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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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gefunden, daß die Strikes zu gar nichts führen, denn wenn alle Preise stei¬
gen, so hat der Arbeiter zuletzt nicht mehr als vorher.

Nichts ist leichter zuzugeben, als daß die Arbeiter recht oft über das Ziel
hinausschießen, daß die Stilles manchmal unbillig und sogar widersinnig
sind, daß besonders die Socialdemokraten, ob sie zur Fraction Tölcke oder
Bebel-Liebknecht gehören, unangenehme Leute sind, mit denen man nicht
gern umgeht, wenn man nicht gerade muß -- aber trotz alledem muß man
die Dinge nehmen, wie sie sind. Der Gedanke, die wirthschaftliche Gesetz¬
gebung der letzten Jahre rückgängig machen zu wollen, ja selbst nur zu be¬
schränken, ist eine Absurdität und alle Armeen und Polizisten der Welt
würden nicht hinreichen, um eine "sociale Gliederung" wieder herbeizuführen.

Soll man deßhalb verzweifeln? Wird die Welt zu Grunde gehen, weil
es uns unbehaglich wird? Bisher hat sich die Menschheit in solchen Lagen
immer selbst geholfen. Aus wilden, chaotischen Zuständen haben sich wirklich
neue Organisationen gebildet. Auch wir befinden uns in einer solchen Gäh-
rungsepoche. Eine Organisation wird daraus unzweifelhaft hervorgehen,
aber sicher keine, für die man das Muster nur aus der Vergangenheit zu
nehmen braucht. Und es ist außerdem gesorgt, daß die Bäume nicht in den
Himmel wachsen. Wenn die Arbeiter heut übermüthig sind, so kommt es
daher, daß wir in einer Periode beispiellosen Aufschwungs uns befinden. Die
Nachfrage nach Arbeitskraft ist viel größer als das Angebot und der Arbeiter
'stellt danach seine Forderungen. Sollte, was Gott verhüten wolle, einmal
eine Zeit des Rückgangs kommen, so würden dieselben Arbeiter froh sein,
wenn sie nur die Levensnothdurft verdienten.

Aber es geht mit den großen Reformen den Völkern, wie es den Juden
erging. Bei den ersten Unannehmlichkeiten, welche die neue Freiheit bringt,
sehnen sie sich stets nach dem Fleischtöpfen Aegypten zurück. Womit nicht
gesagt sein soll, daß wir gerade dem gelobten Lande entgegensteuern.
'


-- o. A. --


Die directen Iampfschisfverbindungen zwischen Deutsch-
land und Westindien und deren Aemchung zur
Korrespondenz-Aeförderung.
I. Route Bremen-Colon.

Die Schiffe des Norddeutschen Lloyd in Bremen coursiren zur Zeit
wie folgt:-

^. Aus Bremen am 7. d. M. R. Aus La Guayra am 7. d. M
in Southampton - 10. - in Puerto Cabello - 9. -
- Se. Thomas - 23. - - Savanilla - 1?- -
- Colon - 28. - - Colon - 21. -
- Savanilla - 2 - - Se. Thomas - 23. -
- Puerto Cabello - 5. - - Southampton - 7. -
- La Guayra - 6. - - Bremen - 10. -

gefunden, daß die Strikes zu gar nichts führen, denn wenn alle Preise stei¬
gen, so hat der Arbeiter zuletzt nicht mehr als vorher.

Nichts ist leichter zuzugeben, als daß die Arbeiter recht oft über das Ziel
hinausschießen, daß die Stilles manchmal unbillig und sogar widersinnig
sind, daß besonders die Socialdemokraten, ob sie zur Fraction Tölcke oder
Bebel-Liebknecht gehören, unangenehme Leute sind, mit denen man nicht
gern umgeht, wenn man nicht gerade muß — aber trotz alledem muß man
die Dinge nehmen, wie sie sind. Der Gedanke, die wirthschaftliche Gesetz¬
gebung der letzten Jahre rückgängig machen zu wollen, ja selbst nur zu be¬
schränken, ist eine Absurdität und alle Armeen und Polizisten der Welt
würden nicht hinreichen, um eine „sociale Gliederung" wieder herbeizuführen.

Soll man deßhalb verzweifeln? Wird die Welt zu Grunde gehen, weil
es uns unbehaglich wird? Bisher hat sich die Menschheit in solchen Lagen
immer selbst geholfen. Aus wilden, chaotischen Zuständen haben sich wirklich
neue Organisationen gebildet. Auch wir befinden uns in einer solchen Gäh-
rungsepoche. Eine Organisation wird daraus unzweifelhaft hervorgehen,
aber sicher keine, für die man das Muster nur aus der Vergangenheit zu
nehmen braucht. Und es ist außerdem gesorgt, daß die Bäume nicht in den
Himmel wachsen. Wenn die Arbeiter heut übermüthig sind, so kommt es
daher, daß wir in einer Periode beispiellosen Aufschwungs uns befinden. Die
Nachfrage nach Arbeitskraft ist viel größer als das Angebot und der Arbeiter
'stellt danach seine Forderungen. Sollte, was Gott verhüten wolle, einmal
eine Zeit des Rückgangs kommen, so würden dieselben Arbeiter froh sein,
wenn sie nur die Levensnothdurft verdienten.

Aber es geht mit den großen Reformen den Völkern, wie es den Juden
erging. Bei den ersten Unannehmlichkeiten, welche die neue Freiheit bringt,
sehnen sie sich stets nach dem Fleischtöpfen Aegypten zurück. Womit nicht
gesagt sein soll, daß wir gerade dem gelobten Lande entgegensteuern.
'


— o. A. —


Die directen Iampfschisfverbindungen zwischen Deutsch-
land und Westindien und deren Aemchung zur
Korrespondenz-Aeförderung.
I. Route Bremen-Colon.

Die Schiffe des Norddeutschen Lloyd in Bremen coursiren zur Zeit
wie folgt:-

^. Aus Bremen am 7. d. M. R. Aus La Guayra am 7. d. M
in Southampton - 10. - in Puerto Cabello - 9. -
- Se. Thomas - 23. - - Savanilla - 1?- -
- Colon - 28. - - Colon - 21. -
- Savanilla - 2 - - Se. Thomas - 23. -
- Puerto Cabello - 5. - - Southampton - 7. -
- La Guayra - 6. - - Bremen - 10. -

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[0318] gefunden, daß die Strikes zu gar nichts führen, denn wenn alle Preise stei¬ gen, so hat der Arbeiter zuletzt nicht mehr als vorher. Nichts ist leichter zuzugeben, als daß die Arbeiter recht oft über das Ziel hinausschießen, daß die Stilles manchmal unbillig und sogar widersinnig sind, daß besonders die Socialdemokraten, ob sie zur Fraction Tölcke oder Bebel-Liebknecht gehören, unangenehme Leute sind, mit denen man nicht gern umgeht, wenn man nicht gerade muß — aber trotz alledem muß man die Dinge nehmen, wie sie sind. Der Gedanke, die wirthschaftliche Gesetz¬ gebung der letzten Jahre rückgängig machen zu wollen, ja selbst nur zu be¬ schränken, ist eine Absurdität und alle Armeen und Polizisten der Welt würden nicht hinreichen, um eine „sociale Gliederung" wieder herbeizuführen. Soll man deßhalb verzweifeln? Wird die Welt zu Grunde gehen, weil es uns unbehaglich wird? Bisher hat sich die Menschheit in solchen Lagen immer selbst geholfen. Aus wilden, chaotischen Zuständen haben sich wirklich neue Organisationen gebildet. Auch wir befinden uns in einer solchen Gäh- rungsepoche. Eine Organisation wird daraus unzweifelhaft hervorgehen, aber sicher keine, für die man das Muster nur aus der Vergangenheit zu nehmen braucht. Und es ist außerdem gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Wenn die Arbeiter heut übermüthig sind, so kommt es daher, daß wir in einer Periode beispiellosen Aufschwungs uns befinden. Die Nachfrage nach Arbeitskraft ist viel größer als das Angebot und der Arbeiter 'stellt danach seine Forderungen. Sollte, was Gott verhüten wolle, einmal eine Zeit des Rückgangs kommen, so würden dieselben Arbeiter froh sein, wenn sie nur die Levensnothdurft verdienten. Aber es geht mit den großen Reformen den Völkern, wie es den Juden erging. Bei den ersten Unannehmlichkeiten, welche die neue Freiheit bringt, sehnen sie sich stets nach dem Fleischtöpfen Aegypten zurück. Womit nicht gesagt sein soll, daß wir gerade dem gelobten Lande entgegensteuern. ' — o. A. — Die directen Iampfschisfverbindungen zwischen Deutsch- land und Westindien und deren Aemchung zur Korrespondenz-Aeförderung. I. Route Bremen-Colon. Die Schiffe des Norddeutschen Lloyd in Bremen coursiren zur Zeit wie folgt:- ^. Aus Bremen am 7. d. M. R. Aus La Guayra am 7. d. M in Southampton - 10. - in Puerto Cabello - 9. - - Se. Thomas - 23. - - Savanilla - 1?- - - Colon - 28. - - Colon - 21. - - Savanilla - 2 - - Se. Thomas - 23. - - Puerto Cabello - 5. - - Southampton - 7. - - La Guayra - 6. - - Bremen - 10. -

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/318>, abgerufen am 08.05.2024.