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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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bahnpolitik der Schwerinischen Regierung der Fall, welche neulich so ein¬
gehend und von kundiger Hand in Ihrem Journal erörtert worden.

Schließlich möge die Thätigkeit erwähnt werden, welche ein auf Anregung
von Moritz Niggers zu Rostock im Anschluß an den Berliner Centralvereiri
so eben constituirter Verein zur Förderung der binnenländischen Schifffahrt
entwickelt. Zunächst handelt es sich um die Herstellung des Wasserweges
zwischen Berlin und Rostock durch Verbindung der Havel und Warnow, in
zweiter Linie wird die Wiederherstellung des von Wallenstein aus dem
Schweriner See nach Wismar geführten Canals genannt. In dem see- und
flußreichen Mecklenburg eröffnet sich in dieser Hinsicht ein weites Feld für
erfolgreiche Thätigkeit. Hoffentlich werden die Stände, wenn es sich um die Unter¬
stützung derartiger Unternehmungen aus Landesmittelnhandelt, -- vorausgesetzt
daß die LandeThilfe überhaupt beansprucht wird, -- nicht den im vorigen Jahre ein¬
genommenen Standpunkt behaupten, von dem aus sie bei der jetzigen Finanzlage
des Landes zu solchen Zroeckm kein Mittel entdecken zu können erklärten. Die
finanzielle Lage des Landes erscheint allerdings als zerrüttet, wenn man auf
die bisherigen Einnahmequellen desselben blickt, eben die Contributionen:
sie erscheint aber nicht zerrüttet, wenn man auf die Steuerkraft des Landes
und dessen Domainenreichthum blickt; es gilt nur die Mittel zu rationeller
Verwerthung der Steuern aufzufinden, d. h. ein correctes Steuersystem zu
schaffen.




Die Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses.

X Obgleich der Wechsel im preußischen Finanzministerium sich erst in
den letzten Tagen des abgelaufenen Monats vollzogen und kaum Zeit gehabt
hat auch nur die äußeren Grenzen seines Einflusses auf die innere Politik
des Staates zu bezeichnen, hat es schon gegenwärtig den Anschein, als werde
diese Ministerial-Veränderung für die Physionomie des heurigen parlamenta¬
rischen Winterfeldzuges entscheidend sein. Bei Eröffnung der Session con-
centrirte sich die Aufmerksamkeit des Hauses wie der Nation wesentlich auf
den vom Grafen Eulenburg ausgearbeiteten Entwurf der neuen Kreisord-
"ung; daß weder die von der Thronrede angekündigten Heydt'schen Vor¬
schläge zur Deckung des Deficits durch Erhöhung der directen Steuern, noch
die im Cultusministerium vorbereiteten Schulgesetze irgend welche Aussicht
auf Annahme hätten, wußte man in den Reihen der Conservativen ebenso
genau, wie im Centrum und auf der Linken.


bahnpolitik der Schwerinischen Regierung der Fall, welche neulich so ein¬
gehend und von kundiger Hand in Ihrem Journal erörtert worden.

Schließlich möge die Thätigkeit erwähnt werden, welche ein auf Anregung
von Moritz Niggers zu Rostock im Anschluß an den Berliner Centralvereiri
so eben constituirter Verein zur Förderung der binnenländischen Schifffahrt
entwickelt. Zunächst handelt es sich um die Herstellung des Wasserweges
zwischen Berlin und Rostock durch Verbindung der Havel und Warnow, in
zweiter Linie wird die Wiederherstellung des von Wallenstein aus dem
Schweriner See nach Wismar geführten Canals genannt. In dem see- und
flußreichen Mecklenburg eröffnet sich in dieser Hinsicht ein weites Feld für
erfolgreiche Thätigkeit. Hoffentlich werden die Stände, wenn es sich um die Unter¬
stützung derartiger Unternehmungen aus Landesmittelnhandelt, — vorausgesetzt
daß die LandeThilfe überhaupt beansprucht wird, — nicht den im vorigen Jahre ein¬
genommenen Standpunkt behaupten, von dem aus sie bei der jetzigen Finanzlage
des Landes zu solchen Zroeckm kein Mittel entdecken zu können erklärten. Die
finanzielle Lage des Landes erscheint allerdings als zerrüttet, wenn man auf
die bisherigen Einnahmequellen desselben blickt, eben die Contributionen:
sie erscheint aber nicht zerrüttet, wenn man auf die Steuerkraft des Landes
und dessen Domainenreichthum blickt; es gilt nur die Mittel zu rationeller
Verwerthung der Steuern aufzufinden, d. h. ein correctes Steuersystem zu
schaffen.




Die Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses.

X Obgleich der Wechsel im preußischen Finanzministerium sich erst in
den letzten Tagen des abgelaufenen Monats vollzogen und kaum Zeit gehabt
hat auch nur die äußeren Grenzen seines Einflusses auf die innere Politik
des Staates zu bezeichnen, hat es schon gegenwärtig den Anschein, als werde
diese Ministerial-Veränderung für die Physionomie des heurigen parlamenta¬
rischen Winterfeldzuges entscheidend sein. Bei Eröffnung der Session con-
centrirte sich die Aufmerksamkeit des Hauses wie der Nation wesentlich auf
den vom Grafen Eulenburg ausgearbeiteten Entwurf der neuen Kreisord-
"ung; daß weder die von der Thronrede angekündigten Heydt'schen Vor¬
schläge zur Deckung des Deficits durch Erhöhung der directen Steuern, noch
die im Cultusministerium vorbereiteten Schulgesetze irgend welche Aussicht
auf Annahme hätten, wußte man in den Reihen der Conservativen ebenso
genau, wie im Centrum und auf der Linken.


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[0285] bahnpolitik der Schwerinischen Regierung der Fall, welche neulich so ein¬ gehend und von kundiger Hand in Ihrem Journal erörtert worden. Schließlich möge die Thätigkeit erwähnt werden, welche ein auf Anregung von Moritz Niggers zu Rostock im Anschluß an den Berliner Centralvereiri so eben constituirter Verein zur Förderung der binnenländischen Schifffahrt entwickelt. Zunächst handelt es sich um die Herstellung des Wasserweges zwischen Berlin und Rostock durch Verbindung der Havel und Warnow, in zweiter Linie wird die Wiederherstellung des von Wallenstein aus dem Schweriner See nach Wismar geführten Canals genannt. In dem see- und flußreichen Mecklenburg eröffnet sich in dieser Hinsicht ein weites Feld für erfolgreiche Thätigkeit. Hoffentlich werden die Stände, wenn es sich um die Unter¬ stützung derartiger Unternehmungen aus Landesmittelnhandelt, — vorausgesetzt daß die LandeThilfe überhaupt beansprucht wird, — nicht den im vorigen Jahre ein¬ genommenen Standpunkt behaupten, von dem aus sie bei der jetzigen Finanzlage des Landes zu solchen Zroeckm kein Mittel entdecken zu können erklärten. Die finanzielle Lage des Landes erscheint allerdings als zerrüttet, wenn man auf die bisherigen Einnahmequellen desselben blickt, eben die Contributionen: sie erscheint aber nicht zerrüttet, wenn man auf die Steuerkraft des Landes und dessen Domainenreichthum blickt; es gilt nur die Mittel zu rationeller Verwerthung der Steuern aufzufinden, d. h. ein correctes Steuersystem zu schaffen. Die Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses. X Obgleich der Wechsel im preußischen Finanzministerium sich erst in den letzten Tagen des abgelaufenen Monats vollzogen und kaum Zeit gehabt hat auch nur die äußeren Grenzen seines Einflusses auf die innere Politik des Staates zu bezeichnen, hat es schon gegenwärtig den Anschein, als werde diese Ministerial-Veränderung für die Physionomie des heurigen parlamenta¬ rischen Winterfeldzuges entscheidend sein. Bei Eröffnung der Session con- centrirte sich die Aufmerksamkeit des Hauses wie der Nation wesentlich auf den vom Grafen Eulenburg ausgearbeiteten Entwurf der neuen Kreisord- "ung; daß weder die von der Thronrede angekündigten Heydt'schen Vor¬ schläge zur Deckung des Deficits durch Erhöhung der directen Steuern, noch die im Cultusministerium vorbereiteten Schulgesetze irgend welche Aussicht auf Annahme hätten, wußte man in den Reihen der Conservativen ebenso genau, wie im Centrum und auf der Linken.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/285>, abgerufen am 28.04.2024.