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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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shire- und Lamashire-Leute." -- "Auch Yorkshirer?" -- "Nun, j--a, auch York-
shirer, wenn man auch sagt, daß sie ein Bischen sehr aufs Geld sind. Nur
die Welschen (Walliser), die Jrlcinder und die Juden kann ich nicht leiden;
sie haben so was Ausländerndes (toroigllöLrinK) *) an sich.


I. Gilden.


Statten und Oestreich.

Der östreichische Reichskanzler hat in seinem letzten Rothbuch nach der
Maxime: "Wer Vieles bringt wird Jedem Etwas bringen" auch Italien be¬
dacht ; und die Gratulationsdepesche an den kaiserlichen Gesandten in Florenz
Baron Kübeck, welche die neubefestigte Freundschaft der beiden Länder und
die Uebereinstimmung der beiden Regierungen in den auswärtigen Fragen
constatirte, hat nicht verfehlt, den bereits stark abgetragenen Gerüchten von
abgeschlossenen Allianzen frische Farbe zu geben. Die Aufmerksamkeit wurde
so wiederzurückgelenkt auf den lebhaften Verkehr, der im vergangenen Frühjahr
zwischen den beiden Höfen von Wien und Florenz bestand und von welchem
jene Gerüchte ihren eigentlichen Ausgangspunkt genommen hatten.

Es war nicht das erste Mal, daß eine Annäherung zwischen der Hofburg
und dem Palazzo Pitti gesucht worden ist, und der letzte Versuch hatte viele
Züge mit den früheren gemein. Der erste Schritt in dieser Richtung fiel
noch vor das Jahr 1866, in die Zeit der Krise nach dem Gasteiner Vertrag,
wo die östreichische Regierung, in Besorgniß um ihre Stellung in Deutsch¬
land, sich zum ersten Mal erweichen ließ, den strengen Bann zu brechen, in
welchem sie das junge Königreich bis dahin gehalten hatte. Man fürchtete
ein Bündniß Italiens mit Preußen und wies den Gedanken nicht ab, Venetien
mit guter Art los zu werden. Zu eigentlichen Verhandlungen kam es zwar
nicht: es blieb bei einer gegenseitigen Fühlung, deren Resultate auf die Er¬
eignisse des Kriegsjahres entscheidend eingewirkt haben. Als Emissair reiste
damals zwischen Wien und Florenz ein modenesischer Edelmann Graf Mala-
guzzi, ein diplomatischer Abenteurer, dem seine zahlreichen Verbindungen
bei beiden Höfen zur Empfehlung dienten. Seine Proposition an Victor
Emanuel, für welche er in Wien, das Terrain bereits vorbereitet zu haben
erklärte, bestand in einem Freundschaftsbündniß mit Oestreich, das die Ver¬
mählung des italienischen Kronprinzen mit einer östreichischen Erzherzogin



Das Wort ist nach der Analogie von xrlvatövriiig (Caperei treiben) gebildet.

shire- und Lamashire-Leute." — „Auch Yorkshirer?" — „Nun, j—a, auch York-
shirer, wenn man auch sagt, daß sie ein Bischen sehr aufs Geld sind. Nur
die Welschen (Walliser), die Jrlcinder und die Juden kann ich nicht leiden;
sie haben so was Ausländerndes (toroigllöLrinK) *) an sich.


I. Gilden.


Statten und Oestreich.

Der östreichische Reichskanzler hat in seinem letzten Rothbuch nach der
Maxime: „Wer Vieles bringt wird Jedem Etwas bringen" auch Italien be¬
dacht ; und die Gratulationsdepesche an den kaiserlichen Gesandten in Florenz
Baron Kübeck, welche die neubefestigte Freundschaft der beiden Länder und
die Uebereinstimmung der beiden Regierungen in den auswärtigen Fragen
constatirte, hat nicht verfehlt, den bereits stark abgetragenen Gerüchten von
abgeschlossenen Allianzen frische Farbe zu geben. Die Aufmerksamkeit wurde
so wiederzurückgelenkt auf den lebhaften Verkehr, der im vergangenen Frühjahr
zwischen den beiden Höfen von Wien und Florenz bestand und von welchem
jene Gerüchte ihren eigentlichen Ausgangspunkt genommen hatten.

Es war nicht das erste Mal, daß eine Annäherung zwischen der Hofburg
und dem Palazzo Pitti gesucht worden ist, und der letzte Versuch hatte viele
Züge mit den früheren gemein. Der erste Schritt in dieser Richtung fiel
noch vor das Jahr 1866, in die Zeit der Krise nach dem Gasteiner Vertrag,
wo die östreichische Regierung, in Besorgniß um ihre Stellung in Deutsch¬
land, sich zum ersten Mal erweichen ließ, den strengen Bann zu brechen, in
welchem sie das junge Königreich bis dahin gehalten hatte. Man fürchtete
ein Bündniß Italiens mit Preußen und wies den Gedanken nicht ab, Venetien
mit guter Art los zu werden. Zu eigentlichen Verhandlungen kam es zwar
nicht: es blieb bei einer gegenseitigen Fühlung, deren Resultate auf die Er¬
eignisse des Kriegsjahres entscheidend eingewirkt haben. Als Emissair reiste
damals zwischen Wien und Florenz ein modenesischer Edelmann Graf Mala-
guzzi, ein diplomatischer Abenteurer, dem seine zahlreichen Verbindungen
bei beiden Höfen zur Empfehlung dienten. Seine Proposition an Victor
Emanuel, für welche er in Wien, das Terrain bereits vorbereitet zu haben
erklärte, bestand in einem Freundschaftsbündniß mit Oestreich, das die Ver¬
mählung des italienischen Kronprinzen mit einer östreichischen Erzherzogin



Das Wort ist nach der Analogie von xrlvatövriiig (Caperei treiben) gebildet.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/160>, abgerufen am 27.04.2024.