Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht, als Stimmen und Fußtritte das Schweigen des Lagers unterbrachen.
Und als mitleidige Finger ihnen den Schnee von den eingefallenen Gesichtern
wischten, so hätte man nach dem gleichen Frieden, der auf beiden wohnte^
kaum sagen können, welche die war, die gesündigt hatte. Selbst das Gesetz
von Poker Flat erkannte dieß an, indem es sie so ließ, wie sie einander in
die Arme geschlossen hatten. Aber am obern Ende der Bergspalte fanden sie
an einer der größten Fichten ein Coeur-Aß, daß mit einem Boweemesser an
die Rinde geheftet war. Es trug folgende mit fester Hand geschriebene Blei-
stiftinschrist:


"

Unter diesem Baum
Liegt der Leib
von

John Oalhurst
Welcher Unglück im Glücksspiel hatte

Am 2S. November 1850
Und

Die Karten hinwarf
Am 7. Dezember 1850.

"


Und pulslos und kalt, ein Derringer-Pistol an seiner Seite und eine
Kugel in seinem Herzen, aber immer noch ruhig wie im Leben, lag unter
dem Schnee der, welcher der stärkste und zugleich der schwächste unter den
Ausgestoßenen von Poker Flat gewesen war.




Demokratisches Allerlei von Kenn William Svinoler.*)

Daß wir "Gereimtes und Ungereimtes" zu lesen bekommen, versichert
uns schon der Titel. Und der Inhalt hält treulich Wort. Damit soll nicht
behauptet werden, daß das Ungereimte des Herrn Spindler sich lediglich auf
seine Prosa beschränke. Auch sein Gereimtes enthält davon achtbare Proben.
So z. B. gleich sein erstes Sonett. Andre Autoren, welche in gebundener
Rede vor das Publikum traten, suchen wenigstens im ersten Sonett -- ein
Sonett muß es ja sein -- sich etwas Zwang anzuthun. Aus einem ähn¬
lichen Motiv wie es in jenem Burschenliede heißt:



') "Allerlei -- Gereimtes und Ungereimte? -- von William Spindler" Berlin, Elwin
Staude, 1873,

nicht, als Stimmen und Fußtritte das Schweigen des Lagers unterbrachen.
Und als mitleidige Finger ihnen den Schnee von den eingefallenen Gesichtern
wischten, so hätte man nach dem gleichen Frieden, der auf beiden wohnte^
kaum sagen können, welche die war, die gesündigt hatte. Selbst das Gesetz
von Poker Flat erkannte dieß an, indem es sie so ließ, wie sie einander in
die Arme geschlossen hatten. Aber am obern Ende der Bergspalte fanden sie
an einer der größten Fichten ein Coeur-Aß, daß mit einem Boweemesser an
die Rinde geheftet war. Es trug folgende mit fester Hand geschriebene Blei-
stiftinschrist:


»

Unter diesem Baum
Liegt der Leib
von

John Oalhurst
Welcher Unglück im Glücksspiel hatte

Am 2S. November 1850
Und

Die Karten hinwarf
Am 7. Dezember 1850.

»


Und pulslos und kalt, ein Derringer-Pistol an seiner Seite und eine
Kugel in seinem Herzen, aber immer noch ruhig wie im Leben, lag unter
dem Schnee der, welcher der stärkste und zugleich der schwächste unter den
Ausgestoßenen von Poker Flat gewesen war.




Demokratisches Allerlei von Kenn William Svinoler.*)

Daß wir „Gereimtes und Ungereimtes" zu lesen bekommen, versichert
uns schon der Titel. Und der Inhalt hält treulich Wort. Damit soll nicht
behauptet werden, daß das Ungereimte des Herrn Spindler sich lediglich auf
seine Prosa beschränke. Auch sein Gereimtes enthält davon achtbare Proben.
So z. B. gleich sein erstes Sonett. Andre Autoren, welche in gebundener
Rede vor das Publikum traten, suchen wenigstens im ersten Sonett — ein
Sonett muß es ja sein — sich etwas Zwang anzuthun. Aus einem ähn¬
lichen Motiv wie es in jenem Burschenliede heißt:



') „Allerlei — Gereimtes und Ungereimte? — von William Spindler" Berlin, Elwin
Staude, 1873,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0312" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/129838"/>
          <p xml:id="ID_1035" prev="#ID_1034"> nicht, als Stimmen und Fußtritte das Schweigen des Lagers unterbrachen.<lb/>
Und als mitleidige Finger ihnen den Schnee von den eingefallenen Gesichtern<lb/>
wischten, so hätte man nach dem gleichen Frieden, der auf beiden wohnte^<lb/>
kaum sagen können, welche die war, die gesündigt hatte. Selbst das Gesetz<lb/>
von Poker Flat erkannte dieß an, indem es sie so ließ, wie sie einander in<lb/>
die Arme geschlossen hatten. Aber am obern Ende der Bergspalte fanden sie<lb/>
an einer der größten Fichten ein Coeur-Aß, daß mit einem Boweemesser an<lb/>
die Rinde geheftet war. Es trug folgende mit fester Hand geschriebene Blei-<lb/>
stiftinschrist:</p><lb/>
          <quote>
            <p xml:id="ID_1036"> »</p>
            <p xml:id="ID_1037"> Unter diesem Baum<lb/>
Liegt der Leib<lb/>
von</p>
            <p xml:id="ID_1038"> John Oalhurst<lb/>
Welcher Unglück im Glücksspiel hatte</p>
            <p xml:id="ID_1039"> Am 2S. November 1850<lb/>
Und</p>
            <p xml:id="ID_1040"> Die Karten hinwarf<lb/>
Am 7. Dezember 1850.</p>
            <p xml:id="ID_1041"> »</p>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_1042"> Und pulslos und kalt, ein Derringer-Pistol an seiner Seite und eine<lb/>
Kugel in seinem Herzen, aber immer noch ruhig wie im Leben, lag unter<lb/>
dem Schnee der, welcher der stärkste und zugleich der schwächste unter den<lb/>
Ausgestoßenen von Poker Flat gewesen war.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Demokratisches Allerlei von Kenn William Svinoler.*)</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1043"> Daß wir &#x201E;Gereimtes und Ungereimtes" zu lesen bekommen, versichert<lb/>
uns schon der Titel. Und der Inhalt hält treulich Wort. Damit soll nicht<lb/>
behauptet werden, daß das Ungereimte des Herrn Spindler sich lediglich auf<lb/>
seine Prosa beschränke. Auch sein Gereimtes enthält davon achtbare Proben.<lb/>
So z. B. gleich sein erstes Sonett. Andre Autoren, welche in gebundener<lb/>
Rede vor das Publikum traten, suchen wenigstens im ersten Sonett &#x2014; ein<lb/>
Sonett muß es ja sein &#x2014; sich etwas Zwang anzuthun. Aus einem ähn¬<lb/>
lichen Motiv wie es in jenem Burschenliede heißt:</p><lb/>
          <note xml:id="FID_51" place="foot"> ') &#x201E;Allerlei &#x2014; Gereimtes und Ungereimte? &#x2014; von William Spindler" Berlin, Elwin<lb/>
Staude, 1873,</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0312] nicht, als Stimmen und Fußtritte das Schweigen des Lagers unterbrachen. Und als mitleidige Finger ihnen den Schnee von den eingefallenen Gesichtern wischten, so hätte man nach dem gleichen Frieden, der auf beiden wohnte^ kaum sagen können, welche die war, die gesündigt hatte. Selbst das Gesetz von Poker Flat erkannte dieß an, indem es sie so ließ, wie sie einander in die Arme geschlossen hatten. Aber am obern Ende der Bergspalte fanden sie an einer der größten Fichten ein Coeur-Aß, daß mit einem Boweemesser an die Rinde geheftet war. Es trug folgende mit fester Hand geschriebene Blei- stiftinschrist: » Unter diesem Baum Liegt der Leib von John Oalhurst Welcher Unglück im Glücksspiel hatte Am 2S. November 1850 Und Die Karten hinwarf Am 7. Dezember 1850. » Und pulslos und kalt, ein Derringer-Pistol an seiner Seite und eine Kugel in seinem Herzen, aber immer noch ruhig wie im Leben, lag unter dem Schnee der, welcher der stärkste und zugleich der schwächste unter den Ausgestoßenen von Poker Flat gewesen war. Demokratisches Allerlei von Kenn William Svinoler.*) Daß wir „Gereimtes und Ungereimtes" zu lesen bekommen, versichert uns schon der Titel. Und der Inhalt hält treulich Wort. Damit soll nicht behauptet werden, daß das Ungereimte des Herrn Spindler sich lediglich auf seine Prosa beschränke. Auch sein Gereimtes enthält davon achtbare Proben. So z. B. gleich sein erstes Sonett. Andre Autoren, welche in gebundener Rede vor das Publikum traten, suchen wenigstens im ersten Sonett — ein Sonett muß es ja sein — sich etwas Zwang anzuthun. Aus einem ähn¬ lichen Motiv wie es in jenem Burschenliede heißt: ') „Allerlei — Gereimtes und Ungereimte? — von William Spindler" Berlin, Elwin Staude, 1873,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_129525
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_129525/312
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_129525/312>, abgerufen am 08.05.2024.