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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Conferenz und Landtag.

Sehr hoffnungsreich für friedliche Beendigung des luxemburger Geschäfts
sprechen die ersten Nachrichten aus der londoner Conferenz und in Deutschland
votirt ein Landtag nach dem andern die Annahme der norddeutschen Bundes¬
verfassung. Auch im preußischen Abgeordnetenhaus berechnet man bereits die
Größe der zu erwartenden Majorität.

Es sieht also zur Zeit gut aus für Frieden und den neuen Bundesstaat
Deutschland. Nur leider daß die französischen Rüstuugeii vorsichtig, aber mit
unverminderter Energie fortgesetzt werden und daß die unvermeidlichen und
unentbehrlichen Verträge des Bundes mit den Südstaaten der Begutachtung
durch Oestreich und Frankreich in einer Weise unterliegen, welche diesen Staaten
gestattet, sich den Moment gegen uns zu wählen.

Das sind die Schwierigkeiten unserer Lage. Durch Beseitigung des
Zwischenfalls Luxemburg werden grade die Kriegsgefahren nicht aus dem Wege
geräumt, welche aus der Eisersucht Frankreichs und Oestreichs erwachsen, und
wir Deutsche sind bei Ordnung unserer innern Angelegenheiten noch lange so
gestellt, daß wir immer aufs neue diese Eifersucht gegen uns aufreizen werden.

Dies mahnt zur Vorsicht. Wir dürfen annehmen, daß die preußische Re¬
gierung den Ernst unserer Lage nicht unterschätzt und daß die sichere Ruhe,
welche in dem Kriegsministerium zu Berlin waltet, und die Sorgfalt. womit
man sich dort aller sichtbaren Vorbereitungen enthält, nicht aus einer Unter-
schätzung der drohenden Gefahr resultirt. Die glänzenden militärischen Erfolge,
welche Preußen im vorigen Jahre erfocht, hatten in politischer Beziehung einige
Aehnlichkeit mit dem französisch-östreichischen Kriege, welcher das Königreich
Italien schuf. Hier wie dort zwei glänzende Siege, denn die Gefechte des
fünften Armeecorps und der ersten Armee hatten fast größeres Resultat als die
Schlacht bei Magenta, und Königgrätz entschied mehr, als Solserino. Aber


Grenjbotm II. 1867. 31
Conferenz und Landtag.

Sehr hoffnungsreich für friedliche Beendigung des luxemburger Geschäfts
sprechen die ersten Nachrichten aus der londoner Conferenz und in Deutschland
votirt ein Landtag nach dem andern die Annahme der norddeutschen Bundes¬
verfassung. Auch im preußischen Abgeordnetenhaus berechnet man bereits die
Größe der zu erwartenden Majorität.

Es sieht also zur Zeit gut aus für Frieden und den neuen Bundesstaat
Deutschland. Nur leider daß die französischen Rüstuugeii vorsichtig, aber mit
unverminderter Energie fortgesetzt werden und daß die unvermeidlichen und
unentbehrlichen Verträge des Bundes mit den Südstaaten der Begutachtung
durch Oestreich und Frankreich in einer Weise unterliegen, welche diesen Staaten
gestattet, sich den Moment gegen uns zu wählen.

Das sind die Schwierigkeiten unserer Lage. Durch Beseitigung des
Zwischenfalls Luxemburg werden grade die Kriegsgefahren nicht aus dem Wege
geräumt, welche aus der Eisersucht Frankreichs und Oestreichs erwachsen, und
wir Deutsche sind bei Ordnung unserer innern Angelegenheiten noch lange so
gestellt, daß wir immer aufs neue diese Eifersucht gegen uns aufreizen werden.

Dies mahnt zur Vorsicht. Wir dürfen annehmen, daß die preußische Re¬
gierung den Ernst unserer Lage nicht unterschätzt und daß die sichere Ruhe,
welche in dem Kriegsministerium zu Berlin waltet, und die Sorgfalt. womit
man sich dort aller sichtbaren Vorbereitungen enthält, nicht aus einer Unter-
schätzung der drohenden Gefahr resultirt. Die glänzenden militärischen Erfolge,
welche Preußen im vorigen Jahre erfocht, hatten in politischer Beziehung einige
Aehnlichkeit mit dem französisch-östreichischen Kriege, welcher das Königreich
Italien schuf. Hier wie dort zwei glänzende Siege, denn die Gefechte des
fünften Armeecorps und der ersten Armee hatten fast größeres Resultat als die
Schlacht bei Magenta, und Königgrätz entschied mehr, als Solserino. Aber


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[0245] Conferenz und Landtag. Sehr hoffnungsreich für friedliche Beendigung des luxemburger Geschäfts sprechen die ersten Nachrichten aus der londoner Conferenz und in Deutschland votirt ein Landtag nach dem andern die Annahme der norddeutschen Bundes¬ verfassung. Auch im preußischen Abgeordnetenhaus berechnet man bereits die Größe der zu erwartenden Majorität. Es sieht also zur Zeit gut aus für Frieden und den neuen Bundesstaat Deutschland. Nur leider daß die französischen Rüstuugeii vorsichtig, aber mit unverminderter Energie fortgesetzt werden und daß die unvermeidlichen und unentbehrlichen Verträge des Bundes mit den Südstaaten der Begutachtung durch Oestreich und Frankreich in einer Weise unterliegen, welche diesen Staaten gestattet, sich den Moment gegen uns zu wählen. Das sind die Schwierigkeiten unserer Lage. Durch Beseitigung des Zwischenfalls Luxemburg werden grade die Kriegsgefahren nicht aus dem Wege geräumt, welche aus der Eisersucht Frankreichs und Oestreichs erwachsen, und wir Deutsche sind bei Ordnung unserer innern Angelegenheiten noch lange so gestellt, daß wir immer aufs neue diese Eifersucht gegen uns aufreizen werden. Dies mahnt zur Vorsicht. Wir dürfen annehmen, daß die preußische Re¬ gierung den Ernst unserer Lage nicht unterschätzt und daß die sichere Ruhe, welche in dem Kriegsministerium zu Berlin waltet, und die Sorgfalt. womit man sich dort aller sichtbaren Vorbereitungen enthält, nicht aus einer Unter- schätzung der drohenden Gefahr resultirt. Die glänzenden militärischen Erfolge, welche Preußen im vorigen Jahre erfocht, hatten in politischer Beziehung einige Aehnlichkeit mit dem französisch-östreichischen Kriege, welcher das Königreich Italien schuf. Hier wie dort zwei glänzende Siege, denn die Gefechte des fünften Armeecorps und der ersten Armee hatten fast größeres Resultat als die Schlacht bei Magenta, und Königgrätz entschied mehr, als Solserino. Aber Grenjbotm II. 1867. 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/245>, abgerufen am 05.05.2024.