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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Z)le Dmchstechung des Isthmus von Aorinth.

Zu wiederholten Malen schon ist von einer Verbindung des Golfs von
Angina mit dem Golf von Korinth die Rede gewesen und dieselbe als wün-
schenswerth bezeichnet worden. Jetzt ist die Sache durch Ferdinand v. Lesseps
in Konstantinopel und Athen wieder auf das Tapet gebracht worden, und
wenn es bei dergleichen Unternehmungen blos auf Energie und technisches Ge¬
schick ankäme, so wäre die Landenge, um die es sich handelt, vermuthlich schon
halb durchstochen; denn der Genannte hat durch das wesentlich von ihm zu
Stande gebrachte große Werk der Verbindung des mittelländischen Meeres mit
dem Rothen bewiesen, daß jene beiden Eigenschaften ihm in eminenten Maße
beiwohnen. Energie und Geschick aber genügen hier wohl, die Ausführung
zu sichern; die Erhaltung des Geschaffenen aber wird einer Privatgesellschaft
nur möglich sein, wenn ein kalt rechnender, von Illusionen freier Verstand
hinzukommt, der sich über das Maß der Benutzung des Werkes durch die see¬
fahrende Welt und somit über den Ertrag desselben in den nächsten Jahren
nach seiner Vollendung völlig klar ist. Und hieran mangelt es dem Herrn
v. Lesseps: sein Kanal in Aegypten hat sich als ein schönes, stattliches Un¬
ternehmen, aber bis jetzt als eine wenig den gehegten Erwartungen entspre¬
chende Speculation auf Gewinn erwiesen. Damit ist aber zugleich sein neuer
Plan gerichtet, vorausgesetzt, daß nicht unvorhergesehene Umstände die Lage
der Dinge günstiger gestalten, d. h. daß die dabei interessirten Regierungen
helfen.

Betrachten wir die Sache näher. Da sie schon früher angeregt worden,
so haben auch schon oberflächliche Untersuchungen des in Rede stehenden
Terrains stattgefunden. Eine Concession ist von der griechischen Regierung
aber noch nicht ertheilt worden, und es wird eine gründliche Prüfung der
örtlichen sowie aller anderen Bedingungen der Ausführbarkeit des Planes er¬
forderlich sein, ehe sich ein sicheres Urtheil abgeben läßt.

Der Plan hat natürlich in Griechenland seine Freunde. Dieselben be¬
trachten die Durchstechung des Isthmus als ein für den Handel und die
Schifffahrt von Neuhellas sehr vortheilhaftes Unternehmen. Sie behaupten,
es sei Pflicht der Regierung in Athen, der Gesellschaft, welche sich der Aus¬
führung des Werkes unterzöge, eine starke Subvention zu gewähren oder ihr
wenigstens für einen gewissen Zeitraum eine genügende Verzinsung der Kapi¬
talien zu verbürgen, die darauf verwendet werden müßten.

Wir sind anderer Meinung und glauben, daß wir die verständig denken¬
den Griechen dabei auf unserer Seite haben. Genaue Kostenüberschläge, die
durch neue Bodenuntersuchungen vielleicht ein wenig günstiger, wahrscheinlich


Z)le Dmchstechung des Isthmus von Aorinth.

Zu wiederholten Malen schon ist von einer Verbindung des Golfs von
Angina mit dem Golf von Korinth die Rede gewesen und dieselbe als wün-
schenswerth bezeichnet worden. Jetzt ist die Sache durch Ferdinand v. Lesseps
in Konstantinopel und Athen wieder auf das Tapet gebracht worden, und
wenn es bei dergleichen Unternehmungen blos auf Energie und technisches Ge¬
schick ankäme, so wäre die Landenge, um die es sich handelt, vermuthlich schon
halb durchstochen; denn der Genannte hat durch das wesentlich von ihm zu
Stande gebrachte große Werk der Verbindung des mittelländischen Meeres mit
dem Rothen bewiesen, daß jene beiden Eigenschaften ihm in eminenten Maße
beiwohnen. Energie und Geschick aber genügen hier wohl, die Ausführung
zu sichern; die Erhaltung des Geschaffenen aber wird einer Privatgesellschaft
nur möglich sein, wenn ein kalt rechnender, von Illusionen freier Verstand
hinzukommt, der sich über das Maß der Benutzung des Werkes durch die see¬
fahrende Welt und somit über den Ertrag desselben in den nächsten Jahren
nach seiner Vollendung völlig klar ist. Und hieran mangelt es dem Herrn
v. Lesseps: sein Kanal in Aegypten hat sich als ein schönes, stattliches Un¬
ternehmen, aber bis jetzt als eine wenig den gehegten Erwartungen entspre¬
chende Speculation auf Gewinn erwiesen. Damit ist aber zugleich sein neuer
Plan gerichtet, vorausgesetzt, daß nicht unvorhergesehene Umstände die Lage
der Dinge günstiger gestalten, d. h. daß die dabei interessirten Regierungen
helfen.

Betrachten wir die Sache näher. Da sie schon früher angeregt worden,
so haben auch schon oberflächliche Untersuchungen des in Rede stehenden
Terrains stattgefunden. Eine Concession ist von der griechischen Regierung
aber noch nicht ertheilt worden, und es wird eine gründliche Prüfung der
örtlichen sowie aller anderen Bedingungen der Ausführbarkeit des Planes er¬
forderlich sein, ehe sich ein sicheres Urtheil abgeben läßt.

Der Plan hat natürlich in Griechenland seine Freunde. Dieselben be¬
trachten die Durchstechung des Isthmus als ein für den Handel und die
Schifffahrt von Neuhellas sehr vortheilhaftes Unternehmen. Sie behaupten,
es sei Pflicht der Regierung in Athen, der Gesellschaft, welche sich der Aus¬
führung des Werkes unterzöge, eine starke Subvention zu gewähren oder ihr
wenigstens für einen gewissen Zeitraum eine genügende Verzinsung der Kapi¬
talien zu verbürgen, die darauf verwendet werden müßten.

Wir sind anderer Meinung und glauben, daß wir die verständig denken¬
den Griechen dabei auf unserer Seite haben. Genaue Kostenüberschläge, die
durch neue Bodenuntersuchungen vielleicht ein wenig günstiger, wahrscheinlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/150>, abgerufen am 04.05.2024.