlich angehört. Ader selbst die hanseatischen Interessenten, ja
Vornehmlich grade die hanseatischen Consuln in Ostasien erheben täglich ein¬
stimmiger die Forderung, daß das deutsche Consularwesen aller Orten schlechter¬
dings in eine einzige befähigte und von Hause her nachdrücklich unterstützte Hand
gelegt werde.

Auf diesem Wege also gilt es rüstig und mit dem Blicke aus das letzte
Ziel weiter zu schreiten. Preußen muß sich zunächst an die Küstenstaaten als
die meistbetheiligten, demnächst auch an die Binnenstaaten mit dem Vorschlage
Wenden, ihren Consulardienst mit dem seinigen zu verschmelzen. Sie leisten
dann nach einem billigen Maßstab ihre Beiträge zu dem preußischen Consular-
budget, die Preußen wiederum in den Stand setzen, an die Stelle von Handels-
consuln Fachconsuin zu setzen. Dies« zweite nothwendige Reformmaßregel könnte
sonst an der inneren Lage Preußens scheitern. Preußen trägt ohnehin schon
eine beträchtliche Last von Ausgaben, die aus die ganze Nation vertheilt sein
sollten; solche Mehrbelastungen machen allerdings seinen beredtesten Anspruch
aus die Führerschaft aus, allein es giebt doch ein Maß, über das hinaus die
Vertreter des preußischen Volks nicht mit Unrecht sich weigern mögen diese
Rechtstitel zu Hausen. So geringfügig die in Rede stehende Ausgabe erscheinen
mag — in Düsseldorf nahm man gegen vierzig neue Fachconsulate als nächstes
Erfordernis) an und vertheilte ihre Besetzung auf vier Jahre, so daß alljährlich
zehn zu der bestehenden Zahl hinzukamen, was nach dem Durchschnitt der letzteren
einen Aufwand von 70—80,000 Thlr. mehr bedeuten würde — so ist sie doch
keine Kleinigkeit im Verhältniß zu dem vergleichsweisen Werthe des Consular-
dienstes, und namentlich im Verhältniß zu der relativen Bedeutung der Reform
sür Preußen und für das übrige Deutschland, z. B. die Hansestädte.

Für die Reihenfolge der Ersetzung von Handelsconsulaten durch Fachcon¬
sulate ergeben sich von selbst zwei leitende Gesichtspunkte. Fachconsuln sind
">u dringendsten nöthig erstens an den bedeutenderen Plätzen der fremden
Welttheile, die mit Berlin in keiner raschen und bequemen Verbindung stehen,
deren Sitten und Gesetze von den unsrigen grell abweichen, deren Regierungen
uicht immer ohne Nachhilfe sanften Drucks bereit sind, Ausländer auf gleichem
Fuße der Gerechtigkeit zu behandeln mit Landsleuten oder Glaubensgenossen;
und zweitens an solchen Plätzen aller Länder und Welttheile, von denen aus
am füglichsten die bestehen bleibenden Handelsconsulate eines gewissen Gebiets
überwacht und ergänzt werden können.

Die preußisch-deutschen Verträge, denen wir die Consularreform verdanken
möchten, könnten leicht noch auf ein anderes, viel wichtigeres Feld der nationalen
Politik erstreckt werden. Preußen würde sich in ihnen ja nicht blos zur Seel-


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[0075] That hat der hanseatische Handelsconsul vor allen übrigen den Vorzug, daß er fast immer der Stadt oder den Städten, welche er vertritt, innerlich und guten Theils auch äußerlich angehört. Ader selbst die hanseatischen Interessenten, ja Vornehmlich grade die hanseatischen Consuln in Ostasien erheben täglich ein¬ stimmiger die Forderung, daß das deutsche Consularwesen aller Orten schlechter¬ dings in eine einzige befähigte und von Hause her nachdrücklich unterstützte Hand gelegt werde. Auf diesem Wege also gilt es rüstig und mit dem Blicke aus das letzte Ziel weiter zu schreiten. Preußen muß sich zunächst an die Küstenstaaten als die meistbetheiligten, demnächst auch an die Binnenstaaten mit dem Vorschlage Wenden, ihren Consulardienst mit dem seinigen zu verschmelzen. Sie leisten dann nach einem billigen Maßstab ihre Beiträge zu dem preußischen Consular- budget, die Preußen wiederum in den Stand setzen, an die Stelle von Handels- consuln Fachconsuin zu setzen. Dies« zweite nothwendige Reformmaßregel könnte sonst an der inneren Lage Preußens scheitern. Preußen trägt ohnehin schon eine beträchtliche Last von Ausgaben, die aus die ganze Nation vertheilt sein sollten; solche Mehrbelastungen machen allerdings seinen beredtesten Anspruch aus die Führerschaft aus, allein es giebt doch ein Maß, über das hinaus die Vertreter des preußischen Volks nicht mit Unrecht sich weigern mögen diese Rechtstitel zu Hausen. So geringfügig die in Rede stehende Ausgabe erscheinen mag — in Düsseldorf nahm man gegen vierzig neue Fachconsulate als nächstes Erfordernis) an und vertheilte ihre Besetzung auf vier Jahre, so daß alljährlich zehn zu der bestehenden Zahl hinzukamen, was nach dem Durchschnitt der letzteren einen Aufwand von 70—80,000 Thlr. mehr bedeuten würde — so ist sie doch keine Kleinigkeit im Verhältniß zu dem vergleichsweisen Werthe des Consular- dienstes, und namentlich im Verhältniß zu der relativen Bedeutung der Reform sür Preußen und für das übrige Deutschland, z. B. die Hansestädte. Für die Reihenfolge der Ersetzung von Handelsconsulaten durch Fachcon¬ sulate ergeben sich von selbst zwei leitende Gesichtspunkte. Fachconsuln sind ">u dringendsten nöthig erstens an den bedeutenderen Plätzen der fremden Welttheile, die mit Berlin in keiner raschen und bequemen Verbindung stehen, deren Sitten und Gesetze von den unsrigen grell abweichen, deren Regierungen uicht immer ohne Nachhilfe sanften Drucks bereit sind, Ausländer auf gleichem Fuße der Gerechtigkeit zu behandeln mit Landsleuten oder Glaubensgenossen; und zweitens an solchen Plätzen aller Länder und Welttheile, von denen aus am füglichsten die bestehen bleibenden Handelsconsulate eines gewissen Gebiets überwacht und ergänzt werden können. Die preußisch-deutschen Verträge, denen wir die Consularreform verdanken möchten, könnten leicht noch auf ein anderes, viel wichtigeres Feld der nationalen Politik erstreckt werden. Preußen würde sich in ihnen ja nicht blos zur Seel-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/75>, abgerufen am 15.05.2024.