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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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gemeinen sind sie aber ebenso gut, wie die Gerichte vieler anderer halbcivüisirter
Staaten. Hätte man nun ähnliche Gerichtshöfe für die Jmmobiliarstreitigkeiten
eingesetzt und für dieselben eine besondere Gesetzgebung erlassen, so würde man
dagegen nichts einwenden können. Die Kompetenz der geistlichen Gerichte da¬
gegen und die Anwendung des Scheriats ist ein Unding, das die fremden Re¬
gierungen unmöglich anerkennen können. Diese Gerichtsbarkeit bewirkt in der
That keineswegs die in dem neuen Gesetz als Hauptmotiv angegebene Gleich¬
stellung der Fremden mit den türkischen Unterthanen, sondern sanctionirt die
rechtliche Ungleichheit, in die die Natur des geistlichen Rechts die Fremden
versetzt.

Dies sind die Bedenken, welche das neue Gesetz hervorruft. Sie beweisen,
daß die Principien, von denen die Reform ausgeht, im allgemeinen richtig sind.
Die Letztere bewirkt nur, das? andere Gebrechen, die schon jetzt vorhanden und
fühlbar sind, noch mehr an den Tag treten. Wie in vielen anderen Fällen,
zeigt sich auch hier die Erscheinung, dah es mit einer Reform nicht abgemacht
ist, sondern daß die Verbesserung eines Institutes sofort die Verbesserung einer
Reihe damit im Zusammenhange stehender Institute nothwendig macht.




Ein Wort über den "Allgemeinen deutschen (Lassalleschen)
Arbeiter-Verein."

Der beträchtliche Stimmenzuwachs, den der "Allgemeine deutsche Arbeiter-
Verein" seit dem Frühjahr gewonnen und der ihm ermöglicht hat, mehrere Ab¬
geordnete (wie z. B. sür Elberfeld-Barmer den Herrn I. B. von Schweitzer
und für Lennep-Meldunum den Herrn Dr. irrvä. Reineke) in den Reichstag des
norddeutschen Bundes zusenden, läßt sich durch innerliche und äußerliche Gründe
erklären. Wochenlang andauernder Aufenthalt des Herrn von sa'weitzer in
dem betreffenden Wahlkreis, sein persönliches Auftreten in allen Arbeiterver¬
sammlungen, die Möglichkeit ununterbrochener Communication mit seinen rüh¬
rigen und geschickten Agenten, und die Konsequenz, mit welcher er in allen
Wahlen dieses Jahres unabänderlich der Kandidat derselben Partei war.
wodurch sein Name fast instinctiv das Losungswort der Arbeiter wurde, alles


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gemeinen sind sie aber ebenso gut, wie die Gerichte vieler anderer halbcivüisirter
Staaten. Hätte man nun ähnliche Gerichtshöfe für die Jmmobiliarstreitigkeiten
eingesetzt und für dieselben eine besondere Gesetzgebung erlassen, so würde man
dagegen nichts einwenden können. Die Kompetenz der geistlichen Gerichte da¬
gegen und die Anwendung des Scheriats ist ein Unding, das die fremden Re¬
gierungen unmöglich anerkennen können. Diese Gerichtsbarkeit bewirkt in der
That keineswegs die in dem neuen Gesetz als Hauptmotiv angegebene Gleich¬
stellung der Fremden mit den türkischen Unterthanen, sondern sanctionirt die
rechtliche Ungleichheit, in die die Natur des geistlichen Rechts die Fremden
versetzt.

Dies sind die Bedenken, welche das neue Gesetz hervorruft. Sie beweisen,
daß die Principien, von denen die Reform ausgeht, im allgemeinen richtig sind.
Die Letztere bewirkt nur, das? andere Gebrechen, die schon jetzt vorhanden und
fühlbar sind, noch mehr an den Tag treten. Wie in vielen anderen Fällen,
zeigt sich auch hier die Erscheinung, dah es mit einer Reform nicht abgemacht
ist, sondern daß die Verbesserung eines Institutes sofort die Verbesserung einer
Reihe damit im Zusammenhange stehender Institute nothwendig macht.




Ein Wort über den „Allgemeinen deutschen (Lassalleschen)
Arbeiter-Verein."

Der beträchtliche Stimmenzuwachs, den der „Allgemeine deutsche Arbeiter-
Verein" seit dem Frühjahr gewonnen und der ihm ermöglicht hat, mehrere Ab¬
geordnete (wie z. B. sür Elberfeld-Barmer den Herrn I. B. von Schweitzer
und für Lennep-Meldunum den Herrn Dr. irrvä. Reineke) in den Reichstag des
norddeutschen Bundes zusenden, läßt sich durch innerliche und äußerliche Gründe
erklären. Wochenlang andauernder Aufenthalt des Herrn von sa'weitzer in
dem betreffenden Wahlkreis, sein persönliches Auftreten in allen Arbeiterver¬
sammlungen, die Möglichkeit ununterbrochener Communication mit seinen rüh¬
rigen und geschickten Agenten, und die Konsequenz, mit welcher er in allen
Wahlen dieses Jahres unabänderlich der Kandidat derselben Partei war.
wodurch sein Name fast instinctiv das Losungswort der Arbeiter wurde, alles


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/141>, abgerufen am 26.04.2024.