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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Jesuitische Bestrebungen in den Vereinigten Staaten.

Wie in der alten Welt die religiösen und kirchlichen Fragen Staat und
Presse beschäftigen, wie an die Stelle des konfessionellen Friedens Hader
und Zank getreten sind, so auch hier. Und wie dort so hat auch hier die im
finsteren schleichende Brut der Jesuiten das Signal zum Kampfe gegeben, hat
herausgefordert und ist in gewissen Beziehungen zu einer Gefahr geworden,
gegen welche ernstliche Maßregeln ergriffen werden müssen.

Eines unserer verbreitetsten Wochenblätter "Harpers Weekly" gab dem
kürzlich durch eine Zeichnung Ausdruck. In ein friedliches Haus, über dessen
Kamin die Worte "Gleiches Recht für Alle" und "Freiheit" stehen, dringt eine
giftige zischende Schlange ein. Ihr Kopf zeigt das für die Jrländer typisch
gewordene sinnliche, bösartige und breitmäulige Gesicht. Die Frau des Hauses
schrickt zusammen und sucht ihre Kinder vor dem Gewürme zu schützen, bis
der Vater -- Bruder Jonathan -- mit dem Beile der Ordnung herbeieile
und die Schlange erschlägt. Thomas Nast, der geniale Zeichner dieses Bildes,
hat darunter geschrieben: Romisn IvZratituäg und in der That muß das
ganze Gebühren der Jesuitenpartei hier als eine Undankbarkeit gegen die Ver¬
einigten Staaten aufgefaßt werden. Ohne Zaudern sind sie dabei, ihren gif¬
tigen Stachel in die Brust zu drücken, welche ihnen bisher Schutz und Schirm
gewährte, sie lehren ihren uncultivirten Anhängern die Verachtung der öffent¬
lichen Staatsschulen, formen sich zu einer isolirten und nach der Herrschaft
strebenden Kaste und lehren schon den ankommenden Einwanderern, die in
ihre Hände fallen, Haß und Verachtung gegen die Vereinigten Staaten. Ge¬
treu ihrer Regel am grünen Holze zu beginnen, wirft der Jesuit bereits seine
Angeln am Castle Garden aus. An der Spitze der Manhattan-Halbinsel er¬
hebt sich ein großes rundes mit einer Kuppel versehenes Gebäude, ein früheres
Concertlocal, Castle Garden, durch welches sich jetzt der ganze Strom der Ein¬
wanderer in unsere Stadt ergießt. Dort haben auch die Lommissioners ot
LmiAratiov, die Einwanderungseommissäre ihren Sitz, mit denen der Ankömm¬
ling zunächst zu verkehren hat und die von außerordentlichem Einfluß auf
sein ganzes späteres Verhalten in unserem Lande sind, denn von ihnen em¬
pfängt er seine Weisungen, und da der bei weitem größte Theil der Ankom¬
menden aus ungebildeten Leuten besteht, so ist bet ihnen auch der ergiebigste
Boden für die Vorstellungen der Commissionäre. Unter diesen Commissionären
ist nun ein großer Theil Jrländer oder was fast dasselbe sagen will, Ma¬
schinen in den Händen der Jesuiten. Das corrupte Regiment der Stadt New-
York, welches in der letzten Zeit so viel Staub aufwirbelte, war hauptsächlich


Jesuitische Bestrebungen in den Vereinigten Staaten.

Wie in der alten Welt die religiösen und kirchlichen Fragen Staat und
Presse beschäftigen, wie an die Stelle des konfessionellen Friedens Hader
und Zank getreten sind, so auch hier. Und wie dort so hat auch hier die im
finsteren schleichende Brut der Jesuiten das Signal zum Kampfe gegeben, hat
herausgefordert und ist in gewissen Beziehungen zu einer Gefahr geworden,
gegen welche ernstliche Maßregeln ergriffen werden müssen.

Eines unserer verbreitetsten Wochenblätter „Harpers Weekly" gab dem
kürzlich durch eine Zeichnung Ausdruck. In ein friedliches Haus, über dessen
Kamin die Worte „Gleiches Recht für Alle" und „Freiheit" stehen, dringt eine
giftige zischende Schlange ein. Ihr Kopf zeigt das für die Jrländer typisch
gewordene sinnliche, bösartige und breitmäulige Gesicht. Die Frau des Hauses
schrickt zusammen und sucht ihre Kinder vor dem Gewürme zu schützen, bis
der Vater — Bruder Jonathan — mit dem Beile der Ordnung herbeieile
und die Schlange erschlägt. Thomas Nast, der geniale Zeichner dieses Bildes,
hat darunter geschrieben: Romisn IvZratituäg und in der That muß das
ganze Gebühren der Jesuitenpartei hier als eine Undankbarkeit gegen die Ver¬
einigten Staaten aufgefaßt werden. Ohne Zaudern sind sie dabei, ihren gif¬
tigen Stachel in die Brust zu drücken, welche ihnen bisher Schutz und Schirm
gewährte, sie lehren ihren uncultivirten Anhängern die Verachtung der öffent¬
lichen Staatsschulen, formen sich zu einer isolirten und nach der Herrschaft
strebenden Kaste und lehren schon den ankommenden Einwanderern, die in
ihre Hände fallen, Haß und Verachtung gegen die Vereinigten Staaten. Ge¬
treu ihrer Regel am grünen Holze zu beginnen, wirft der Jesuit bereits seine
Angeln am Castle Garden aus. An der Spitze der Manhattan-Halbinsel er¬
hebt sich ein großes rundes mit einer Kuppel versehenes Gebäude, ein früheres
Concertlocal, Castle Garden, durch welches sich jetzt der ganze Strom der Ein¬
wanderer in unsere Stadt ergießt. Dort haben auch die Lommissioners ot
LmiAratiov, die Einwanderungseommissäre ihren Sitz, mit denen der Ankömm¬
ling zunächst zu verkehren hat und die von außerordentlichem Einfluß auf
sein ganzes späteres Verhalten in unserem Lande sind, denn von ihnen em¬
pfängt er seine Weisungen, und da der bei weitem größte Theil der Ankom¬
menden aus ungebildeten Leuten besteht, so ist bet ihnen auch der ergiebigste
Boden für die Vorstellungen der Commissionäre. Unter diesen Commissionären
ist nun ein großer Theil Jrländer oder was fast dasselbe sagen will, Ma¬
schinen in den Händen der Jesuiten. Das corrupte Regiment der Stadt New-
York, welches in der letzten Zeit so viel Staub aufwirbelte, war hauptsächlich


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[0268] Jesuitische Bestrebungen in den Vereinigten Staaten. Wie in der alten Welt die religiösen und kirchlichen Fragen Staat und Presse beschäftigen, wie an die Stelle des konfessionellen Friedens Hader und Zank getreten sind, so auch hier. Und wie dort so hat auch hier die im finsteren schleichende Brut der Jesuiten das Signal zum Kampfe gegeben, hat herausgefordert und ist in gewissen Beziehungen zu einer Gefahr geworden, gegen welche ernstliche Maßregeln ergriffen werden müssen. Eines unserer verbreitetsten Wochenblätter „Harpers Weekly" gab dem kürzlich durch eine Zeichnung Ausdruck. In ein friedliches Haus, über dessen Kamin die Worte „Gleiches Recht für Alle" und „Freiheit" stehen, dringt eine giftige zischende Schlange ein. Ihr Kopf zeigt das für die Jrländer typisch gewordene sinnliche, bösartige und breitmäulige Gesicht. Die Frau des Hauses schrickt zusammen und sucht ihre Kinder vor dem Gewürme zu schützen, bis der Vater — Bruder Jonathan — mit dem Beile der Ordnung herbeieile und die Schlange erschlägt. Thomas Nast, der geniale Zeichner dieses Bildes, hat darunter geschrieben: Romisn IvZratituäg und in der That muß das ganze Gebühren der Jesuitenpartei hier als eine Undankbarkeit gegen die Ver¬ einigten Staaten aufgefaßt werden. Ohne Zaudern sind sie dabei, ihren gif¬ tigen Stachel in die Brust zu drücken, welche ihnen bisher Schutz und Schirm gewährte, sie lehren ihren uncultivirten Anhängern die Verachtung der öffent¬ lichen Staatsschulen, formen sich zu einer isolirten und nach der Herrschaft strebenden Kaste und lehren schon den ankommenden Einwanderern, die in ihre Hände fallen, Haß und Verachtung gegen die Vereinigten Staaten. Ge¬ treu ihrer Regel am grünen Holze zu beginnen, wirft der Jesuit bereits seine Angeln am Castle Garden aus. An der Spitze der Manhattan-Halbinsel er¬ hebt sich ein großes rundes mit einer Kuppel versehenes Gebäude, ein früheres Concertlocal, Castle Garden, durch welches sich jetzt der ganze Strom der Ein¬ wanderer in unsere Stadt ergießt. Dort haben auch die Lommissioners ot LmiAratiov, die Einwanderungseommissäre ihren Sitz, mit denen der Ankömm¬ ling zunächst zu verkehren hat und die von außerordentlichem Einfluß auf sein ganzes späteres Verhalten in unserem Lande sind, denn von ihnen em¬ pfängt er seine Weisungen, und da der bei weitem größte Theil der Ankom¬ menden aus ungebildeten Leuten besteht, so ist bet ihnen auch der ergiebigste Boden für die Vorstellungen der Commissionäre. Unter diesen Commissionären ist nun ein großer Theil Jrländer oder was fast dasselbe sagen will, Ma¬ schinen in den Händen der Jesuiten. Das corrupte Regiment der Stadt New- York, welches in der letzten Zeit so viel Staub aufwirbelte, war hauptsächlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/268>, abgerufen am 03.05.2024.