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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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Grundsätze der Besteuerung.

Se. Eisenbart: Die Kunst der Besteuerung. Berlin, Kortkampf.

Diese Schrift gehört unstreitig zu den werthvollsten der neueren volks-
wirthschaftlichen Literatur, vornehmlich wegen der großen kritischen Schärfe,
mit welcher der Verfasser alteingewurzelten und practisch noch geltenden Irr¬
thümern zu Leibe geht, und wir wollen es ihm deshalb auch nicht zu sehr
vorwerfen, wenn er seine Kritik manchmal etwas zu souverän vorführt.
Burke sagte bekanntlich, es sei ebenso schwer, zu besteuern und zu gefallen,
als verliebt und zugleich vernünftig zu sein, und Mac Culloch bemerkte, es
gelte von Steuern, was von Gedichten gesagt sei:


^Vbos'er oxxsLts " tÄuItlsss ta.x de" Zss
Dxxeers >vuae nsitber is, nor was, nor v'er shall do.

Fast gegen jede Steuer lassen sich triftige Gründe geltend machen, es
handelt sich nur darum, die gerechtesten, möglichst wenig drückenden und zu¬
gleich einträglichsten herauszufinden. Gegen Eisenbart's Kritik läßt sich oft
nicht viel einwenden, aber ob mit den Steuern, welche er schließlich stehen
läßt, ein großer Staat wie z. B. Preußen das für feine öffentlichen Zwecke
nothwendige Einkommen aufbringen könnte, scheint uns zweifelhaft.

Ein anderer Mangel des Buches, welches recht eigentlich eine Theorie
-der Steuerkunst aufstellen will, scheint uns zu sein, daß in dem einleitenden
Capitel über die Idee der Besteuerung nicht die allgemeinen Grundsätze der¬
selben hinreichend dargelegt sind. Der Verfasser bekämpft gewiß mit Recht
die Ansicht, daß nicht die Summe der vom Staate abgeleiteten Bordseite
Grund und Maßstab der Steuerpflicht sein könne, sondern vielmehr die
Nothwendigkeit, der Staatsgewalt zur Erfüllung ihres obrigkeitlichen Berufs
die nöthigen Mittel zur Disposition zu stellen. Aber dieser Satz, der kaum
noch bestritten wird, hätte schwerlich einen umständlichen Beweis erfordert,
welcher jedenfalls mehr in eine Rechtsphilosophie gehört. Dagegen wäre er¬
wünscht gewesen, die allgemeinen Grundsätze, von welchen jede rationelle
Steuergesetzgebung ausgehen soll, ausführlicher entwickelt zu sehen, als es ge¬
schehen ist. Eisenbart sagt sehr richtig, daß die Idee der Gerechtigkeit ver¬
lange, von jedem für den Staat nur dieselbe verhältnißmäßige Beisteuer zu
fordern, sodaß eine Besteuerung nach Maßgabe des Vermögens oder Ein¬
kommens sich nur deshalb rechtfertige, weil dies Vermögen oder Einkommen
den Ausdruck seiner Fähigkeit gewähre, für den wirthschaftlichen Bedarf des
Staates auszukommen; aber wir hätten gewünscht, diesen Grundsatz, den der
Versasser im Einzelnen später sehr correct im Auge behält, etwas mehr aus¬
geführt zu sehen.


Grundsätze der Besteuerung.

Se. Eisenbart: Die Kunst der Besteuerung. Berlin, Kortkampf.

Diese Schrift gehört unstreitig zu den werthvollsten der neueren volks-
wirthschaftlichen Literatur, vornehmlich wegen der großen kritischen Schärfe,
mit welcher der Verfasser alteingewurzelten und practisch noch geltenden Irr¬
thümern zu Leibe geht, und wir wollen es ihm deshalb auch nicht zu sehr
vorwerfen, wenn er seine Kritik manchmal etwas zu souverän vorführt.
Burke sagte bekanntlich, es sei ebenso schwer, zu besteuern und zu gefallen,
als verliebt und zugleich vernünftig zu sein, und Mac Culloch bemerkte, es
gelte von Steuern, was von Gedichten gesagt sei:


^Vbos'er oxxsLts » tÄuItlsss ta.x de» Zss
Dxxeers >vuae nsitber is, nor was, nor v'er shall do.

Fast gegen jede Steuer lassen sich triftige Gründe geltend machen, es
handelt sich nur darum, die gerechtesten, möglichst wenig drückenden und zu¬
gleich einträglichsten herauszufinden. Gegen Eisenbart's Kritik läßt sich oft
nicht viel einwenden, aber ob mit den Steuern, welche er schließlich stehen
läßt, ein großer Staat wie z. B. Preußen das für feine öffentlichen Zwecke
nothwendige Einkommen aufbringen könnte, scheint uns zweifelhaft.

Ein anderer Mangel des Buches, welches recht eigentlich eine Theorie
-der Steuerkunst aufstellen will, scheint uns zu sein, daß in dem einleitenden
Capitel über die Idee der Besteuerung nicht die allgemeinen Grundsätze der¬
selben hinreichend dargelegt sind. Der Verfasser bekämpft gewiß mit Recht
die Ansicht, daß nicht die Summe der vom Staate abgeleiteten Bordseite
Grund und Maßstab der Steuerpflicht sein könne, sondern vielmehr die
Nothwendigkeit, der Staatsgewalt zur Erfüllung ihres obrigkeitlichen Berufs
die nöthigen Mittel zur Disposition zu stellen. Aber dieser Satz, der kaum
noch bestritten wird, hätte schwerlich einen umständlichen Beweis erfordert,
welcher jedenfalls mehr in eine Rechtsphilosophie gehört. Dagegen wäre er¬
wünscht gewesen, die allgemeinen Grundsätze, von welchen jede rationelle
Steuergesetzgebung ausgehen soll, ausführlicher entwickelt zu sehen, als es ge¬
schehen ist. Eisenbart sagt sehr richtig, daß die Idee der Gerechtigkeit ver¬
lange, von jedem für den Staat nur dieselbe verhältnißmäßige Beisteuer zu
fordern, sodaß eine Besteuerung nach Maßgabe des Vermögens oder Ein¬
kommens sich nur deshalb rechtfertige, weil dies Vermögen oder Einkommen
den Ausdruck seiner Fähigkeit gewähre, für den wirthschaftlichen Bedarf des
Staates auszukommen; aber wir hätten gewünscht, diesen Grundsatz, den der
Versasser im Einzelnen später sehr correct im Auge behält, etwas mehr aus¬
geführt zu sehen.


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[0384] Grundsätze der Besteuerung. Se. Eisenbart: Die Kunst der Besteuerung. Berlin, Kortkampf. Diese Schrift gehört unstreitig zu den werthvollsten der neueren volks- wirthschaftlichen Literatur, vornehmlich wegen der großen kritischen Schärfe, mit welcher der Verfasser alteingewurzelten und practisch noch geltenden Irr¬ thümern zu Leibe geht, und wir wollen es ihm deshalb auch nicht zu sehr vorwerfen, wenn er seine Kritik manchmal etwas zu souverän vorführt. Burke sagte bekanntlich, es sei ebenso schwer, zu besteuern und zu gefallen, als verliebt und zugleich vernünftig zu sein, und Mac Culloch bemerkte, es gelte von Steuern, was von Gedichten gesagt sei: ^Vbos'er oxxsLts » tÄuItlsss ta.x de» Zss Dxxeers >vuae nsitber is, nor was, nor v'er shall do. Fast gegen jede Steuer lassen sich triftige Gründe geltend machen, es handelt sich nur darum, die gerechtesten, möglichst wenig drückenden und zu¬ gleich einträglichsten herauszufinden. Gegen Eisenbart's Kritik läßt sich oft nicht viel einwenden, aber ob mit den Steuern, welche er schließlich stehen läßt, ein großer Staat wie z. B. Preußen das für feine öffentlichen Zwecke nothwendige Einkommen aufbringen könnte, scheint uns zweifelhaft. Ein anderer Mangel des Buches, welches recht eigentlich eine Theorie -der Steuerkunst aufstellen will, scheint uns zu sein, daß in dem einleitenden Capitel über die Idee der Besteuerung nicht die allgemeinen Grundsätze der¬ selben hinreichend dargelegt sind. Der Verfasser bekämpft gewiß mit Recht die Ansicht, daß nicht die Summe der vom Staate abgeleiteten Bordseite Grund und Maßstab der Steuerpflicht sein könne, sondern vielmehr die Nothwendigkeit, der Staatsgewalt zur Erfüllung ihres obrigkeitlichen Berufs die nöthigen Mittel zur Disposition zu stellen. Aber dieser Satz, der kaum noch bestritten wird, hätte schwerlich einen umständlichen Beweis erfordert, welcher jedenfalls mehr in eine Rechtsphilosophie gehört. Dagegen wäre er¬ wünscht gewesen, die allgemeinen Grundsätze, von welchen jede rationelle Steuergesetzgebung ausgehen soll, ausführlicher entwickelt zu sehen, als es ge¬ schehen ist. Eisenbart sagt sehr richtig, daß die Idee der Gerechtigkeit ver¬ lange, von jedem für den Staat nur dieselbe verhältnißmäßige Beisteuer zu fordern, sodaß eine Besteuerung nach Maßgabe des Vermögens oder Ein¬ kommens sich nur deshalb rechtfertige, weil dies Vermögen oder Einkommen den Ausdruck seiner Fähigkeit gewähre, für den wirthschaftlichen Bedarf des Staates auszukommen; aber wir hätten gewünscht, diesen Grundsatz, den der Versasser im Einzelnen später sehr correct im Auge behält, etwas mehr aus¬ geführt zu sehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/384>, abgerufen am 28.04.2024.