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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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gedungen ihre Parole, ihr Wahlprogramm ausgegeben. Andrerseits hat die
Volkspartei ihre Abdication ausgesprochen in dem Beschluß, sich der Wahlen
zum Zollparlament zu enthalten. Selbst der Hilferuf der Fraction Bebel
und Schraps um Succurs aus dem Süden hat die unbeugsamen Catone
am Nesenbach nicht zu rühren vermocht. Im nächsten Brief hoffe ich berichten
zu können, daß die dritte Partei, die deutsche, inzwischen nicht müßig g?-
wesen ist.




Omw Mopp's neueste Brochüre.

Die preußische Politik des Friedericianismus nach Friedrich II. Von Ouro Klopp.
Schaffhausen, Hurter 1867.

Die genannte Flugschrift, ein besonders abgedrucktes Stück aus der 2.
Auflage des Buches desselben Verfassers über Friedrich den Großen, ist außer¬
halb der partikularistischen Kreise wenig beachtet worden. Ein Hinweis auf
dieselbe dürfte nichtsdestoweniger schon durch die Rücksicht gerechtfertigt er-
scheinen, welche wir dem künftigen Geschichtschreiber unserer Zeit schulden.
Demselben muß Gelegenheit geboten werden, davon Notiz zu nehmen, bis
zu welchem Wahnwitz in der Beurtheilung der Geschichte böswilliger Fana¬
tismus einen gescheiten und wohlunterrichteten Mann im Jahre 1867 hat
treiben können.

Schon die Einleitung ist in dieser Beziehung höchst charakteristisch: Der
norddeutsche Bund wird ein "Hohn auf das wahre föderative Princip" ge¬
nannt, in welchem allein das Heil Deutschlands zu suchen sei. Der Name
Deutschland -- heißt es weiter -- sei nur noch in dem Sinne giltig, wie der
Name Polen; wie vom Staate der Hohenzollern der Gedanke der Theilung
Polens ausgegangen sei, so habe derselbe Staat auch Deutschland zerschlagen.
In diesem Staate sei der Zweck des menschlichen Daseins nur noch der, als
Material zu dienen für den Molochdienst von Blut und Eisen u. s. w.

Der Aufsatz gibt sodann eine Geschichte des perfiden und gewaltthätigen
Raubstaats, zu welchem Preußen seit Friedrich II. geworden. "Eroberer",
so heißt es in Bezug auf den großen König, "waren nicht selten Bahn¬
brecher einer höheren geistigen Cultur. Aber hier wird die Abneigung gegen
dieses furchtbare System der Jmmoralität nicht gemildert durch den Anblick
einer höheren Entwickelung irgend einer Seite des menschlichen Culturlebens" (!).
In- der Schilderung der Zeit nach Friedrich wird überall die östreichische
Politik verherrlicht, alles Unheil Deutschlands dagegen auf das "unzuverlässige,


gedungen ihre Parole, ihr Wahlprogramm ausgegeben. Andrerseits hat die
Volkspartei ihre Abdication ausgesprochen in dem Beschluß, sich der Wahlen
zum Zollparlament zu enthalten. Selbst der Hilferuf der Fraction Bebel
und Schraps um Succurs aus dem Süden hat die unbeugsamen Catone
am Nesenbach nicht zu rühren vermocht. Im nächsten Brief hoffe ich berichten
zu können, daß die dritte Partei, die deutsche, inzwischen nicht müßig g?-
wesen ist.




Omw Mopp's neueste Brochüre.

Die preußische Politik des Friedericianismus nach Friedrich II. Von Ouro Klopp.
Schaffhausen, Hurter 1867.

Die genannte Flugschrift, ein besonders abgedrucktes Stück aus der 2.
Auflage des Buches desselben Verfassers über Friedrich den Großen, ist außer¬
halb der partikularistischen Kreise wenig beachtet worden. Ein Hinweis auf
dieselbe dürfte nichtsdestoweniger schon durch die Rücksicht gerechtfertigt er-
scheinen, welche wir dem künftigen Geschichtschreiber unserer Zeit schulden.
Demselben muß Gelegenheit geboten werden, davon Notiz zu nehmen, bis
zu welchem Wahnwitz in der Beurtheilung der Geschichte böswilliger Fana¬
tismus einen gescheiten und wohlunterrichteten Mann im Jahre 1867 hat
treiben können.

Schon die Einleitung ist in dieser Beziehung höchst charakteristisch: Der
norddeutsche Bund wird ein „Hohn auf das wahre föderative Princip" ge¬
nannt, in welchem allein das Heil Deutschlands zu suchen sei. Der Name
Deutschland — heißt es weiter — sei nur noch in dem Sinne giltig, wie der
Name Polen; wie vom Staate der Hohenzollern der Gedanke der Theilung
Polens ausgegangen sei, so habe derselbe Staat auch Deutschland zerschlagen.
In diesem Staate sei der Zweck des menschlichen Daseins nur noch der, als
Material zu dienen für den Molochdienst von Blut und Eisen u. s. w.

Der Aufsatz gibt sodann eine Geschichte des perfiden und gewaltthätigen
Raubstaats, zu welchem Preußen seit Friedrich II. geworden. „Eroberer",
so heißt es in Bezug auf den großen König, „waren nicht selten Bahn¬
brecher einer höheren geistigen Cultur. Aber hier wird die Abneigung gegen
dieses furchtbare System der Jmmoralität nicht gemildert durch den Anblick
einer höheren Entwickelung irgend einer Seite des menschlichen Culturlebens" (!).
In- der Schilderung der Zeit nach Friedrich wird überall die östreichische
Politik verherrlicht, alles Unheil Deutschlands dagegen auf das „unzuverlässige,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/118>, abgerufen am 05.05.2024.