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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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von Mr. Knittel und Kretschmar Abschied und fuhren auf Haemstorf zu.
Das fürstliche glasäugige Pferd ritt Einer um den Andern so lange, als wir
einen Sattel hatten, von Haemstorf aber lief es von selbst mit bis Bremen,
immer neben dem Wagen her. Zu Haemstorf hörten wir von unserm
Postillon, daß er und die anderen es endlich von der Regierung erhalten, daß
nun Jedermann fahren könnte, wenn er wollte. Nachdem wir daselbst unsern
Berliner wieder hatten schmieren lassen und frische Pferde bekommen, avan-
cirten wir noch des Abends bis Kämpen, wo wir das Nachtlager
nahmen.

Des Morgens darauf kamen noch andere Bremer von der Leipziger
Messe hier an, und indem wir meineten, daß unser Fuhrmann mit seinen
Pferden schon parat sei, da mußten wir noch eine Stunde und länger warten
und kam doch nicht. Deshalb nahmen wir des alten Wirthes Pferde, mußten
aber versprechen, ihm einen Zettel zu schreiben, daß er dazu gezwungen, aus
Ursach, daß der Fuhrmann die Passagieres nicht fortgeschafft. Weil nun die
andere Compagnie noch nicht fertig war. so fuhr nun einer der Herren, Mr.
Penna, mit uns voraus nach Langwedel und bestellte vor diese Wagen
und Pferde. Wir aber ließen uns eine gute Mahlzeit zurichten. Nachdem
wir nun Alles abgemachet, setzten wir uns abermals zu Wagen, und fuhren
in einem Futter nach Bremen zu, wo wir dann eben mit dem Thorschließer
noch ankamen und Alles in einem guten Zustand fanden.




Aas wendische Seminar in Trag und das Herhättnisz
der Lausitz zu Assam.

Es wird Ihnen bekannt sein, daß von hier aus allerlei Fäden nach Bautzen
hinüberspielen, die zur Verbindung der ultramontanen und deutschfeindlichen
Gesinnungen dienen, welche sowohl in der kleinen Stadt an der Spree als
in der großen an der Moldau Hauptquartiere aufgeschlagen haben. Das
katholisch-wendische Element der Lausitz und das ultramontan-tschechische in
Prag reichen sich ganz freundnachbarlich die Hände, Slaventhum und Katho¬
licismus sind die Parole und "Nieder mit den Deutschen" heißt das Feld¬
geschrei.

Wenn ich auf diese Dinge hier zu sprechen komme, so sind unsere
tschechischen Blätter selbst daran Schuld, die in diesen Tagen die Sache auf-


von Mr. Knittel und Kretschmar Abschied und fuhren auf Haemstorf zu.
Das fürstliche glasäugige Pferd ritt Einer um den Andern so lange, als wir
einen Sattel hatten, von Haemstorf aber lief es von selbst mit bis Bremen,
immer neben dem Wagen her. Zu Haemstorf hörten wir von unserm
Postillon, daß er und die anderen es endlich von der Regierung erhalten, daß
nun Jedermann fahren könnte, wenn er wollte. Nachdem wir daselbst unsern
Berliner wieder hatten schmieren lassen und frische Pferde bekommen, avan-
cirten wir noch des Abends bis Kämpen, wo wir das Nachtlager
nahmen.

Des Morgens darauf kamen noch andere Bremer von der Leipziger
Messe hier an, und indem wir meineten, daß unser Fuhrmann mit seinen
Pferden schon parat sei, da mußten wir noch eine Stunde und länger warten
und kam doch nicht. Deshalb nahmen wir des alten Wirthes Pferde, mußten
aber versprechen, ihm einen Zettel zu schreiben, daß er dazu gezwungen, aus
Ursach, daß der Fuhrmann die Passagieres nicht fortgeschafft. Weil nun die
andere Compagnie noch nicht fertig war. so fuhr nun einer der Herren, Mr.
Penna, mit uns voraus nach Langwedel und bestellte vor diese Wagen
und Pferde. Wir aber ließen uns eine gute Mahlzeit zurichten. Nachdem
wir nun Alles abgemachet, setzten wir uns abermals zu Wagen, und fuhren
in einem Futter nach Bremen zu, wo wir dann eben mit dem Thorschließer
noch ankamen und Alles in einem guten Zustand fanden.




Aas wendische Seminar in Trag und das Herhättnisz
der Lausitz zu Assam.

Es wird Ihnen bekannt sein, daß von hier aus allerlei Fäden nach Bautzen
hinüberspielen, die zur Verbindung der ultramontanen und deutschfeindlichen
Gesinnungen dienen, welche sowohl in der kleinen Stadt an der Spree als
in der großen an der Moldau Hauptquartiere aufgeschlagen haben. Das
katholisch-wendische Element der Lausitz und das ultramontan-tschechische in
Prag reichen sich ganz freundnachbarlich die Hände, Slaventhum und Katho¬
licismus sind die Parole und „Nieder mit den Deutschen" heißt das Feld¬
geschrei.

Wenn ich auf diese Dinge hier zu sprechen komme, so sind unsere
tschechischen Blätter selbst daran Schuld, die in diesen Tagen die Sache auf-


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[0229] von Mr. Knittel und Kretschmar Abschied und fuhren auf Haemstorf zu. Das fürstliche glasäugige Pferd ritt Einer um den Andern so lange, als wir einen Sattel hatten, von Haemstorf aber lief es von selbst mit bis Bremen, immer neben dem Wagen her. Zu Haemstorf hörten wir von unserm Postillon, daß er und die anderen es endlich von der Regierung erhalten, daß nun Jedermann fahren könnte, wenn er wollte. Nachdem wir daselbst unsern Berliner wieder hatten schmieren lassen und frische Pferde bekommen, avan- cirten wir noch des Abends bis Kämpen, wo wir das Nachtlager nahmen. Des Morgens darauf kamen noch andere Bremer von der Leipziger Messe hier an, und indem wir meineten, daß unser Fuhrmann mit seinen Pferden schon parat sei, da mußten wir noch eine Stunde und länger warten und kam doch nicht. Deshalb nahmen wir des alten Wirthes Pferde, mußten aber versprechen, ihm einen Zettel zu schreiben, daß er dazu gezwungen, aus Ursach, daß der Fuhrmann die Passagieres nicht fortgeschafft. Weil nun die andere Compagnie noch nicht fertig war. so fuhr nun einer der Herren, Mr. Penna, mit uns voraus nach Langwedel und bestellte vor diese Wagen und Pferde. Wir aber ließen uns eine gute Mahlzeit zurichten. Nachdem wir nun Alles abgemachet, setzten wir uns abermals zu Wagen, und fuhren in einem Futter nach Bremen zu, wo wir dann eben mit dem Thorschließer noch ankamen und Alles in einem guten Zustand fanden. Aas wendische Seminar in Trag und das Herhättnisz der Lausitz zu Assam. Es wird Ihnen bekannt sein, daß von hier aus allerlei Fäden nach Bautzen hinüberspielen, die zur Verbindung der ultramontanen und deutschfeindlichen Gesinnungen dienen, welche sowohl in der kleinen Stadt an der Spree als in der großen an der Moldau Hauptquartiere aufgeschlagen haben. Das katholisch-wendische Element der Lausitz und das ultramontan-tschechische in Prag reichen sich ganz freundnachbarlich die Hände, Slaventhum und Katho¬ licismus sind die Parole und „Nieder mit den Deutschen" heißt das Feld¬ geschrei. Wenn ich auf diese Dinge hier zu sprechen komme, so sind unsere tschechischen Blätter selbst daran Schuld, die in diesen Tagen die Sache auf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/229>, abgerufen am 03.05.2024.