Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.blick, wo sie (wie sie von ihrem Standpunkte aus höchst thörichter Weise ge¬ Die Kreuzzeitung hat sich, wahrscheinlich nicht ohne innern Kampf, ent¬ -- o. ^V. -- Unsere Beziehungen zu Frankreich. Seitdem die französische Anleihe den großen Erfolg gehabt, von dem blick, wo sie (wie sie von ihrem Standpunkte aus höchst thörichter Weise ge¬ Die Kreuzzeitung hat sich, wahrscheinlich nicht ohne innern Kampf, ent¬ — o. ^V. — Unsere Beziehungen zu Frankreich. Seitdem die französische Anleihe den großen Erfolg gehabt, von dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0125" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/288406"/> <p xml:id="ID_343" prev="#ID_342"> blick, wo sie (wie sie von ihrem Standpunkte aus höchst thörichter Weise ge¬<lb/> than) es mit der Negierung verderben und die Bevölkerung aus ihrer Apathie<lb/> aufrütteln, werden sie rasch den Boden unter ihren Füßen schwinden sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_344"> Die Kreuzzeitung hat sich, wahrscheinlich nicht ohne innern Kampf, ent¬<lb/> schlossen, die Mittheilung über die Einführung des neuen Bürgermeisters von<lb/> Dortmund aus dem „Reichsanzeiger" aufzunehmen. Das Ereigniß ist eines<lb/> der bedeutendsten und am meisten für unsere innere Entwickelung charakteri¬<lb/> stisch. Mit welchem Schauder wurde noch im Januar 1862 der „rothe Becker",<lb/> als er in das preußische Abgeordnetenhaus trat, angesehen und so weit sind<lb/> in noch nicht zehn Jahren die alten Vorurtheile, welche in dem Jahrzehnt der<lb/> kurzen Revolution und der langen Reaction unbedingt geherrscht und auch<lb/> die neue Aera überdauert hatten, überwunden, daß solche Erkennung möglich<lb/> ist. Bismarck, der den „rothen Becker" zum Bürgermeister von Dortmund<lb/> macht! Wer das dereinst dem Rundschauer vorausgesagt hätte! Aber der<lb/> Rundschauer ist heute unschädlich und glaubt wenigstens an Das, was er mit<lb/> Schmerzen sieht: die Ungläubigen von heut stehen in einem andern Lager.</p><lb/> <note type="byline"> — o. ^V. —</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Unsere Beziehungen zu Frankreich.</head><lb/> <p xml:id="ID_345" next="#ID_346"> Seitdem die französische Anleihe den großen Erfolg gehabt, von dem<lb/> schwer zu sagen ist, ob er die natürlichen Erwartungen übertroffen oder nur<lb/> ^rechtfertigt hat, ist des Rühmens und der Selbstzufriedenheit, welche von<lb/> Frankreich her erschallen, kein Ende. Es trafen viele günstige Umstände zu¬<lb/> sammen, den Erfolg dieser Anleihe zu erleichtern. Zu diesen Umständen ist<lb/> Kohl vor Allem zu rechnen die Brandlegung großer Capitalbestände durch den<lb/> ^rieg, welcher die Anlegung derselben in der Industrie verhinderte. Die<lb/> ^rachlegung dauert auch nach dem Kriege in sofern an, als die Industrie<lb/> sür eine Zeit lang die Sicherheit verloren hat, welche Bahnen sie gehen soll.<lb/> Scheint es doch, als stehe Frankreich im Begriff, zum Schutzzollsystem zurück¬<lb/> zukehren oder doch ein Experiment in dieser Richtung zu machen und damit<lb/> com Stillstand, wenn nicht gar eine rückläufige Bewegung in der interna¬<lb/> tionalen Tarifreform, welche in einem so wohlthätigen Fortschreiten begriffen<lb/> für eine Zeit lang herbeizuführen. So lange eine derartige Ungewi߬<lb/> st fortdauert, wird der industrielle Aufschwung nicht den großen Umfang<lb/> annehmen können, welcher sonst die Folge der Rückkehr des Friedens nach einer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0125]
blick, wo sie (wie sie von ihrem Standpunkte aus höchst thörichter Weise ge¬
than) es mit der Negierung verderben und die Bevölkerung aus ihrer Apathie
aufrütteln, werden sie rasch den Boden unter ihren Füßen schwinden sehen.
Die Kreuzzeitung hat sich, wahrscheinlich nicht ohne innern Kampf, ent¬
schlossen, die Mittheilung über die Einführung des neuen Bürgermeisters von
Dortmund aus dem „Reichsanzeiger" aufzunehmen. Das Ereigniß ist eines
der bedeutendsten und am meisten für unsere innere Entwickelung charakteri¬
stisch. Mit welchem Schauder wurde noch im Januar 1862 der „rothe Becker",
als er in das preußische Abgeordnetenhaus trat, angesehen und so weit sind
in noch nicht zehn Jahren die alten Vorurtheile, welche in dem Jahrzehnt der
kurzen Revolution und der langen Reaction unbedingt geherrscht und auch
die neue Aera überdauert hatten, überwunden, daß solche Erkennung möglich
ist. Bismarck, der den „rothen Becker" zum Bürgermeister von Dortmund
macht! Wer das dereinst dem Rundschauer vorausgesagt hätte! Aber der
Rundschauer ist heute unschädlich und glaubt wenigstens an Das, was er mit
Schmerzen sieht: die Ungläubigen von heut stehen in einem andern Lager.
— o. ^V. —
Unsere Beziehungen zu Frankreich.
Seitdem die französische Anleihe den großen Erfolg gehabt, von dem
schwer zu sagen ist, ob er die natürlichen Erwartungen übertroffen oder nur
^rechtfertigt hat, ist des Rühmens und der Selbstzufriedenheit, welche von
Frankreich her erschallen, kein Ende. Es trafen viele günstige Umstände zu¬
sammen, den Erfolg dieser Anleihe zu erleichtern. Zu diesen Umständen ist
Kohl vor Allem zu rechnen die Brandlegung großer Capitalbestände durch den
^rieg, welcher die Anlegung derselben in der Industrie verhinderte. Die
^rachlegung dauert auch nach dem Kriege in sofern an, als die Industrie
sür eine Zeit lang die Sicherheit verloren hat, welche Bahnen sie gehen soll.
Scheint es doch, als stehe Frankreich im Begriff, zum Schutzzollsystem zurück¬
zukehren oder doch ein Experiment in dieser Richtung zu machen und damit
com Stillstand, wenn nicht gar eine rückläufige Bewegung in der interna¬
tionalen Tarifreform, welche in einem so wohlthätigen Fortschreiten begriffen
für eine Zeit lang herbeizuführen. So lange eine derartige Ungewi߬
st fortdauert, wird der industrielle Aufschwung nicht den großen Umfang
annehmen können, welcher sonst die Folge der Rückkehr des Friedens nach einer
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |