Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

und so waren sie in einer Stunde fort. -- Wild kam und hielt Haus-
Visitation. -- Louis ganzes Verbrechen war. wie sich jetzt Hr. steck ent¬
schuldigte, daß Kleist und Wieland vor dem General-Quartier gestanden und
gelacht hätten. -- So toll sanscüllotisirten diese Herrn. -- Der alte Wieland
wird ihnen aber etwas erzählen. --".....




Ich verdanke die Mittheilung vorstehender Briefe der Güte und Liebens¬
würdigkeit des Herrn Pfarrer Emil Zschokke zu Aarau.


Dr. Ludwig Hirzel.


Ulrich Zunngli.

Ulrich Zwingli, nach den urkundlichen Quellen von I. C. Mörikofer. Leipzig,
S. Hirzel. I. Theil 1867, II. Theil 1869.

Noch hat sich seit den fruchtbaren und allseitigen Forschungen aus dem
Felde der Reformationsgeschichte die Feder nicht gefunden, welche eine würdige
Lebensbeschreibung des deutschen Reformators versucht hätte, ein Werk der
Wissenschaft zugleich und eine Gabe für das deutsche Volk. Sein ehernes
Denkmal' steht ausgerichtet in der Stadt am Rhein, aber noch fehlt das lite¬
rarische Denkmal, das sein geistiges Bild zum Gemeingut der Nation machte,
und vielleicht hätte auch jenes Fest im vorigen Jahr noch eine tiefer gehende
Theilnahme gefunden und bleibenderen Eindruck zurückgelassen, wenn unser
Geschlecht nicht theologischen Dingen abhold wäre und Luther's Gedächtniß
nicht das Schicksal hätte, noch immer vorwiegend durch das Medium theo¬
logischer Gelehrsamkeit und theologischen Eifers vermittelt zu werden. Mögen
immer die Gottesgelahrten fortfahren, die Schätze aus diesem Geistesschacht
aufzufordern und mit ihrem Scharfsinn auszudeuten, wir aber wünschen uns
einen Geschichtschreiber, der nicht blos, wie dies schon mit liebevollem Ver¬
ständniß geschehen, die Charakterzüge des deutschen Mannes sammelte und
beredt die Summe seines Wirkens zöge, sondern der uns ausführlich sein
Leben erzählte, wie es, tief einschneidend in seine Gegenwart und bestimmend
für alle Folgezeit, mitten inne stand in der gewaltigsten Periode der deutschen
Geschichte. Denn nicht zufällig ist es, daß es den anderen Völkern, die heute
von äußerem Druck befreit sind, unmöglich wird, das über drei Jahrhunderte
hinweg nachzuholen, was ihnen damals nicht gelang. Und mit Unrecht würde
man den Grund dafür nur darin finden, daß diesen Völkern zugemuthet
werde, sich in eine geistige Verfassung zurückzuversetzen, die sie inzwischen aus


und so waren sie in einer Stunde fort. — Wild kam und hielt Haus-
Visitation. — Louis ganzes Verbrechen war. wie sich jetzt Hr. steck ent¬
schuldigte, daß Kleist und Wieland vor dem General-Quartier gestanden und
gelacht hätten. — So toll sanscüllotisirten diese Herrn. — Der alte Wieland
wird ihnen aber etwas erzählen. —".....




Ich verdanke die Mittheilung vorstehender Briefe der Güte und Liebens¬
würdigkeit des Herrn Pfarrer Emil Zschokke zu Aarau.


Dr. Ludwig Hirzel.


Ulrich Zunngli.

Ulrich Zwingli, nach den urkundlichen Quellen von I. C. Mörikofer. Leipzig,
S. Hirzel. I. Theil 1867, II. Theil 1869.

Noch hat sich seit den fruchtbaren und allseitigen Forschungen aus dem
Felde der Reformationsgeschichte die Feder nicht gefunden, welche eine würdige
Lebensbeschreibung des deutschen Reformators versucht hätte, ein Werk der
Wissenschaft zugleich und eine Gabe für das deutsche Volk. Sein ehernes
Denkmal' steht ausgerichtet in der Stadt am Rhein, aber noch fehlt das lite¬
rarische Denkmal, das sein geistiges Bild zum Gemeingut der Nation machte,
und vielleicht hätte auch jenes Fest im vorigen Jahr noch eine tiefer gehende
Theilnahme gefunden und bleibenderen Eindruck zurückgelassen, wenn unser
Geschlecht nicht theologischen Dingen abhold wäre und Luther's Gedächtniß
nicht das Schicksal hätte, noch immer vorwiegend durch das Medium theo¬
logischer Gelehrsamkeit und theologischen Eifers vermittelt zu werden. Mögen
immer die Gottesgelahrten fortfahren, die Schätze aus diesem Geistesschacht
aufzufordern und mit ihrem Scharfsinn auszudeuten, wir aber wünschen uns
einen Geschichtschreiber, der nicht blos, wie dies schon mit liebevollem Ver¬
ständniß geschehen, die Charakterzüge des deutschen Mannes sammelte und
beredt die Summe seines Wirkens zöge, sondern der uns ausführlich sein
Leben erzählte, wie es, tief einschneidend in seine Gegenwart und bestimmend
für alle Folgezeit, mitten inne stand in der gewaltigsten Periode der deutschen
Geschichte. Denn nicht zufällig ist es, daß es den anderen Völkern, die heute
von äußerem Druck befreit sind, unmöglich wird, das über drei Jahrhunderte
hinweg nachzuholen, was ihnen damals nicht gelang. Und mit Unrecht würde
man den Grund dafür nur darin finden, daß diesen Völkern zugemuthet
werde, sich in eine geistige Verfassung zurückzuversetzen, die sie inzwischen aus


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/122007"/>
            <p xml:id="ID_685" prev="#ID_684"> und so waren sie in einer Stunde fort. &#x2014; Wild kam und hielt Haus-<lb/>
Visitation. &#x2014; Louis ganzes Verbrechen war. wie sich jetzt Hr. steck ent¬<lb/>
schuldigte, daß Kleist und Wieland vor dem General-Quartier gestanden und<lb/>
gelacht hätten. &#x2014; So toll sanscüllotisirten diese Herrn. &#x2014; Der alte Wieland<lb/>
wird ihnen aber etwas erzählen. &#x2014;".....</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p xml:id="ID_686"> Ich verdanke die Mittheilung vorstehender Briefe der Güte und Liebens¬<lb/>
würdigkeit des Herrn Pfarrer Emil Zschokke zu Aarau.</p><lb/>
            <note type="byline"> Dr. Ludwig Hirzel.</note><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Ulrich Zunngli.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_687"> Ulrich Zwingli, nach den urkundlichen Quellen von I. C. Mörikofer. Leipzig,<lb/>
S. Hirzel. I. Theil 1867, II. Theil 1869.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_688" next="#ID_689"> Noch hat sich seit den fruchtbaren und allseitigen Forschungen aus dem<lb/>
Felde der Reformationsgeschichte die Feder nicht gefunden, welche eine würdige<lb/>
Lebensbeschreibung des deutschen Reformators versucht hätte, ein Werk der<lb/>
Wissenschaft zugleich und eine Gabe für das deutsche Volk. Sein ehernes<lb/>
Denkmal' steht ausgerichtet in der Stadt am Rhein, aber noch fehlt das lite¬<lb/>
rarische Denkmal, das sein geistiges Bild zum Gemeingut der Nation machte,<lb/>
und vielleicht hätte auch jenes Fest im vorigen Jahr noch eine tiefer gehende<lb/>
Theilnahme gefunden und bleibenderen Eindruck zurückgelassen, wenn unser<lb/>
Geschlecht nicht theologischen Dingen abhold wäre und Luther's Gedächtniß<lb/>
nicht das Schicksal hätte, noch immer vorwiegend durch das Medium theo¬<lb/>
logischer Gelehrsamkeit und theologischen Eifers vermittelt zu werden. Mögen<lb/>
immer die Gottesgelahrten fortfahren, die Schätze aus diesem Geistesschacht<lb/>
aufzufordern und mit ihrem Scharfsinn auszudeuten, wir aber wünschen uns<lb/>
einen Geschichtschreiber, der nicht blos, wie dies schon mit liebevollem Ver¬<lb/>
ständniß geschehen, die Charakterzüge des deutschen Mannes sammelte und<lb/>
beredt die Summe seines Wirkens zöge, sondern der uns ausführlich sein<lb/>
Leben erzählte, wie es, tief einschneidend in seine Gegenwart und bestimmend<lb/>
für alle Folgezeit, mitten inne stand in der gewaltigsten Periode der deutschen<lb/>
Geschichte. Denn nicht zufällig ist es, daß es den anderen Völkern, die heute<lb/>
von äußerem Druck befreit sind, unmöglich wird, das über drei Jahrhunderte<lb/>
hinweg nachzuholen, was ihnen damals nicht gelang. Und mit Unrecht würde<lb/>
man den Grund dafür nur darin finden, daß diesen Völkern zugemuthet<lb/>
werde, sich in eine geistige Verfassung zurückzuversetzen, die sie inzwischen aus</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0252] und so waren sie in einer Stunde fort. — Wild kam und hielt Haus- Visitation. — Louis ganzes Verbrechen war. wie sich jetzt Hr. steck ent¬ schuldigte, daß Kleist und Wieland vor dem General-Quartier gestanden und gelacht hätten. — So toll sanscüllotisirten diese Herrn. — Der alte Wieland wird ihnen aber etwas erzählen. —"..... Ich verdanke die Mittheilung vorstehender Briefe der Güte und Liebens¬ würdigkeit des Herrn Pfarrer Emil Zschokke zu Aarau. Dr. Ludwig Hirzel. Ulrich Zunngli. Ulrich Zwingli, nach den urkundlichen Quellen von I. C. Mörikofer. Leipzig, S. Hirzel. I. Theil 1867, II. Theil 1869. Noch hat sich seit den fruchtbaren und allseitigen Forschungen aus dem Felde der Reformationsgeschichte die Feder nicht gefunden, welche eine würdige Lebensbeschreibung des deutschen Reformators versucht hätte, ein Werk der Wissenschaft zugleich und eine Gabe für das deutsche Volk. Sein ehernes Denkmal' steht ausgerichtet in der Stadt am Rhein, aber noch fehlt das lite¬ rarische Denkmal, das sein geistiges Bild zum Gemeingut der Nation machte, und vielleicht hätte auch jenes Fest im vorigen Jahr noch eine tiefer gehende Theilnahme gefunden und bleibenderen Eindruck zurückgelassen, wenn unser Geschlecht nicht theologischen Dingen abhold wäre und Luther's Gedächtniß nicht das Schicksal hätte, noch immer vorwiegend durch das Medium theo¬ logischer Gelehrsamkeit und theologischen Eifers vermittelt zu werden. Mögen immer die Gottesgelahrten fortfahren, die Schätze aus diesem Geistesschacht aufzufordern und mit ihrem Scharfsinn auszudeuten, wir aber wünschen uns einen Geschichtschreiber, der nicht blos, wie dies schon mit liebevollem Ver¬ ständniß geschehen, die Charakterzüge des deutschen Mannes sammelte und beredt die Summe seines Wirkens zöge, sondern der uns ausführlich sein Leben erzählte, wie es, tief einschneidend in seine Gegenwart und bestimmend für alle Folgezeit, mitten inne stand in der gewaltigsten Periode der deutschen Geschichte. Denn nicht zufällig ist es, daß es den anderen Völkern, die heute von äußerem Druck befreit sind, unmöglich wird, das über drei Jahrhunderte hinweg nachzuholen, was ihnen damals nicht gelang. Und mit Unrecht würde man den Grund dafür nur darin finden, daß diesen Völkern zugemuthet werde, sich in eine geistige Verfassung zurückzuversetzen, die sie inzwischen aus

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/252
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/252>, abgerufen am 28.04.2024.