Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.Noch einmal aus Herzog Adolphs Tagen. (Schluß zu voriger Nummer.) Wir berichteten neulich über eine Reihe von Vorgängen, welche für den Nachdem der bewaffnete Angriff abgeschlagen war" folgte eine juristisch¬ Noch einmal aus Herzog Adolphs Tagen. (Schluß zu voriger Nummer.) Wir berichteten neulich über eine Reihe von Vorgängen, welche für den Nachdem der bewaffnete Angriff abgeschlagen war» folgte eine juristisch¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0398" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286546"/> </div> <div n="1"> <head> Noch einmal aus Herzog Adolphs Tagen.<lb/> (Schluß zu voriger Nummer.) </head><lb/> <p xml:id="ID_1165"> Wir berichteten neulich über eine Reihe von Vorgängen, welche für den<lb/> Zustand Nassaus unter weiland Herzog Adolph charakteristisch sind. Zum Schluß<lb/> wurde der lcchnsteiner Affaire gedacht. Der Feldzug gegen die preußischen Ab¬<lb/> geordneten war es, dessen Lorbeeren der Abgeordnete Dr. sichert unter die von<lb/> Waterloo rangirt wissen wollte. Diese Aeußerung that er in öffentlicher Kammer<lb/> Sitzung. Niemand fand darin etwas Ungehöriges oder persönlich Verletzendes,<lb/> nicht einmal der dabei anwesende und in der Discusston allzeit schlagfertige<lb/> Chef des Kriegsdepartemcnts General v. Holbach, dem es doch zunächst und<lb/> zumeist oblag, die etwa angetastete militärische Ehre zu wahren. Anderer Mei¬<lb/> nung war der Herr Hauptmann Vogler. Er fand darin eine Beleidigung der<lb/> Offiziere, weiche in Lahnstein commandirt hatten. Als Cartelträger schickte er<lb/> einen Lieutenant, der ebenfalls betheiligt gewesen war, sich ebenso für beleidigt<lb/> erklärte und bei dem es daher begreiflich ist, daß er nicht diejenige Gemessenheit<lb/> beobachtete, die sein Auftrag erforderte. Der Abgesandte stellte dem Abgeord¬<lb/> neten die Alternative: „Abbitte oder Pistolenduell". Zu ersterer hatte er ein<lb/> schriftliches Formular bei sich. Im Falle des letzteren sollten eventuell weitere<lb/> Duelle mit allen übrigen Offizieren folgen, welche in Lahnstein gewesen waren.<lb/> Die Antwort des Dr. sichert konnte nicht zweifelhaft sein; besagtes Formular<lb/> möchten der Herr Lieutenant gefälligst in Wohldero Tasche behalten, zur Abbitte<lb/> habe er keinen Grund, auf Duell könne er sich schon deshalb nicht einlassen,<lb/> weil sonst jeder das Recht erhalte, einen Volksvertreter, der seine Pflicht erfülle,<lb/> deshalb zu einem „stillen Mann" zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1166" next="#ID_1167"> Nachdem der bewaffnete Angriff abgeschlagen war» folgte eine juristisch¬<lb/> diplomatische Campagne von längrer Dauer. sichert war Mitglied des „Casino",<lb/> einer dem geselligen Vergnügen gewidmeten Gesellschaft in Wiesbaden, welche<lb/> zu einem Drittel aus Offizieren, zu den andern zwei Dritteln aus Beamten,<lb/> Anwälten, Aerzten, Kaufleuten, Rentiers u. s. w. bestand. Aus Befehl des Her¬<lb/> zogs stellte eine Anzahl Offiziere den Antrag, den Dr. sichert aus dieser Ge¬<lb/> sellschaft auszustoßen, weil er in der Kammer den Hauptmann Vogler beleidigt<lb/> und die Duellsorderung desselben zurückgewiesen habe. Der Antrag siel durch,<lb/> als statutenwidrig. Darauf folgte ein Ofsiziersantrag auf Statutenänderung<lb/> aä toe mit rückwirkender Kraft, welcher mit Beihilfe der terrorisirten niederen<lb/> Beamten angenommen und von der Regierung trotz seiner juristischen Unmög-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0398]
Noch einmal aus Herzog Adolphs Tagen.
(Schluß zu voriger Nummer.)
Wir berichteten neulich über eine Reihe von Vorgängen, welche für den
Zustand Nassaus unter weiland Herzog Adolph charakteristisch sind. Zum Schluß
wurde der lcchnsteiner Affaire gedacht. Der Feldzug gegen die preußischen Ab¬
geordneten war es, dessen Lorbeeren der Abgeordnete Dr. sichert unter die von
Waterloo rangirt wissen wollte. Diese Aeußerung that er in öffentlicher Kammer
Sitzung. Niemand fand darin etwas Ungehöriges oder persönlich Verletzendes,
nicht einmal der dabei anwesende und in der Discusston allzeit schlagfertige
Chef des Kriegsdepartemcnts General v. Holbach, dem es doch zunächst und
zumeist oblag, die etwa angetastete militärische Ehre zu wahren. Anderer Mei¬
nung war der Herr Hauptmann Vogler. Er fand darin eine Beleidigung der
Offiziere, weiche in Lahnstein commandirt hatten. Als Cartelträger schickte er
einen Lieutenant, der ebenfalls betheiligt gewesen war, sich ebenso für beleidigt
erklärte und bei dem es daher begreiflich ist, daß er nicht diejenige Gemessenheit
beobachtete, die sein Auftrag erforderte. Der Abgesandte stellte dem Abgeord¬
neten die Alternative: „Abbitte oder Pistolenduell". Zu ersterer hatte er ein
schriftliches Formular bei sich. Im Falle des letzteren sollten eventuell weitere
Duelle mit allen übrigen Offizieren folgen, welche in Lahnstein gewesen waren.
Die Antwort des Dr. sichert konnte nicht zweifelhaft sein; besagtes Formular
möchten der Herr Lieutenant gefälligst in Wohldero Tasche behalten, zur Abbitte
habe er keinen Grund, auf Duell könne er sich schon deshalb nicht einlassen,
weil sonst jeder das Recht erhalte, einen Volksvertreter, der seine Pflicht erfülle,
deshalb zu einem „stillen Mann" zu machen.
Nachdem der bewaffnete Angriff abgeschlagen war» folgte eine juristisch¬
diplomatische Campagne von längrer Dauer. sichert war Mitglied des „Casino",
einer dem geselligen Vergnügen gewidmeten Gesellschaft in Wiesbaden, welche
zu einem Drittel aus Offizieren, zu den andern zwei Dritteln aus Beamten,
Anwälten, Aerzten, Kaufleuten, Rentiers u. s. w. bestand. Aus Befehl des Her¬
zogs stellte eine Anzahl Offiziere den Antrag, den Dr. sichert aus dieser Ge¬
sellschaft auszustoßen, weil er in der Kammer den Hauptmann Vogler beleidigt
und die Duellsorderung desselben zurückgewiesen habe. Der Antrag siel durch,
als statutenwidrig. Darauf folgte ein Ofsiziersantrag auf Statutenänderung
aä toe mit rückwirkender Kraft, welcher mit Beihilfe der terrorisirten niederen
Beamten angenommen und von der Regierung trotz seiner juristischen Unmög-
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