Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

James Rice wurde so furchtbar mit Ruthen gehauen, daß er davon einen
ganzen Monat krank war. Die Bande, die das verübte, ging dann nach dem
nächsten Hause, wo sie Eti Leach ermordete. Rice hörte, wie Leach um Er¬
barmen flehte. Dann fiel ein Schuß, worauf jener aufschrie. Darauf noch
eine Anzahl Schüsse und wildes Johlen der Kultur-Mer. Leach blieb ver¬
schwunden, bis man seinen Leichnam vier Wochen später mit drei Kugeln im
Kopfe und einer im rechten Beine im Bulls Creek fand. Rice erkannte
mehrere von den Missethätern, die beiläufig hier wie in mehreren anderen
Fällen sagten, sie kämen direct aus der Hölle, um die Radicalen zu vernich¬
ten, sagte aber bei der Leichenschau, er wage nicht zu sagen, wer sie wären,
worin ihn der Coroner bestärkte."

Mit dieser schönen Illustration zu der Vortrefflichkeit der Zustände in
großen Theilen der transatlantischen Musterrepublik -- in anderen Gegenden
Südcarolina's und der Nachbarstaaten bis nach Florida hinab war es ähn¬
lich -- wollen wir unsere Auszüge für diesmal schließen. Eine weitere Aus¬
wahl aus den Mittheilungen unseres Berichterstatters, die auch über die Or¬
ganisation und die geheimen Zeichen und Stichworte des Kuklux-Bundes
einige Einzelheiten bringen wird, versparen wir auf die nächste Nummer d. Bl.




H. H. Hervinus.

Gervinus von Richard Gosche. Zweiter verbesserter und vermehrter Ab¬
druck. Leipzig, 1871.

Georg Gottfried Gervinus ist gestorben in der Fülle seiner geistigen
Kraft, körperlich kaum weniger rüstig, als in jüngeren Jahren, thätig wie nur
jemals in seinem arbeitsvollen Leben, aber mit lief verwundeten Gemüthe und
im offenen Kampfe gegen die große Mehrheit seines Volkes, das ihn einst
unter seine gefeiertsten Führer gezählt hat. Seine letzten Tage hat ein Streit
getrübt, der, heftig verbittert, wie er war, diesen Gegensatz in seiner ganzen
Schärfe auch für alle Fernerstehenden hervortreten ließ, während freilich Ger¬
vinus selbst sich schon seit Jahren keinerlei Illusionen darüber gemacht hatte.
Er wußte vollkommen, wie vereinsamt er mit seinen Anschauungen dastand,
und vielleicht war gerade diese Einsicht ein Grund mehr für ihn, öffentlich
und rückhaltlos mit denselben hervorzutreten; sie ausführlich zu entwickeln und
zu begründen, wie er beabsichtigt, ist er dann nachher nicht mehr im Stande
gewesen. Scheint es doch, als hätte er sich von jeher die Worte zum Wahl'
Spruch genommen, die Virgil dem zögernden Dante zuruft:


James Rice wurde so furchtbar mit Ruthen gehauen, daß er davon einen
ganzen Monat krank war. Die Bande, die das verübte, ging dann nach dem
nächsten Hause, wo sie Eti Leach ermordete. Rice hörte, wie Leach um Er¬
barmen flehte. Dann fiel ein Schuß, worauf jener aufschrie. Darauf noch
eine Anzahl Schüsse und wildes Johlen der Kultur-Mer. Leach blieb ver¬
schwunden, bis man seinen Leichnam vier Wochen später mit drei Kugeln im
Kopfe und einer im rechten Beine im Bulls Creek fand. Rice erkannte
mehrere von den Missethätern, die beiläufig hier wie in mehreren anderen
Fällen sagten, sie kämen direct aus der Hölle, um die Radicalen zu vernich¬
ten, sagte aber bei der Leichenschau, er wage nicht zu sagen, wer sie wären,
worin ihn der Coroner bestärkte."

Mit dieser schönen Illustration zu der Vortrefflichkeit der Zustände in
großen Theilen der transatlantischen Musterrepublik — in anderen Gegenden
Südcarolina's und der Nachbarstaaten bis nach Florida hinab war es ähn¬
lich — wollen wir unsere Auszüge für diesmal schließen. Eine weitere Aus¬
wahl aus den Mittheilungen unseres Berichterstatters, die auch über die Or¬
ganisation und die geheimen Zeichen und Stichworte des Kuklux-Bundes
einige Einzelheiten bringen wird, versparen wir auf die nächste Nummer d. Bl.




H. H. Hervinus.

Gervinus von Richard Gosche. Zweiter verbesserter und vermehrter Ab¬
druck. Leipzig, 1871.

Georg Gottfried Gervinus ist gestorben in der Fülle seiner geistigen
Kraft, körperlich kaum weniger rüstig, als in jüngeren Jahren, thätig wie nur
jemals in seinem arbeitsvollen Leben, aber mit lief verwundeten Gemüthe und
im offenen Kampfe gegen die große Mehrheit seines Volkes, das ihn einst
unter seine gefeiertsten Führer gezählt hat. Seine letzten Tage hat ein Streit
getrübt, der, heftig verbittert, wie er war, diesen Gegensatz in seiner ganzen
Schärfe auch für alle Fernerstehenden hervortreten ließ, während freilich Ger¬
vinus selbst sich schon seit Jahren keinerlei Illusionen darüber gemacht hatte.
Er wußte vollkommen, wie vereinsamt er mit seinen Anschauungen dastand,
und vielleicht war gerade diese Einsicht ein Grund mehr für ihn, öffentlich
und rückhaltlos mit denselben hervorzutreten; sie ausführlich zu entwickeln und
zu begründen, wie er beabsichtigt, ist er dann nachher nicht mehr im Stande
gewesen. Scheint es doch, als hätte er sich von jeher die Worte zum Wahl'
Spruch genommen, die Virgil dem zögernden Dante zuruft:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0060" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126914"/>
            <p xml:id="ID_146"> James Rice wurde so furchtbar mit Ruthen gehauen, daß er davon einen<lb/>
ganzen Monat krank war. Die Bande, die das verübte, ging dann nach dem<lb/>
nächsten Hause, wo sie Eti Leach ermordete. Rice hörte, wie Leach um Er¬<lb/>
barmen flehte. Dann fiel ein Schuß, worauf jener aufschrie. Darauf noch<lb/>
eine Anzahl Schüsse und wildes Johlen der Kultur-Mer. Leach blieb ver¬<lb/>
schwunden, bis man seinen Leichnam vier Wochen später mit drei Kugeln im<lb/>
Kopfe und einer im rechten Beine im Bulls Creek fand. Rice erkannte<lb/>
mehrere von den Missethätern, die beiläufig hier wie in mehreren anderen<lb/>
Fällen sagten, sie kämen direct aus der Hölle, um die Radicalen zu vernich¬<lb/>
ten, sagte aber bei der Leichenschau, er wage nicht zu sagen, wer sie wären,<lb/>
worin ihn der Coroner bestärkte."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_147"> Mit dieser schönen Illustration zu der Vortrefflichkeit der Zustände in<lb/>
großen Theilen der transatlantischen Musterrepublik &#x2014; in anderen Gegenden<lb/>
Südcarolina's und der Nachbarstaaten bis nach Florida hinab war es ähn¬<lb/>
lich &#x2014; wollen wir unsere Auszüge für diesmal schließen. Eine weitere Aus¬<lb/>
wahl aus den Mittheilungen unseres Berichterstatters, die auch über die Or¬<lb/>
ganisation und die geheimen Zeichen und Stichworte des Kuklux-Bundes<lb/>
einige Einzelheiten bringen wird, versparen wir auf die nächste Nummer d. Bl.</p><lb/>
            <note type="byline"/><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> H. H. Hervinus.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_148"> Gervinus von Richard Gosche. Zweiter verbesserter und vermehrter Ab¬<lb/>
druck.  Leipzig, 1871.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_149"> Georg Gottfried Gervinus ist gestorben in der Fülle seiner geistigen<lb/>
Kraft, körperlich kaum weniger rüstig, als in jüngeren Jahren, thätig wie nur<lb/>
jemals in seinem arbeitsvollen Leben, aber mit lief verwundeten Gemüthe und<lb/>
im offenen Kampfe gegen die große Mehrheit seines Volkes, das ihn einst<lb/>
unter seine gefeiertsten Führer gezählt hat. Seine letzten Tage hat ein Streit<lb/>
getrübt, der, heftig verbittert, wie er war, diesen Gegensatz in seiner ganzen<lb/>
Schärfe auch für alle Fernerstehenden hervortreten ließ, während freilich Ger¬<lb/>
vinus selbst sich schon seit Jahren keinerlei Illusionen darüber gemacht hatte.<lb/>
Er wußte vollkommen, wie vereinsamt er mit seinen Anschauungen dastand,<lb/>
und vielleicht war gerade diese Einsicht ein Grund mehr für ihn, öffentlich<lb/>
und rückhaltlos mit denselben hervorzutreten; sie ausführlich zu entwickeln und<lb/>
zu begründen, wie er beabsichtigt, ist er dann nachher nicht mehr im Stande<lb/>
gewesen. Scheint es doch, als hätte er sich von jeher die Worte zum Wahl'<lb/>
Spruch genommen, die Virgil dem zögernden Dante zuruft:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0060] James Rice wurde so furchtbar mit Ruthen gehauen, daß er davon einen ganzen Monat krank war. Die Bande, die das verübte, ging dann nach dem nächsten Hause, wo sie Eti Leach ermordete. Rice hörte, wie Leach um Er¬ barmen flehte. Dann fiel ein Schuß, worauf jener aufschrie. Darauf noch eine Anzahl Schüsse und wildes Johlen der Kultur-Mer. Leach blieb ver¬ schwunden, bis man seinen Leichnam vier Wochen später mit drei Kugeln im Kopfe und einer im rechten Beine im Bulls Creek fand. Rice erkannte mehrere von den Missethätern, die beiläufig hier wie in mehreren anderen Fällen sagten, sie kämen direct aus der Hölle, um die Radicalen zu vernich¬ ten, sagte aber bei der Leichenschau, er wage nicht zu sagen, wer sie wären, worin ihn der Coroner bestärkte." Mit dieser schönen Illustration zu der Vortrefflichkeit der Zustände in großen Theilen der transatlantischen Musterrepublik — in anderen Gegenden Südcarolina's und der Nachbarstaaten bis nach Florida hinab war es ähn¬ lich — wollen wir unsere Auszüge für diesmal schließen. Eine weitere Aus¬ wahl aus den Mittheilungen unseres Berichterstatters, die auch über die Or¬ ganisation und die geheimen Zeichen und Stichworte des Kuklux-Bundes einige Einzelheiten bringen wird, versparen wir auf die nächste Nummer d. Bl. H. H. Hervinus. Gervinus von Richard Gosche. Zweiter verbesserter und vermehrter Ab¬ druck. Leipzig, 1871. Georg Gottfried Gervinus ist gestorben in der Fülle seiner geistigen Kraft, körperlich kaum weniger rüstig, als in jüngeren Jahren, thätig wie nur jemals in seinem arbeitsvollen Leben, aber mit lief verwundeten Gemüthe und im offenen Kampfe gegen die große Mehrheit seines Volkes, das ihn einst unter seine gefeiertsten Führer gezählt hat. Seine letzten Tage hat ein Streit getrübt, der, heftig verbittert, wie er war, diesen Gegensatz in seiner ganzen Schärfe auch für alle Fernerstehenden hervortreten ließ, während freilich Ger¬ vinus selbst sich schon seit Jahren keinerlei Illusionen darüber gemacht hatte. Er wußte vollkommen, wie vereinsamt er mit seinen Anschauungen dastand, und vielleicht war gerade diese Einsicht ein Grund mehr für ihn, öffentlich und rückhaltlos mit denselben hervorzutreten; sie ausführlich zu entwickeln und zu begründen, wie er beabsichtigt, ist er dann nachher nicht mehr im Stande gewesen. Scheint es doch, als hätte er sich von jeher die Worte zum Wahl' Spruch genommen, die Virgil dem zögernden Dante zuruft:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_126853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_126853/60
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_126853/60>, abgerufen am 07.05.2024.