Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.lichkeit und trotzt des daraus folgenden Eingriffs in wohlerworbene Privat- und Bemerkenswert!) ist diese an sich höchst kleinliche Affaire nur dadurch, daß So oft im Casino vosirt wurde, mußten sich die Offiziere in einem beson¬ 47"
lichkeit und trotzt des daraus folgenden Eingriffs in wohlerworbene Privat- und Bemerkenswert!) ist diese an sich höchst kleinliche Affaire nur dadurch, daß So oft im Casino vosirt wurde, mußten sich die Offiziere in einem beson¬ 47»
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0399" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286547"/> <p xml:id="ID_1167" prev="#ID_1166"> lichkeit und trotzt des daraus folgenden Eingriffs in wohlerworbene Privat- und<lb/> Vermögensrechte des bedroheten Gesellschafters als neues Cvrporationsstatut<lb/> mit retrospectiver Gewalt feierlich sanctionirt wurde. Dann abermals ein<lb/> Offiziersantrag auf Ausschließung, und so fort mit Grazie in iiröiüwm. Es<lb/> wäre zu langweilig, alle die einzelnen Schachzüge und Gegenzüge dieser Kräh«<lb/> winkelet zu erzählen. Kurz gesagt, endigte die Sache damit, daß die Offiziere<lb/> ihre Absicht der Ausschließung nicht durchsetzten, Dr. sichert in der Gesellschaft<lb/> blieb und nun die Offiziere, Hofdiener u. s. w. ihrerseits ip eorxoi-s auftraten.<lb/> Die Geschichte hatte drei Vierteljahre lang gespielt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1168"> Bemerkenswert!) ist diese an sich höchst kleinliche Affaire nur dadurch, daß<lb/> sämmtliche Ofsiziersanträge, wie versichert wird, theils mit Genehmigung, theils<lb/> auf gusdrücklichen Befehl des Herzogs gestellt wurden. Sogar während der<lb/> letztere in Gräfenberg war, wo er eine priesnitzsche Kaltwasserkur brauchte, und<lb/> während schon die dunkeln Wolken des Kriegs sich immer drohender zusammen¬<lb/> ballten, dirigirte er nych in dieser Sache. Von Gräfenberg gelangten auf tele¬<lb/> graphischem Wege die zu stellenden Anträge nach Wiesbaden. Sogar die Offi¬<lb/> ziere und Militärärzte wurden einzeln und namentlich bezeichnet, welche den<lb/> jeweils zu stellenden Antrag zu unterschreiben hatten. Sie waren mit äußerster<lb/> Sorgfalt und Umsicht ausgewählt aus den Reihen derjenigen, welche man<lb/> Punkto particularistischer, lcgitimistischer, klerikaler, östreichischer Gesinnung.nicht<lb/> für völlig correct und capitclfest hielt. Man stellte ihnen die Wahl, entweder<lb/> sich zu compromittiren, oder gegenüber dem Hofe sich eine Blöße zu geben.<lb/> Sie gehorchten dem Befehle des Herren, machten aber durchaus kein Hehl daraus,<lb/> wie sehr sie das Treiben der voglerschen Clique mißbilligten, welche dqs Offi-<lb/> ziercorps terrorisirte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1169" next="#ID_1170"> So oft im Casino vosirt wurde, mußten sich die Offiziere in einem beson¬<lb/> dern Zimmer sammeln und dann on masss an den Stimmtisch marschiren, wo<lb/> die Vertrauensmänner sich zusammendrängten und darüber wachten, daß keine<lb/> Stimme verloren ging. Und doch ging der Feldzug verloren! Solche An¬<lb/> forderungen waren die mißliche Kehrseite der hohen Gnade, welche den Offizieren<lb/> Widerfuhr. Dafür war freilich aber auch der Dienst recht leicht und bequem.<lb/> Von der unausgesetzten Arbeit des preußischen Offiziers, von dem zum Avance¬<lb/> ment unentbehrlichen Studium, das ihn an sein Zimmer fesselt und ihm Ent¬<lb/> behrungen auferlegt, die namentlich in der Jugend nur schwer zu ertragen<lb/> wären, wenn nicht das eiserne Pflicht- und Selbstgefühl, der Ehrgeiz und die<lb/> Vaterlandsliebe ^ein Gegengewicht böten — davon wußte man in der nassauischen<lb/> Armee nicht allzu viel. Hofbälle, Kursaal, Promenaden, Spielsäle und die da«<lb/> , Me verbundnen Ergötzlichkeiten der Kurstadt Wiesbaden boten auch gear zu viele<lb/> Anziehung«- oder Abziehungspunkte, gegen welche der kategorische Imperativ<lb/> der kriegerischen Pflicht schweren Stand hatte. Dabei bildete die prätendirte</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 47»</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0399]
lichkeit und trotzt des daraus folgenden Eingriffs in wohlerworbene Privat- und
Vermögensrechte des bedroheten Gesellschafters als neues Cvrporationsstatut
mit retrospectiver Gewalt feierlich sanctionirt wurde. Dann abermals ein
Offiziersantrag auf Ausschließung, und so fort mit Grazie in iiröiüwm. Es
wäre zu langweilig, alle die einzelnen Schachzüge und Gegenzüge dieser Kräh«
winkelet zu erzählen. Kurz gesagt, endigte die Sache damit, daß die Offiziere
ihre Absicht der Ausschließung nicht durchsetzten, Dr. sichert in der Gesellschaft
blieb und nun die Offiziere, Hofdiener u. s. w. ihrerseits ip eorxoi-s auftraten.
Die Geschichte hatte drei Vierteljahre lang gespielt.
Bemerkenswert!) ist diese an sich höchst kleinliche Affaire nur dadurch, daß
sämmtliche Ofsiziersanträge, wie versichert wird, theils mit Genehmigung, theils
auf gusdrücklichen Befehl des Herzogs gestellt wurden. Sogar während der
letztere in Gräfenberg war, wo er eine priesnitzsche Kaltwasserkur brauchte, und
während schon die dunkeln Wolken des Kriegs sich immer drohender zusammen¬
ballten, dirigirte er nych in dieser Sache. Von Gräfenberg gelangten auf tele¬
graphischem Wege die zu stellenden Anträge nach Wiesbaden. Sogar die Offi¬
ziere und Militärärzte wurden einzeln und namentlich bezeichnet, welche den
jeweils zu stellenden Antrag zu unterschreiben hatten. Sie waren mit äußerster
Sorgfalt und Umsicht ausgewählt aus den Reihen derjenigen, welche man
Punkto particularistischer, lcgitimistischer, klerikaler, östreichischer Gesinnung.nicht
für völlig correct und capitclfest hielt. Man stellte ihnen die Wahl, entweder
sich zu compromittiren, oder gegenüber dem Hofe sich eine Blöße zu geben.
Sie gehorchten dem Befehle des Herren, machten aber durchaus kein Hehl daraus,
wie sehr sie das Treiben der voglerschen Clique mißbilligten, welche dqs Offi-
ziercorps terrorisirte.
So oft im Casino vosirt wurde, mußten sich die Offiziere in einem beson¬
dern Zimmer sammeln und dann on masss an den Stimmtisch marschiren, wo
die Vertrauensmänner sich zusammendrängten und darüber wachten, daß keine
Stimme verloren ging. Und doch ging der Feldzug verloren! Solche An¬
forderungen waren die mißliche Kehrseite der hohen Gnade, welche den Offizieren
Widerfuhr. Dafür war freilich aber auch der Dienst recht leicht und bequem.
Von der unausgesetzten Arbeit des preußischen Offiziers, von dem zum Avance¬
ment unentbehrlichen Studium, das ihn an sein Zimmer fesselt und ihm Ent¬
behrungen auferlegt, die namentlich in der Jugend nur schwer zu ertragen
wären, wenn nicht das eiserne Pflicht- und Selbstgefühl, der Ehrgeiz und die
Vaterlandsliebe ^ein Gegengewicht böten — davon wußte man in der nassauischen
Armee nicht allzu viel. Hofbälle, Kursaal, Promenaden, Spielsäle und die da«
, Me verbundnen Ergötzlichkeiten der Kurstadt Wiesbaden boten auch gear zu viele
Anziehung«- oder Abziehungspunkte, gegen welche der kategorische Imperativ
der kriegerischen Pflicht schweren Stand hatte. Dabei bildete die prätendirte
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