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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Gewichtvertheiler, welche im Namen des europäischen Acquilibriums Italiener
und Deutsche Jahrzehnte lang daran verhinderten, ihr natürliches Gewicht in
die Wagschale zu werfen, -- für alle Zukunft uns und anderen fern zu halten.
Zu gewinnen hat Deutschland von dem Zustandekommen eines europäischen
Congresses schlechterdings nichts, wohl aber zu verlieren, und der einfache Grund,
daß dieser Schiedsrichter weder von Rom noch von Italien angerufen worden
ist, um zwischen ihnen zu entscheiden, ist für Deutschland durchaus genügend,
die französische Einladung auszuschlagen.

Wir können darum nur wünschen, daß die neuerdings aufgetauchte Mit¬
theilung sich bewahrheite, nach welcher Preußen seine Theilnahme von der Zu¬
stimmung des Papstes zur Einberufung des europäischen Gerichtshofes ab¬
hängig gemacht hat; diese wird unter den gegebenen Verhältnissen schwerlich
erfolgen, denn wie erwähnt, hat der Papst von den übrigen europäischen
Staaten sehr viel weniger für sich zu hoffen, wie von dem französischen. Frank¬
reichs Regierung hat mit den liberalen Ideen der Zeit nicht nur dadurch ge¬
brochen, daß es für den Papst gegen die Italiener eintrat, -- sein Vorschlag,
die inneren italienischen Schwierigkeiten durch einen Kongreß zu lösen, ist noch
sehr viel reactionärer als die Absendung französischer Soldaten zum Schutz des
Papstes. Preuße", der zu der Führung des neuen Europa berufene Staat,
muß sein Verständniß für die Forderungen und Bedürfnisse der Neuzeit auch
dadurch bekunden, daß es jede Theilnahme an einer Anstalt zur Einmischung
in die inneren Angelegenheiten eines nach Unabhängigkeit strebenden Volkes
ablehnt.




Historische Literatur.
Griechische Geschichte von Ernst Curtius. Dritter Band. Bis zum Ende
der Selbständigkeit Griechenlands. Berlin, Weidmann'sche Buchhandlung, 1867.

Indem wir uns auf die in diesen Blättern früher gegebenen Anzeigen der bei¬
den ersten Bände von E. Curtius' griechischer Geschichte beziehen, können wir uns
damit begnügen, der willkommenen Nachricht von dem Erscheinen des dritten Bandes
wenige kurze Bemerkungen hinzuzufügen. Derselbe theilt die Vorzüge, welche an dem
ersten und zweiten Bande zu rühmen waren; ja es will uns bedünken, als ob die
historische Kunst des Verfassers im Verfolge seiner Aufgabe sich merklich geläutert


Gewichtvertheiler, welche im Namen des europäischen Acquilibriums Italiener
und Deutsche Jahrzehnte lang daran verhinderten, ihr natürliches Gewicht in
die Wagschale zu werfen, — für alle Zukunft uns und anderen fern zu halten.
Zu gewinnen hat Deutschland von dem Zustandekommen eines europäischen
Congresses schlechterdings nichts, wohl aber zu verlieren, und der einfache Grund,
daß dieser Schiedsrichter weder von Rom noch von Italien angerufen worden
ist, um zwischen ihnen zu entscheiden, ist für Deutschland durchaus genügend,
die französische Einladung auszuschlagen.

Wir können darum nur wünschen, daß die neuerdings aufgetauchte Mit¬
theilung sich bewahrheite, nach welcher Preußen seine Theilnahme von der Zu¬
stimmung des Papstes zur Einberufung des europäischen Gerichtshofes ab¬
hängig gemacht hat; diese wird unter den gegebenen Verhältnissen schwerlich
erfolgen, denn wie erwähnt, hat der Papst von den übrigen europäischen
Staaten sehr viel weniger für sich zu hoffen, wie von dem französischen. Frank¬
reichs Regierung hat mit den liberalen Ideen der Zeit nicht nur dadurch ge¬
brochen, daß es für den Papst gegen die Italiener eintrat, — sein Vorschlag,
die inneren italienischen Schwierigkeiten durch einen Kongreß zu lösen, ist noch
sehr viel reactionärer als die Absendung französischer Soldaten zum Schutz des
Papstes. Preuße», der zu der Führung des neuen Europa berufene Staat,
muß sein Verständniß für die Forderungen und Bedürfnisse der Neuzeit auch
dadurch bekunden, daß es jede Theilnahme an einer Anstalt zur Einmischung
in die inneren Angelegenheiten eines nach Unabhängigkeit strebenden Volkes
ablehnt.




Historische Literatur.
Griechische Geschichte von Ernst Curtius. Dritter Band. Bis zum Ende
der Selbständigkeit Griechenlands. Berlin, Weidmann'sche Buchhandlung, 1867.

Indem wir uns auf die in diesen Blättern früher gegebenen Anzeigen der bei¬
den ersten Bände von E. Curtius' griechischer Geschichte beziehen, können wir uns
damit begnügen, der willkommenen Nachricht von dem Erscheinen des dritten Bandes
wenige kurze Bemerkungen hinzuzufügen. Derselbe theilt die Vorzüge, welche an dem
ersten und zweiten Bande zu rühmen waren; ja es will uns bedünken, als ob die
historische Kunst des Verfassers im Verfolge seiner Aufgabe sich merklich geläutert


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[0325] Gewichtvertheiler, welche im Namen des europäischen Acquilibriums Italiener und Deutsche Jahrzehnte lang daran verhinderten, ihr natürliches Gewicht in die Wagschale zu werfen, — für alle Zukunft uns und anderen fern zu halten. Zu gewinnen hat Deutschland von dem Zustandekommen eines europäischen Congresses schlechterdings nichts, wohl aber zu verlieren, und der einfache Grund, daß dieser Schiedsrichter weder von Rom noch von Italien angerufen worden ist, um zwischen ihnen zu entscheiden, ist für Deutschland durchaus genügend, die französische Einladung auszuschlagen. Wir können darum nur wünschen, daß die neuerdings aufgetauchte Mit¬ theilung sich bewahrheite, nach welcher Preußen seine Theilnahme von der Zu¬ stimmung des Papstes zur Einberufung des europäischen Gerichtshofes ab¬ hängig gemacht hat; diese wird unter den gegebenen Verhältnissen schwerlich erfolgen, denn wie erwähnt, hat der Papst von den übrigen europäischen Staaten sehr viel weniger für sich zu hoffen, wie von dem französischen. Frank¬ reichs Regierung hat mit den liberalen Ideen der Zeit nicht nur dadurch ge¬ brochen, daß es für den Papst gegen die Italiener eintrat, — sein Vorschlag, die inneren italienischen Schwierigkeiten durch einen Kongreß zu lösen, ist noch sehr viel reactionärer als die Absendung französischer Soldaten zum Schutz des Papstes. Preuße», der zu der Führung des neuen Europa berufene Staat, muß sein Verständniß für die Forderungen und Bedürfnisse der Neuzeit auch dadurch bekunden, daß es jede Theilnahme an einer Anstalt zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines nach Unabhängigkeit strebenden Volkes ablehnt. Historische Literatur. Griechische Geschichte von Ernst Curtius. Dritter Band. Bis zum Ende der Selbständigkeit Griechenlands. Berlin, Weidmann'sche Buchhandlung, 1867. Indem wir uns auf die in diesen Blättern früher gegebenen Anzeigen der bei¬ den ersten Bände von E. Curtius' griechischer Geschichte beziehen, können wir uns damit begnügen, der willkommenen Nachricht von dem Erscheinen des dritten Bandes wenige kurze Bemerkungen hinzuzufügen. Derselbe theilt die Vorzüge, welche an dem ersten und zweiten Bande zu rühmen waren; ja es will uns bedünken, als ob die historische Kunst des Verfassers im Verfolge seiner Aufgabe sich merklich geläutert

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/325>, abgerufen am 26.04.2024.