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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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Berlin, 1871), mit besonderer Freude deshalb, weil der Vortrag in Zürich
gehalten wurde in rein deutschem Geiste, inmitten einer Bevölkerung, die
durch das, was in der Schweiz Presse und öffentliche Meinung heißt, nur zu
wenig von deutscher Geschichte und deutschen Verhältnissen erfährt, wie sie
wirklich sind, deren Preßleiter eine fabelhafte Unwissenheit und Ueberhebung
über die Deutschen für ein wesentliches Erforderniß republikanisch-eidgenössi¬
scher Tugend zu halten geneigt sind. Solche Vorträge, wie der vorliegende,
tragen doch wenigstens einmal wahre Thatsachen und weitere Gedanken in
die irrigen und engen Anschauungen über Deutschland. Aber auch uns selbst
ist der "Vortrag willkommen, wie jede Arbeit, die uns die Bedeutung des
großen Königs näher führt. -- In bei weitem breiteren Nahmen und mit der
vollen Autorität seines großen Namens schildert Leopold v. Ranke in
seinem neuesten Werke "die deutschen Mächte und der Fürstenbund,
deutsche Geschichte von 1780 bis 1790" (I. Band, Leipzig, Duncker u. Hum-
blot 1871), die letzten Regierungsjahre des großen Königs, dann die Jahre,
welche bisher von fast allen Schriftstellern stiefmütterlich behandelt wurden,
weil auch der ruhigste Historiker geblendet wurde von dem vulkanischen
Feuerschein der unmittelbar folgenden Periode der französischen Revolution.
Die Jahre und Bestrebungen in Deutschland, welche dieser Revolution unmit¬
telbar vorhergehen -- wie fern und wie nahe wieder liegen sie den Bestre¬
bungen Preußens in den beiden Einheitskriegen unsrer Tage. Der gefeierte
Autor hat eine Fülle neuer archivalischer Quellen benutzt: das preußische
Archiv im weitesten Umfang, das östreichische ward ihm "mit einer dem Ge¬
nius der Zeit entsprechender Liberalität eröffnet, die Theilnahme der Reichs¬
fürsten an den allgemeinen Angelegenheiten jener Jahre ist in dem Braun-
schweigischen und vornehmlich dem weimarischen Archiv dem Verfasser darge¬
legt worden, für andre Fragen standen ihm die niederländischen Archive zu
Gebote. Und über den Geist, der über dem Werke waltet, mag das eine
vielsagende Schlußwort der Vorrede genügen: "Objectivität ist zugleich Un¬
parteilichkeit," Niemand wird von Ranke, einem der deutschesten der Deut¬
schen Historiker kalte Aufzählung der Thatsachen verlangen "unter all den
Kämpfen der Macht und der Ideen, welche die größten Entscheidungen in
sich tragen." Aber, wer auf die unbestechliche Wahrhaftigkeit des deutschen
Forschers rechnet, findet alle Erwartungen bestätigt. Möge der zweite Band
recht bald folgen. Selbstverständlich kommen wir auf das bedeutende Buch
noch in ausführlicherer Darstellung zurück.

(Fortsetzung folgt.)




Die Grenzboten beginnen am K. April das s. Quartal
des AO. Jahrgangs und nehmen Buchhandlungen und Post¬
ämter Bestellungen aus dasselbe an. Um freundliche Berücksichtigung
bittet die Verlagshandlung.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Huus BlllM.
Verlag von F. L. Herliig. -- Druck von Hüthel Legler in Leipzig.

Berlin, 1871), mit besonderer Freude deshalb, weil der Vortrag in Zürich
gehalten wurde in rein deutschem Geiste, inmitten einer Bevölkerung, die
durch das, was in der Schweiz Presse und öffentliche Meinung heißt, nur zu
wenig von deutscher Geschichte und deutschen Verhältnissen erfährt, wie sie
wirklich sind, deren Preßleiter eine fabelhafte Unwissenheit und Ueberhebung
über die Deutschen für ein wesentliches Erforderniß republikanisch-eidgenössi¬
scher Tugend zu halten geneigt sind. Solche Vorträge, wie der vorliegende,
tragen doch wenigstens einmal wahre Thatsachen und weitere Gedanken in
die irrigen und engen Anschauungen über Deutschland. Aber auch uns selbst
ist der "Vortrag willkommen, wie jede Arbeit, die uns die Bedeutung des
großen Königs näher führt. — In bei weitem breiteren Nahmen und mit der
vollen Autorität seines großen Namens schildert Leopold v. Ranke in
seinem neuesten Werke „die deutschen Mächte und der Fürstenbund,
deutsche Geschichte von 1780 bis 1790" (I. Band, Leipzig, Duncker u. Hum-
blot 1871), die letzten Regierungsjahre des großen Königs, dann die Jahre,
welche bisher von fast allen Schriftstellern stiefmütterlich behandelt wurden,
weil auch der ruhigste Historiker geblendet wurde von dem vulkanischen
Feuerschein der unmittelbar folgenden Periode der französischen Revolution.
Die Jahre und Bestrebungen in Deutschland, welche dieser Revolution unmit¬
telbar vorhergehen — wie fern und wie nahe wieder liegen sie den Bestre¬
bungen Preußens in den beiden Einheitskriegen unsrer Tage. Der gefeierte
Autor hat eine Fülle neuer archivalischer Quellen benutzt: das preußische
Archiv im weitesten Umfang, das östreichische ward ihm „mit einer dem Ge¬
nius der Zeit entsprechender Liberalität eröffnet, die Theilnahme der Reichs¬
fürsten an den allgemeinen Angelegenheiten jener Jahre ist in dem Braun-
schweigischen und vornehmlich dem weimarischen Archiv dem Verfasser darge¬
legt worden, für andre Fragen standen ihm die niederländischen Archive zu
Gebote. Und über den Geist, der über dem Werke waltet, mag das eine
vielsagende Schlußwort der Vorrede genügen: „Objectivität ist zugleich Un¬
parteilichkeit," Niemand wird von Ranke, einem der deutschesten der Deut¬
schen Historiker kalte Aufzählung der Thatsachen verlangen „unter all den
Kämpfen der Macht und der Ideen, welche die größten Entscheidungen in
sich tragen." Aber, wer auf die unbestechliche Wahrhaftigkeit des deutschen
Forschers rechnet, findet alle Erwartungen bestätigt. Möge der zweite Band
recht bald folgen. Selbstverständlich kommen wir auf das bedeutende Buch
noch in ausführlicherer Darstellung zurück.

(Fortsetzung folgt.)




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des AO. Jahrgangs und nehmen Buchhandlungen und Post¬
ämter Bestellungen aus dasselbe an. Um freundliche Berücksichtigung
bittet die Verlagshandlung.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Huus BlllM.
Verlag von F. L. Herliig. — Druck von Hüthel Legler in Leipzig.
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[0492] Berlin, 1871), mit besonderer Freude deshalb, weil der Vortrag in Zürich gehalten wurde in rein deutschem Geiste, inmitten einer Bevölkerung, die durch das, was in der Schweiz Presse und öffentliche Meinung heißt, nur zu wenig von deutscher Geschichte und deutschen Verhältnissen erfährt, wie sie wirklich sind, deren Preßleiter eine fabelhafte Unwissenheit und Ueberhebung über die Deutschen für ein wesentliches Erforderniß republikanisch-eidgenössi¬ scher Tugend zu halten geneigt sind. Solche Vorträge, wie der vorliegende, tragen doch wenigstens einmal wahre Thatsachen und weitere Gedanken in die irrigen und engen Anschauungen über Deutschland. Aber auch uns selbst ist der "Vortrag willkommen, wie jede Arbeit, die uns die Bedeutung des großen Königs näher führt. — In bei weitem breiteren Nahmen und mit der vollen Autorität seines großen Namens schildert Leopold v. Ranke in seinem neuesten Werke „die deutschen Mächte und der Fürstenbund, deutsche Geschichte von 1780 bis 1790" (I. Band, Leipzig, Duncker u. Hum- blot 1871), die letzten Regierungsjahre des großen Königs, dann die Jahre, welche bisher von fast allen Schriftstellern stiefmütterlich behandelt wurden, weil auch der ruhigste Historiker geblendet wurde von dem vulkanischen Feuerschein der unmittelbar folgenden Periode der französischen Revolution. Die Jahre und Bestrebungen in Deutschland, welche dieser Revolution unmit¬ telbar vorhergehen — wie fern und wie nahe wieder liegen sie den Bestre¬ bungen Preußens in den beiden Einheitskriegen unsrer Tage. Der gefeierte Autor hat eine Fülle neuer archivalischer Quellen benutzt: das preußische Archiv im weitesten Umfang, das östreichische ward ihm „mit einer dem Ge¬ nius der Zeit entsprechender Liberalität eröffnet, die Theilnahme der Reichs¬ fürsten an den allgemeinen Angelegenheiten jener Jahre ist in dem Braun- schweigischen und vornehmlich dem weimarischen Archiv dem Verfasser darge¬ legt worden, für andre Fragen standen ihm die niederländischen Archive zu Gebote. Und über den Geist, der über dem Werke waltet, mag das eine vielsagende Schlußwort der Vorrede genügen: „Objectivität ist zugleich Un¬ parteilichkeit," Niemand wird von Ranke, einem der deutschesten der Deut¬ schen Historiker kalte Aufzählung der Thatsachen verlangen „unter all den Kämpfen der Macht und der Ideen, welche die größten Entscheidungen in sich tragen." Aber, wer auf die unbestechliche Wahrhaftigkeit des deutschen Forschers rechnet, findet alle Erwartungen bestätigt. Möge der zweite Band recht bald folgen. Selbstverständlich kommen wir auf das bedeutende Buch noch in ausführlicherer Darstellung zurück. (Fortsetzung folgt.) Die Grenzboten beginnen am K. April das s. Quartal des AO. Jahrgangs und nehmen Buchhandlungen und Post¬ ämter Bestellungen aus dasselbe an. Um freundliche Berücksichtigung bittet die Verlagshandlung. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Huus BlllM. Verlag von F. L. Herliig. — Druck von Hüthel Legler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/492>, abgerufen am 05.05.2024.