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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Wenn wir nun noch einmal die beiderseitigen Verhältnisse betrachten, ehe
wir in einem nächsten Aufsatz den Feldzug des Königs näher kennen lernen, so
sehen wir, daß die preußischen Truppen zwar bedeutende Verluste erlitten hatten
-- Prinz Friedrich Karl 2.000 und der Kronprinz 5,000 Mann --, daß aber
die Truppen durch anhaltende Erfolge siegessicher, moralisch im höchsten Grade
gehoben Ware"; daß dagegen die Oestreichs von ihren acht Corps bereits sechs
(das erste und die Sachsen gegen Prinz Friedrich Karl, das vierte, sechste, achte
und, zehnte gegen den Kronprinzen) durch sehr bedeutende Verluste, die, nicht
zu hoch angeschlagen, sich auf 30.000 Mann berechne", und dazu infolge des
steten Zurückgehens auf ein sehr geringes Maß moralischer Kraft und bedeutend
an Zahl reducirt hatten.

Der Ausgang des Feldzuges war jetzt zweifellos, deshalb konnte niemand
erwarten, daß die Oestreicher in dieser Lage sofort durch eine allgemeine
Schlacht die volle Entscheidung suchen würden, wie sie dennoch am anderen
Tage thaten, --




Stimmungen in Hessen-Darmstadt.

.Kein Staat, der gegen Preußen unter Waffen gestanden -- so hört man
oft genug behaupten -- hat ungünstigere Friedensbedingungen erfahren müssen
als das Großherzogthum Hessen. Es behielt weder seine Integrität, wie Sachsen,
uoch seine Freiheit vom norddeutschen Bund, wie die übrigen süddeutschen
Staaten. Es hat ^.Herrschaft Jeder, das sogenannte Hinterland und noch
nnigc andere Gebietsteile gegen sehr ungenügenden Ersatz an Preußen abge¬
treten und trat mit seinen gesammten rechtsmainischen Landen, der Provinz
Oberhessen, fricdensschlußmäßig jenem Bunde bei. Kriegsentschädigung mußte
es zudem zahlen, wie alle andern. Dabei ist Mainz preußische Festung ge-
worden. Post- und Telegraphenwesc" im ganzen Land an Preußen übergegangen
und bezüglich ihrer sollen die nichtbündischen Provinzen Starkenburg und Rhein-
Hessen in dasselbe Verhältniß treten, welches für Oberhessen auf Grund der im
norddeutschen Bunde geltenden Einrichtungen stattfinden wird.

Man sieht sogleich, welche Fülle neuer staatsrechtlicher Gestaltungen hier


Wenn wir nun noch einmal die beiderseitigen Verhältnisse betrachten, ehe
wir in einem nächsten Aufsatz den Feldzug des Königs näher kennen lernen, so
sehen wir, daß die preußischen Truppen zwar bedeutende Verluste erlitten hatten
— Prinz Friedrich Karl 2.000 und der Kronprinz 5,000 Mann —, daß aber
die Truppen durch anhaltende Erfolge siegessicher, moralisch im höchsten Grade
gehoben Ware»; daß dagegen die Oestreichs von ihren acht Corps bereits sechs
(das erste und die Sachsen gegen Prinz Friedrich Karl, das vierte, sechste, achte
und, zehnte gegen den Kronprinzen) durch sehr bedeutende Verluste, die, nicht
zu hoch angeschlagen, sich auf 30.000 Mann berechne», und dazu infolge des
steten Zurückgehens auf ein sehr geringes Maß moralischer Kraft und bedeutend
an Zahl reducirt hatten.

Der Ausgang des Feldzuges war jetzt zweifellos, deshalb konnte niemand
erwarten, daß die Oestreicher in dieser Lage sofort durch eine allgemeine
Schlacht die volle Entscheidung suchen würden, wie sie dennoch am anderen
Tage thaten, —




Stimmungen in Hessen-Darmstadt.

.Kein Staat, der gegen Preußen unter Waffen gestanden — so hört man
oft genug behaupten — hat ungünstigere Friedensbedingungen erfahren müssen
als das Großherzogthum Hessen. Es behielt weder seine Integrität, wie Sachsen,
uoch seine Freiheit vom norddeutschen Bund, wie die übrigen süddeutschen
Staaten. Es hat ^.Herrschaft Jeder, das sogenannte Hinterland und noch
nnigc andere Gebietsteile gegen sehr ungenügenden Ersatz an Preußen abge¬
treten und trat mit seinen gesammten rechtsmainischen Landen, der Provinz
Oberhessen, fricdensschlußmäßig jenem Bunde bei. Kriegsentschädigung mußte
es zudem zahlen, wie alle andern. Dabei ist Mainz preußische Festung ge-
worden. Post- und Telegraphenwesc» im ganzen Land an Preußen übergegangen
und bezüglich ihrer sollen die nichtbündischen Provinzen Starkenburg und Rhein-
Hessen in dasselbe Verhältniß treten, welches für Oberhessen auf Grund der im
norddeutschen Bunde geltenden Einrichtungen stattfinden wird.

Man sieht sogleich, welche Fülle neuer staatsrechtlicher Gestaltungen hier


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[0327] Wenn wir nun noch einmal die beiderseitigen Verhältnisse betrachten, ehe wir in einem nächsten Aufsatz den Feldzug des Königs näher kennen lernen, so sehen wir, daß die preußischen Truppen zwar bedeutende Verluste erlitten hatten — Prinz Friedrich Karl 2.000 und der Kronprinz 5,000 Mann —, daß aber die Truppen durch anhaltende Erfolge siegessicher, moralisch im höchsten Grade gehoben Ware»; daß dagegen die Oestreichs von ihren acht Corps bereits sechs (das erste und die Sachsen gegen Prinz Friedrich Karl, das vierte, sechste, achte und, zehnte gegen den Kronprinzen) durch sehr bedeutende Verluste, die, nicht zu hoch angeschlagen, sich auf 30.000 Mann berechne», und dazu infolge des steten Zurückgehens auf ein sehr geringes Maß moralischer Kraft und bedeutend an Zahl reducirt hatten. Der Ausgang des Feldzuges war jetzt zweifellos, deshalb konnte niemand erwarten, daß die Oestreicher in dieser Lage sofort durch eine allgemeine Schlacht die volle Entscheidung suchen würden, wie sie dennoch am anderen Tage thaten, — Stimmungen in Hessen-Darmstadt. .Kein Staat, der gegen Preußen unter Waffen gestanden — so hört man oft genug behaupten — hat ungünstigere Friedensbedingungen erfahren müssen als das Großherzogthum Hessen. Es behielt weder seine Integrität, wie Sachsen, uoch seine Freiheit vom norddeutschen Bund, wie die übrigen süddeutschen Staaten. Es hat ^.Herrschaft Jeder, das sogenannte Hinterland und noch nnigc andere Gebietsteile gegen sehr ungenügenden Ersatz an Preußen abge¬ treten und trat mit seinen gesammten rechtsmainischen Landen, der Provinz Oberhessen, fricdensschlußmäßig jenem Bunde bei. Kriegsentschädigung mußte es zudem zahlen, wie alle andern. Dabei ist Mainz preußische Festung ge- worden. Post- und Telegraphenwesc» im ganzen Land an Preußen übergegangen und bezüglich ihrer sollen die nichtbündischen Provinzen Starkenburg und Rhein- Hessen in dasselbe Verhältniß treten, welches für Oberhessen auf Grund der im norddeutschen Bunde geltenden Einrichtungen stattfinden wird. Man sieht sogleich, welche Fülle neuer staatsrechtlicher Gestaltungen hier

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/327>, abgerufen am 04.05.2024.