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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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Erinnerung an Scharnhorsi.

(G. H. Kuppel, das Leben des Generals von Scharnhorst. Nach größtenteils
bisher unbenützten Quellen. Band I. u. II.)

Diesen heutigen hocherregten Tagen liegen die Namen der Männer von
1866 mehr auf der Zunge als die von 1813. Aber wem es Alter oder
sonstige Fügung verwehrt, an dem großen Nationalkampfe theilzunehmen,
mit dem besten Ehrenrechte des deutschen Jünglings und Mannes, mit den
Waffen in der Hand, wer schwankend zwischen Neid und stolzer Freude Tag
für Tag jetzt die Tausende unserer reisigen Schaaren durch die Straßen sei¬
ner Stadt ziehen sieht, ohne ihnen folgen zu können, und wer dann in den
bevorstehenden Tagen der großen Entscheidungen in banger Spannung da¬
heim sitzen muß, doch unfähig, den gewohnten Beschäftigungen in der ge¬
wohnten Stimmung nachzugehen, ein leidenschaftlicher Jäger auf die neue¬
sten Telegramme, ein Flaneur aus patriotischer Erregung, unwählerisch dank¬
bar für jede Sorte durch die Luft flatternder Neuigkeiten: für den ist es
heute -- ich spreche aus Erfahrung -- ganz besonders wohlgethan, in den
Stunden der Muße die Blicke rückwärts zu richten zu den Männern und
Thaten unserer Befreiungskriege im Anfang des Jahrhunderts. Die Ge¬
schichte der Campagne von 1814 liest sich gut in diesen heißen, erwartungs¬
vollen Augusttagen 1870.

Mir ist, indem ich zu ähnlichen Beschäftigungen griff, unter andern das
oben verzeichnete Buch über Scharnhorst wieder zur Hand gekommen.
Es ist schon im vorigen Jahre erschienen und diese Blätter schulden ihm seit
lange eine Erwähnung.

Scharnhorst zuletzt unter den Großen des Zeitalters der Befreiung wird
hier der gebührende Dank eines umfassenden biographischen Denkmals dar¬
gebracht. Welche wissenschaftliche Stelle dasselbe redenden bekannten Werken
über Stein, Gneisenau, Uork einnehmen wird, muß dahingestellt bleiben bis
das Ganze vor uns liegt. Die bis jetzt erschienenen zwei Bände enthalten


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Erinnerung an Scharnhorsi.

(G. H. Kuppel, das Leben des Generals von Scharnhorst. Nach größtenteils
bisher unbenützten Quellen. Band I. u. II.)

Diesen heutigen hocherregten Tagen liegen die Namen der Männer von
1866 mehr auf der Zunge als die von 1813. Aber wem es Alter oder
sonstige Fügung verwehrt, an dem großen Nationalkampfe theilzunehmen,
mit dem besten Ehrenrechte des deutschen Jünglings und Mannes, mit den
Waffen in der Hand, wer schwankend zwischen Neid und stolzer Freude Tag
für Tag jetzt die Tausende unserer reisigen Schaaren durch die Straßen sei¬
ner Stadt ziehen sieht, ohne ihnen folgen zu können, und wer dann in den
bevorstehenden Tagen der großen Entscheidungen in banger Spannung da¬
heim sitzen muß, doch unfähig, den gewohnten Beschäftigungen in der ge¬
wohnten Stimmung nachzugehen, ein leidenschaftlicher Jäger auf die neue¬
sten Telegramme, ein Flaneur aus patriotischer Erregung, unwählerisch dank¬
bar für jede Sorte durch die Luft flatternder Neuigkeiten: für den ist es
heute — ich spreche aus Erfahrung — ganz besonders wohlgethan, in den
Stunden der Muße die Blicke rückwärts zu richten zu den Männern und
Thaten unserer Befreiungskriege im Anfang des Jahrhunderts. Die Ge¬
schichte der Campagne von 1814 liest sich gut in diesen heißen, erwartungs¬
vollen Augusttagen 1870.

Mir ist, indem ich zu ähnlichen Beschäftigungen griff, unter andern das
oben verzeichnete Buch über Scharnhorst wieder zur Hand gekommen.
Es ist schon im vorigen Jahre erschienen und diese Blätter schulden ihm seit
lange eine Erwähnung.

Scharnhorst zuletzt unter den Großen des Zeitalters der Befreiung wird
hier der gebührende Dank eines umfassenden biographischen Denkmals dar¬
gebracht. Welche wissenschaftliche Stelle dasselbe redenden bekannten Werken
über Stein, Gneisenau, Uork einnehmen wird, muß dahingestellt bleiben bis
das Ganze vor uns liegt. Die bis jetzt erschienenen zwei Bände enthalten


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[0249] Erinnerung an Scharnhorsi. (G. H. Kuppel, das Leben des Generals von Scharnhorst. Nach größtenteils bisher unbenützten Quellen. Band I. u. II.) Diesen heutigen hocherregten Tagen liegen die Namen der Männer von 1866 mehr auf der Zunge als die von 1813. Aber wem es Alter oder sonstige Fügung verwehrt, an dem großen Nationalkampfe theilzunehmen, mit dem besten Ehrenrechte des deutschen Jünglings und Mannes, mit den Waffen in der Hand, wer schwankend zwischen Neid und stolzer Freude Tag für Tag jetzt die Tausende unserer reisigen Schaaren durch die Straßen sei¬ ner Stadt ziehen sieht, ohne ihnen folgen zu können, und wer dann in den bevorstehenden Tagen der großen Entscheidungen in banger Spannung da¬ heim sitzen muß, doch unfähig, den gewohnten Beschäftigungen in der ge¬ wohnten Stimmung nachzugehen, ein leidenschaftlicher Jäger auf die neue¬ sten Telegramme, ein Flaneur aus patriotischer Erregung, unwählerisch dank¬ bar für jede Sorte durch die Luft flatternder Neuigkeiten: für den ist es heute — ich spreche aus Erfahrung — ganz besonders wohlgethan, in den Stunden der Muße die Blicke rückwärts zu richten zu den Männern und Thaten unserer Befreiungskriege im Anfang des Jahrhunderts. Die Ge¬ schichte der Campagne von 1814 liest sich gut in diesen heißen, erwartungs¬ vollen Augusttagen 1870. Mir ist, indem ich zu ähnlichen Beschäftigungen griff, unter andern das oben verzeichnete Buch über Scharnhorst wieder zur Hand gekommen. Es ist schon im vorigen Jahre erschienen und diese Blätter schulden ihm seit lange eine Erwähnung. Scharnhorst zuletzt unter den Großen des Zeitalters der Befreiung wird hier der gebührende Dank eines umfassenden biographischen Denkmals dar¬ gebracht. Welche wissenschaftliche Stelle dasselbe redenden bekannten Werken über Stein, Gneisenau, Uork einnehmen wird, muß dahingestellt bleiben bis das Ganze vor uns liegt. Die bis jetzt erschienenen zwei Bände enthalten Greuzliowi III. I87«> 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/249>, abgerufen am 06.05.2024.