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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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Besprechung.

Das Elsaß und Deutsch-Lothringen von Dr. Friedrich Steger.
Leipzig, Quandt und Händel.

Der Verfasser führt uns in genauen Einzelschilderungen durch das von
der Natur so reich geschmückte Land, dessen bewunderndes Lob aus Goethe's
Mund uns Allen geläufig ist. Aber wir folgen hier auch dem Gang der Welt¬
geschichte : Wir sehen Spuren der Kelten, Bauten und Alterthümer der Römer.
Die Fluth der Völkerwanderung wälzt sich auch über diese Gauen, aus mancher
Sage tritt uns die Gestalt Attila's entgegen. Die Merovinger gründen sich
hier ihre Pfalzen; Karl der Große und seine Nachkommen, dann die sächsischen,
die fränkischen Kaiser schützen mit starker Hand diese Grenzlande, heben das
Bürgerthum der aufblühenden Städte und finden in diesem einen treuen
Bundesgenossen im Kampf gegen die Vorherrschaft des Papstes; hier macht
Guttenberg seine Versuche in der Buchdruckerkunst, die der Reformation so
entscheidend zum Sieg verholfen hat; hier spielen die Bauernkriege mit all
ihren Schrecknissen, hier pflanzen im 30jährigen Kriege die Schweden das
siegende Banner auf, hier schlägt Bernhard v. Weimar 1634 die Katholiken.
Das ist deutsche Geschichte und immer deutscher Geist bis zum Raub, den
Frankreich an diesen Landen übte, und auch da noch läßt sich der alte Kern
nicht ertödten und treibt leise seine Keime, trotz aller Hindernisse. Es ist
tröstlich, so in die Vergangenheit von Elsaß und Lothringen zu blicken, denn
diese seine Geschichte gibt Bürgschaft für seine deutsche Zukunft. Und deutsch
wie die Geschichte ist auch die Sage, der Steger in seinem Buche eine besondere
Berücksichtigung schenkt. Mit ihrem naiv-kindlichen Charakter muß sie jeden
Deutschen wie ein Heimathgruß freuen; so manche derselben finden wir wieder
in den grünen Wäldern Thüringens, im Muldethal oder auch in den Bergen
der deutschen Schweiz. So scheint uns das Buch eine Arbeit, die nicht nur
für den Krieg, wie so viele andere literarische Erscheinungen, sondern nament¬
lich und hauptsächlich in den Tagen des Friedens ihre volle Bedeutung ent¬
falten wird. Nun, wo der Frühling die Schlachtfelder vom Hochsommer,
Herbst und Winter überkleidet hat, werden wohl viele Reiselustige ihren Flug
nach dem Elsaß nehmen, um die Siegesbahn kennen zu lernen, die vielleicht
ihre Angehörigen mit erkämpft haben, oder um das uns so lange entfremdete Land
wieder als ein deutsches zu begrüßen. Und all diese Elsaßfahrer werden
mit doppeltem Genuß reisen, wenn sie vorher aus dem vorliegenden Buche
sich eine genaue Kenntniß von Land und Leuten, Geschichte und Sage
erworben haben. Möge diese Aufgabe das Büchlein in gesegneten, glück¬
I. lichen Friedenstagen recht lange und vielseitig erfüllen!




Verantwortlicher Redacteur: Ur. Haus Bl"in.
Vertan, von F. L. Hrrl'ig. -- Druck von Hiithel Legler in Leipzig.
Besprechung.

Das Elsaß und Deutsch-Lothringen von Dr. Friedrich Steger.
Leipzig, Quandt und Händel.

Der Verfasser führt uns in genauen Einzelschilderungen durch das von
der Natur so reich geschmückte Land, dessen bewunderndes Lob aus Goethe's
Mund uns Allen geläufig ist. Aber wir folgen hier auch dem Gang der Welt¬
geschichte : Wir sehen Spuren der Kelten, Bauten und Alterthümer der Römer.
Die Fluth der Völkerwanderung wälzt sich auch über diese Gauen, aus mancher
Sage tritt uns die Gestalt Attila's entgegen. Die Merovinger gründen sich
hier ihre Pfalzen; Karl der Große und seine Nachkommen, dann die sächsischen,
die fränkischen Kaiser schützen mit starker Hand diese Grenzlande, heben das
Bürgerthum der aufblühenden Städte und finden in diesem einen treuen
Bundesgenossen im Kampf gegen die Vorherrschaft des Papstes; hier macht
Guttenberg seine Versuche in der Buchdruckerkunst, die der Reformation so
entscheidend zum Sieg verholfen hat; hier spielen die Bauernkriege mit all
ihren Schrecknissen, hier pflanzen im 30jährigen Kriege die Schweden das
siegende Banner auf, hier schlägt Bernhard v. Weimar 1634 die Katholiken.
Das ist deutsche Geschichte und immer deutscher Geist bis zum Raub, den
Frankreich an diesen Landen übte, und auch da noch läßt sich der alte Kern
nicht ertödten und treibt leise seine Keime, trotz aller Hindernisse. Es ist
tröstlich, so in die Vergangenheit von Elsaß und Lothringen zu blicken, denn
diese seine Geschichte gibt Bürgschaft für seine deutsche Zukunft. Und deutsch
wie die Geschichte ist auch die Sage, der Steger in seinem Buche eine besondere
Berücksichtigung schenkt. Mit ihrem naiv-kindlichen Charakter muß sie jeden
Deutschen wie ein Heimathgruß freuen; so manche derselben finden wir wieder
in den grünen Wäldern Thüringens, im Muldethal oder auch in den Bergen
der deutschen Schweiz. So scheint uns das Buch eine Arbeit, die nicht nur
für den Krieg, wie so viele andere literarische Erscheinungen, sondern nament¬
lich und hauptsächlich in den Tagen des Friedens ihre volle Bedeutung ent¬
falten wird. Nun, wo der Frühling die Schlachtfelder vom Hochsommer,
Herbst und Winter überkleidet hat, werden wohl viele Reiselustige ihren Flug
nach dem Elsaß nehmen, um die Siegesbahn kennen zu lernen, die vielleicht
ihre Angehörigen mit erkämpft haben, oder um das uns so lange entfremdete Land
wieder als ein deutsches zu begrüßen. Und all diese Elsaßfahrer werden
mit doppeltem Genuß reisen, wenn sie vorher aus dem vorliegenden Buche
sich eine genaue Kenntniß von Land und Leuten, Geschichte und Sage
erworben haben. Möge diese Aufgabe das Büchlein in gesegneten, glück¬
I. lichen Friedenstagen recht lange und vielseitig erfüllen!




Verantwortlicher Redacteur: Ur. Haus Bl»in.
Vertan, von F. L. Hrrl'ig. — Druck von Hiithel Legler in Leipzig.
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[0168] Besprechung. Das Elsaß und Deutsch-Lothringen von Dr. Friedrich Steger. Leipzig, Quandt und Händel. Der Verfasser führt uns in genauen Einzelschilderungen durch das von der Natur so reich geschmückte Land, dessen bewunderndes Lob aus Goethe's Mund uns Allen geläufig ist. Aber wir folgen hier auch dem Gang der Welt¬ geschichte : Wir sehen Spuren der Kelten, Bauten und Alterthümer der Römer. Die Fluth der Völkerwanderung wälzt sich auch über diese Gauen, aus mancher Sage tritt uns die Gestalt Attila's entgegen. Die Merovinger gründen sich hier ihre Pfalzen; Karl der Große und seine Nachkommen, dann die sächsischen, die fränkischen Kaiser schützen mit starker Hand diese Grenzlande, heben das Bürgerthum der aufblühenden Städte und finden in diesem einen treuen Bundesgenossen im Kampf gegen die Vorherrschaft des Papstes; hier macht Guttenberg seine Versuche in der Buchdruckerkunst, die der Reformation so entscheidend zum Sieg verholfen hat; hier spielen die Bauernkriege mit all ihren Schrecknissen, hier pflanzen im 30jährigen Kriege die Schweden das siegende Banner auf, hier schlägt Bernhard v. Weimar 1634 die Katholiken. Das ist deutsche Geschichte und immer deutscher Geist bis zum Raub, den Frankreich an diesen Landen übte, und auch da noch läßt sich der alte Kern nicht ertödten und treibt leise seine Keime, trotz aller Hindernisse. Es ist tröstlich, so in die Vergangenheit von Elsaß und Lothringen zu blicken, denn diese seine Geschichte gibt Bürgschaft für seine deutsche Zukunft. Und deutsch wie die Geschichte ist auch die Sage, der Steger in seinem Buche eine besondere Berücksichtigung schenkt. Mit ihrem naiv-kindlichen Charakter muß sie jeden Deutschen wie ein Heimathgruß freuen; so manche derselben finden wir wieder in den grünen Wäldern Thüringens, im Muldethal oder auch in den Bergen der deutschen Schweiz. So scheint uns das Buch eine Arbeit, die nicht nur für den Krieg, wie so viele andere literarische Erscheinungen, sondern nament¬ lich und hauptsächlich in den Tagen des Friedens ihre volle Bedeutung ent¬ falten wird. Nun, wo der Frühling die Schlachtfelder vom Hochsommer, Herbst und Winter überkleidet hat, werden wohl viele Reiselustige ihren Flug nach dem Elsaß nehmen, um die Siegesbahn kennen zu lernen, die vielleicht ihre Angehörigen mit erkämpft haben, oder um das uns so lange entfremdete Land wieder als ein deutsches zu begrüßen. Und all diese Elsaßfahrer werden mit doppeltem Genuß reisen, wenn sie vorher aus dem vorliegenden Buche sich eine genaue Kenntniß von Land und Leuten, Geschichte und Sage erworben haben. Möge diese Aufgabe das Büchlein in gesegneten, glück¬ I. lichen Friedenstagen recht lange und vielseitig erfüllen! Verantwortlicher Redacteur: Ur. Haus Bl»in. Vertan, von F. L. Hrrl'ig. — Druck von Hiithel Legler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/168>, abgerufen am 30.04.2024.