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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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dem ministeriellen Blatte selbst die Fahne des Widerstandes gegen die Inten-
tionen des Ministeriums erhoben, indem er seine Standesgenossen zur Ablehnung
des Wahlgesetzes und des Parlaments auffordert. "Die mecklenburgischen
Stände," bemerkt er, "können und dürfen zu dem Wahlgesetz und zu dem Par¬
lament nur Nein sagen. Und daß sie das auch mit Erfolg können, müssen
wir annehmen, sonst hätte man sie nicht fragen müssen. Wollten sie Ja sagen,
so käme das einem Selbstmorde gleich; Parlament und Urwähler widersprechen
unseren Verhältnissen zu direct. Will man uns dennoch hineinzwingen. so sollen
die Stände wenigstens die Gewaltthat nicht durch ihre Zustimmung verstecken
helfen, vielmehr ihre Rechte wahren für bessere Zeiten." Der Artikel schließt
mit den Worten: "Wer kann wissen, ob nicht ein Widerspruch der mecklenburgi¬
schen Stände gegen das Parlament hie und da bestimmenden Orts ganz er¬
wünscht sein möchte?"

Indessen wird die Anstrengung dieser Partei eine vergebliche sein, selbst
wenn es ihr gelingen sollte, auf dem bevorstehenden außerordentlichen Landtage
die Mehrheit zu erlangen. Die Ablehnung würde voraussichtlich für sie die
Folge haben, daß der Rechtsgrund ihrer Existenz einer neuen Prüfung unter¬
zogen würde, welche leicht mit der Wiederaufnahme des im Jahre 18S0 ge¬
waltsam unterbrochenen constitutionellen Staatslebens endigen könnte. Die
feudalen Stände haben in der Bevölkerung keinerlei Halt und Unterstützung
und mit ihrer Macht ist es aus, sobald sie die Regierung nicht mehr auf ihrer
Seite haben. Die feudale Partei hat daher -- immer vorausgesetzt, daß man
in Berlin nicht aufhört, die Sache des neuen Bundes ernstlich und nachdrücklich
zu fördern -- nur die Wahl, ob der Anschluß Mecklenburgs an den Bund mit
ihrer Zustimmung oder ohne dieselbe geschehen soll.




Kirche und Schule im WuMrthal.

Schon manchen Fremden, dem das Wupperthal einiges Interesse abgewonnen
hatte, und schon manchen Eingeborenen, der sich draußen in der Welt oder kraft
inneren geistigen Aufschwungs über die bewußtlose Hinnahme alles Heimischen
als eines selbstverständlichen erhob, hat die Frage gequält, woher die hier wahr¬
zunehmende besondere Stärke und Lebendigkeit des religiösen Triebes stamme?
Denn es ist nicht etwa nur ein übertreibender zufälliger oder künstlich gemachter


dem ministeriellen Blatte selbst die Fahne des Widerstandes gegen die Inten-
tionen des Ministeriums erhoben, indem er seine Standesgenossen zur Ablehnung
des Wahlgesetzes und des Parlaments auffordert. „Die mecklenburgischen
Stände," bemerkt er, „können und dürfen zu dem Wahlgesetz und zu dem Par¬
lament nur Nein sagen. Und daß sie das auch mit Erfolg können, müssen
wir annehmen, sonst hätte man sie nicht fragen müssen. Wollten sie Ja sagen,
so käme das einem Selbstmorde gleich; Parlament und Urwähler widersprechen
unseren Verhältnissen zu direct. Will man uns dennoch hineinzwingen. so sollen
die Stände wenigstens die Gewaltthat nicht durch ihre Zustimmung verstecken
helfen, vielmehr ihre Rechte wahren für bessere Zeiten." Der Artikel schließt
mit den Worten: „Wer kann wissen, ob nicht ein Widerspruch der mecklenburgi¬
schen Stände gegen das Parlament hie und da bestimmenden Orts ganz er¬
wünscht sein möchte?"

Indessen wird die Anstrengung dieser Partei eine vergebliche sein, selbst
wenn es ihr gelingen sollte, auf dem bevorstehenden außerordentlichen Landtage
die Mehrheit zu erlangen. Die Ablehnung würde voraussichtlich für sie die
Folge haben, daß der Rechtsgrund ihrer Existenz einer neuen Prüfung unter¬
zogen würde, welche leicht mit der Wiederaufnahme des im Jahre 18S0 ge¬
waltsam unterbrochenen constitutionellen Staatslebens endigen könnte. Die
feudalen Stände haben in der Bevölkerung keinerlei Halt und Unterstützung
und mit ihrer Macht ist es aus, sobald sie die Regierung nicht mehr auf ihrer
Seite haben. Die feudale Partei hat daher — immer vorausgesetzt, daß man
in Berlin nicht aufhört, die Sache des neuen Bundes ernstlich und nachdrücklich
zu fördern — nur die Wahl, ob der Anschluß Mecklenburgs an den Bund mit
ihrer Zustimmung oder ohne dieselbe geschehen soll.




Kirche und Schule im WuMrthal.

Schon manchen Fremden, dem das Wupperthal einiges Interesse abgewonnen
hatte, und schon manchen Eingeborenen, der sich draußen in der Welt oder kraft
inneren geistigen Aufschwungs über die bewußtlose Hinnahme alles Heimischen
als eines selbstverständlichen erhob, hat die Frage gequält, woher die hier wahr¬
zunehmende besondere Stärke und Lebendigkeit des religiösen Triebes stamme?
Denn es ist nicht etwa nur ein übertreibender zufälliger oder künstlich gemachter


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[0028] dem ministeriellen Blatte selbst die Fahne des Widerstandes gegen die Inten- tionen des Ministeriums erhoben, indem er seine Standesgenossen zur Ablehnung des Wahlgesetzes und des Parlaments auffordert. „Die mecklenburgischen Stände," bemerkt er, „können und dürfen zu dem Wahlgesetz und zu dem Par¬ lament nur Nein sagen. Und daß sie das auch mit Erfolg können, müssen wir annehmen, sonst hätte man sie nicht fragen müssen. Wollten sie Ja sagen, so käme das einem Selbstmorde gleich; Parlament und Urwähler widersprechen unseren Verhältnissen zu direct. Will man uns dennoch hineinzwingen. so sollen die Stände wenigstens die Gewaltthat nicht durch ihre Zustimmung verstecken helfen, vielmehr ihre Rechte wahren für bessere Zeiten." Der Artikel schließt mit den Worten: „Wer kann wissen, ob nicht ein Widerspruch der mecklenburgi¬ schen Stände gegen das Parlament hie und da bestimmenden Orts ganz er¬ wünscht sein möchte?" Indessen wird die Anstrengung dieser Partei eine vergebliche sein, selbst wenn es ihr gelingen sollte, auf dem bevorstehenden außerordentlichen Landtage die Mehrheit zu erlangen. Die Ablehnung würde voraussichtlich für sie die Folge haben, daß der Rechtsgrund ihrer Existenz einer neuen Prüfung unter¬ zogen würde, welche leicht mit der Wiederaufnahme des im Jahre 18S0 ge¬ waltsam unterbrochenen constitutionellen Staatslebens endigen könnte. Die feudalen Stände haben in der Bevölkerung keinerlei Halt und Unterstützung und mit ihrer Macht ist es aus, sobald sie die Regierung nicht mehr auf ihrer Seite haben. Die feudale Partei hat daher — immer vorausgesetzt, daß man in Berlin nicht aufhört, die Sache des neuen Bundes ernstlich und nachdrücklich zu fördern — nur die Wahl, ob der Anschluß Mecklenburgs an den Bund mit ihrer Zustimmung oder ohne dieselbe geschehen soll. Kirche und Schule im WuMrthal. Schon manchen Fremden, dem das Wupperthal einiges Interesse abgewonnen hatte, und schon manchen Eingeborenen, der sich draußen in der Welt oder kraft inneren geistigen Aufschwungs über die bewußtlose Hinnahme alles Heimischen als eines selbstverständlichen erhob, hat die Frage gequält, woher die hier wahr¬ zunehmende besondere Stärke und Lebendigkeit des religiösen Triebes stamme? Denn es ist nicht etwa nur ein übertreibender zufälliger oder künstlich gemachter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/28>, abgerufen am 05.05.2024.