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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Er. dem eZ einst gefiel für unser Leid
Zu wandeln hier, der Rettung uns erwarb,
Der Herr der Demuth und Gerechtigkeit
Der unsrem Heil zu Lieb' des Todes starb,
Woll' auch den jungen Herrn von Engelland
Begnadigen, wie er selber gnadenreich:
Er laß ihn, würdigen Genossen gleich
Dort wohnen, wo nicht Schmerzen sind noch Jammer.

Franz Hüffer.


Der AusM der ungarischen Landtagswahlen.

K X aum eine andere in den letzten Jahrzehnten emporgekommene euro-
päische Nationalität hat sich in Deutschland und namentlich in Norddeutsch¬
land so lebhafter und rückhaltsloser Sympathien zu erfreuen gehabt wie die
ungarische. Schon die Bedeutung, welche die Sache des magyarischen Volks
für die Gestaltung der deutschen Dinge gehabthat, brachte mit sich, daß die
ungarischen Bestrebungen der letzten Jahre in Norddeutschland kräftige mora¬
lische Unterstützung fanden. Ungarn hatte das Verdienst gehabt, ein Pfahl
in dem trägen Fleisch des östreichischen Absolutismus gewesen zu sein. Ungarn
hatte die deutschen Aspirationen des Hauses Habsburg-Lothringen in Schach ge¬
halten und immer wieder daran erinnert, daß die ^U8tria tslix ihren Schwer¬
punkt im Osten zu suchen habe und mit ihrem Anspruch, die deutsche Gro߬
macht zu spielen, den eigenen Lebensgesetzen ebenso ins Gesicht schlage, wie
den deutschen.

Dieses traditionelle Wohlwollen Deutschlands und namentlich Nord-
deutschlands hat sich auch in schwierigen Proben bewährt. Als der Schmer-
ling'sche Constitutionalismus an dem "Nov possumus" Ungarns scheiterte
und dem feudalen entschieden arti-deutschen Dreigrafen - Ministerium Platz
machte, hat die nationale Presse Deutschlands kein Wort darüber verloren,
daß die neue, den Deutsch-Oestreichern bereitete Enttäuschung ihren Haupt¬
grund in der ablehnenden Haltung der Magyaren gehabt -- der Deal'sche
Standpunkt wurde vielmehr bis in seine letzten Consequenzen und ohne jede
Rücksicht auf seine Jnconvenienzen für das deutsche Element im Kaiserstaat
verfochten. Dasselbe geschah, als Ungarn im Sommer 18L7 seinen Frieden


Er. dem eZ einst gefiel für unser Leid
Zu wandeln hier, der Rettung uns erwarb,
Der Herr der Demuth und Gerechtigkeit
Der unsrem Heil zu Lieb' des Todes starb,
Woll' auch den jungen Herrn von Engelland
Begnadigen, wie er selber gnadenreich:
Er laß ihn, würdigen Genossen gleich
Dort wohnen, wo nicht Schmerzen sind noch Jammer.

Franz Hüffer.


Der AusM der ungarischen Landtagswahlen.

K X aum eine andere in den letzten Jahrzehnten emporgekommene euro-
päische Nationalität hat sich in Deutschland und namentlich in Norddeutsch¬
land so lebhafter und rückhaltsloser Sympathien zu erfreuen gehabt wie die
ungarische. Schon die Bedeutung, welche die Sache des magyarischen Volks
für die Gestaltung der deutschen Dinge gehabthat, brachte mit sich, daß die
ungarischen Bestrebungen der letzten Jahre in Norddeutschland kräftige mora¬
lische Unterstützung fanden. Ungarn hatte das Verdienst gehabt, ein Pfahl
in dem trägen Fleisch des östreichischen Absolutismus gewesen zu sein. Ungarn
hatte die deutschen Aspirationen des Hauses Habsburg-Lothringen in Schach ge¬
halten und immer wieder daran erinnert, daß die ^U8tria tslix ihren Schwer¬
punkt im Osten zu suchen habe und mit ihrem Anspruch, die deutsche Gro߬
macht zu spielen, den eigenen Lebensgesetzen ebenso ins Gesicht schlage, wie
den deutschen.

Dieses traditionelle Wohlwollen Deutschlands und namentlich Nord-
deutschlands hat sich auch in schwierigen Proben bewährt. Als der Schmer-
ling'sche Constitutionalismus an dem „Nov possumus" Ungarns scheiterte
und dem feudalen entschieden arti-deutschen Dreigrafen - Ministerium Platz
machte, hat die nationale Presse Deutschlands kein Wort darüber verloren,
daß die neue, den Deutsch-Oestreichern bereitete Enttäuschung ihren Haupt¬
grund in der ablehnenden Haltung der Magyaren gehabt — der Deal'sche
Standpunkt wurde vielmehr bis in seine letzten Consequenzen und ohne jede
Rücksicht auf seine Jnconvenienzen für das deutsche Element im Kaiserstaat
verfochten. Dasselbe geschah, als Ungarn im Sommer 18L7 seinen Frieden


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[0064] Er. dem eZ einst gefiel für unser Leid Zu wandeln hier, der Rettung uns erwarb, Der Herr der Demuth und Gerechtigkeit Der unsrem Heil zu Lieb' des Todes starb, Woll' auch den jungen Herrn von Engelland Begnadigen, wie er selber gnadenreich: Er laß ihn, würdigen Genossen gleich Dort wohnen, wo nicht Schmerzen sind noch Jammer. Franz Hüffer. Der AusM der ungarischen Landtagswahlen. K X aum eine andere in den letzten Jahrzehnten emporgekommene euro- päische Nationalität hat sich in Deutschland und namentlich in Norddeutsch¬ land so lebhafter und rückhaltsloser Sympathien zu erfreuen gehabt wie die ungarische. Schon die Bedeutung, welche die Sache des magyarischen Volks für die Gestaltung der deutschen Dinge gehabthat, brachte mit sich, daß die ungarischen Bestrebungen der letzten Jahre in Norddeutschland kräftige mora¬ lische Unterstützung fanden. Ungarn hatte das Verdienst gehabt, ein Pfahl in dem trägen Fleisch des östreichischen Absolutismus gewesen zu sein. Ungarn hatte die deutschen Aspirationen des Hauses Habsburg-Lothringen in Schach ge¬ halten und immer wieder daran erinnert, daß die ^U8tria tslix ihren Schwer¬ punkt im Osten zu suchen habe und mit ihrem Anspruch, die deutsche Gro߬ macht zu spielen, den eigenen Lebensgesetzen ebenso ins Gesicht schlage, wie den deutschen. Dieses traditionelle Wohlwollen Deutschlands und namentlich Nord- deutschlands hat sich auch in schwierigen Proben bewährt. Als der Schmer- ling'sche Constitutionalismus an dem „Nov possumus" Ungarns scheiterte und dem feudalen entschieden arti-deutschen Dreigrafen - Ministerium Platz machte, hat die nationale Presse Deutschlands kein Wort darüber verloren, daß die neue, den Deutsch-Oestreichern bereitete Enttäuschung ihren Haupt¬ grund in der ablehnenden Haltung der Magyaren gehabt — der Deal'sche Standpunkt wurde vielmehr bis in seine letzten Consequenzen und ohne jede Rücksicht auf seine Jnconvenienzen für das deutsche Element im Kaiserstaat verfochten. Dasselbe geschah, als Ungarn im Sommer 18L7 seinen Frieden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/64>, abgerufen am 04.05.2024.