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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band.

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Die Aeform des Mckettanfs der Aeichspost.

In der Reihe jener wichtigen organischen Gesetze, welche den weiteren Aus¬
bau der neubegründeten Reichseinheit in so erfreulichem Maße fördern, nehmen
die auf das Postwesen bezüglichen Fundamental-Bestimmungen, sowol
wegen ihrer Bedeutung für die Entwickelung des Verkehrslebens der deutschen
Nation als auch wegen des kosmopolitischen Geistes, der sich in ihnen aus¬
geprägt findet und der ihnen weit über die Grenzen deutschen Landes hinaus
Werth verleiht, einen hervorragenden Rang ein. So manche für das Ge¬
deihen des neuen Reichs unerläßlichen Gesetze und Einrichtungen müssen über
die Zwingburgen des Particularismus hinweg erst von Etappe zu Etappe
mühsam erkämpft werden, oder bleiben fort und fort in dem Stadium end¬
loser Versuche, wenn nicht gar frommer Wünsche: anders in der Reichs -
post; auf diesem Gebiete sehen wir seit den denkwürdigen Tagen von Ver¬
sailles unter dem Beifall der ganzen Nation Reformen von größter Trag¬
weite und mit einer Schnelligkeit ins Werk gesetzt, welche, wie sie den
Bedürfnissen des Verkehrs voranzueilen scheint, von der Einsicht und schö¬
pferischen Thatkraft des Leiters der Reichspost ein glänzendes Zeugniß ab¬
legen.

Die rasch vollendete Verschmelzung von mehr als einem Dutzend Terri-
torial-Postinstituten, jenen Resten der alten deutschen Feudalzeit, zu einem
lebensvollen Ganzen, die Organisation des Postwesens in den Reichslanden
Elsaß-Lothringen mit ganz neuen Betriebsformen und einer Leistungsfähig¬
keit, welche die alten französischen Einrichtungen weit hinter sich läßt, sodann
die Herstellung des einheitlichen Briefportotarifs in Deutschland, endlich die
Begründung eines gemeinsamen deutschen Postrechts, dessen Herrschaftsgebiet
von Memel bis Constanz, von Passau bis Flensburg reicht, sind als ebenso
viele Bausteine zur Stärkung des nationalen Einhei es b con ße seins
zu betrachten. wie sie mächtige Hebel für die Entfaltung der wirthschaft¬
lichen Verhältnisse des zu neuem Leben erwachten deutschen Volkes geworden
sind. Neben diesen echt nationalen Werken reifen Reformen von kosmopoli¬
tischer Bedeutung ihrer Vollendung entgegen. Das internationale Ele¬
ment, welches die charakteristische Seite des Postwesens, als eines Trägers
der Kulturbestrebungen der Neuzeit, bildet, verdankt dem General - Postdirec-
tor Stephan eine durchaus neue Gestaltung, eine Wiedergeburt aus den
Fesseln kleinlicher Fiscalität und veralteter Traditionen. In der langen
Reihe von PostVerträgen, welche Stephan für das deutsche Reich mit dem
Auslande abschloß, sind ganz neue Grundsätze für den internationalen Ver¬
kehr zur Geltung gebracht, unter denen das Princip des freien Tran¬
sits als eine der werthvollsten Errungenschaften einer erleuchteten Handels-


Die Aeform des Mckettanfs der Aeichspost.

In der Reihe jener wichtigen organischen Gesetze, welche den weiteren Aus¬
bau der neubegründeten Reichseinheit in so erfreulichem Maße fördern, nehmen
die auf das Postwesen bezüglichen Fundamental-Bestimmungen, sowol
wegen ihrer Bedeutung für die Entwickelung des Verkehrslebens der deutschen
Nation als auch wegen des kosmopolitischen Geistes, der sich in ihnen aus¬
geprägt findet und der ihnen weit über die Grenzen deutschen Landes hinaus
Werth verleiht, einen hervorragenden Rang ein. So manche für das Ge¬
deihen des neuen Reichs unerläßlichen Gesetze und Einrichtungen müssen über
die Zwingburgen des Particularismus hinweg erst von Etappe zu Etappe
mühsam erkämpft werden, oder bleiben fort und fort in dem Stadium end¬
loser Versuche, wenn nicht gar frommer Wünsche: anders in der Reichs -
post; auf diesem Gebiete sehen wir seit den denkwürdigen Tagen von Ver¬
sailles unter dem Beifall der ganzen Nation Reformen von größter Trag¬
weite und mit einer Schnelligkeit ins Werk gesetzt, welche, wie sie den
Bedürfnissen des Verkehrs voranzueilen scheint, von der Einsicht und schö¬
pferischen Thatkraft des Leiters der Reichspost ein glänzendes Zeugniß ab¬
legen.

Die rasch vollendete Verschmelzung von mehr als einem Dutzend Terri-
torial-Postinstituten, jenen Resten der alten deutschen Feudalzeit, zu einem
lebensvollen Ganzen, die Organisation des Postwesens in den Reichslanden
Elsaß-Lothringen mit ganz neuen Betriebsformen und einer Leistungsfähig¬
keit, welche die alten französischen Einrichtungen weit hinter sich läßt, sodann
die Herstellung des einheitlichen Briefportotarifs in Deutschland, endlich die
Begründung eines gemeinsamen deutschen Postrechts, dessen Herrschaftsgebiet
von Memel bis Constanz, von Passau bis Flensburg reicht, sind als ebenso
viele Bausteine zur Stärkung des nationalen Einhei es b con ße seins
zu betrachten. wie sie mächtige Hebel für die Entfaltung der wirthschaft¬
lichen Verhältnisse des zu neuem Leben erwachten deutschen Volkes geworden
sind. Neben diesen echt nationalen Werken reifen Reformen von kosmopoli¬
tischer Bedeutung ihrer Vollendung entgegen. Das internationale Ele¬
ment, welches die charakteristische Seite des Postwesens, als eines Trägers
der Kulturbestrebungen der Neuzeit, bildet, verdankt dem General - Postdirec-
tor Stephan eine durchaus neue Gestaltung, eine Wiedergeburt aus den
Fesseln kleinlicher Fiscalität und veralteter Traditionen. In der langen
Reihe von PostVerträgen, welche Stephan für das deutsche Reich mit dem
Auslande abschloß, sind ganz neue Grundsätze für den internationalen Ver¬
kehr zur Geltung gebracht, unter denen das Princip des freien Tran¬
sits als eine der werthvollsten Errungenschaften einer erleuchteten Handels-


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[0426] Die Aeform des Mckettanfs der Aeichspost. In der Reihe jener wichtigen organischen Gesetze, welche den weiteren Aus¬ bau der neubegründeten Reichseinheit in so erfreulichem Maße fördern, nehmen die auf das Postwesen bezüglichen Fundamental-Bestimmungen, sowol wegen ihrer Bedeutung für die Entwickelung des Verkehrslebens der deutschen Nation als auch wegen des kosmopolitischen Geistes, der sich in ihnen aus¬ geprägt findet und der ihnen weit über die Grenzen deutschen Landes hinaus Werth verleiht, einen hervorragenden Rang ein. So manche für das Ge¬ deihen des neuen Reichs unerläßlichen Gesetze und Einrichtungen müssen über die Zwingburgen des Particularismus hinweg erst von Etappe zu Etappe mühsam erkämpft werden, oder bleiben fort und fort in dem Stadium end¬ loser Versuche, wenn nicht gar frommer Wünsche: anders in der Reichs - post; auf diesem Gebiete sehen wir seit den denkwürdigen Tagen von Ver¬ sailles unter dem Beifall der ganzen Nation Reformen von größter Trag¬ weite und mit einer Schnelligkeit ins Werk gesetzt, welche, wie sie den Bedürfnissen des Verkehrs voranzueilen scheint, von der Einsicht und schö¬ pferischen Thatkraft des Leiters der Reichspost ein glänzendes Zeugniß ab¬ legen. Die rasch vollendete Verschmelzung von mehr als einem Dutzend Terri- torial-Postinstituten, jenen Resten der alten deutschen Feudalzeit, zu einem lebensvollen Ganzen, die Organisation des Postwesens in den Reichslanden Elsaß-Lothringen mit ganz neuen Betriebsformen und einer Leistungsfähig¬ keit, welche die alten französischen Einrichtungen weit hinter sich läßt, sodann die Herstellung des einheitlichen Briefportotarifs in Deutschland, endlich die Begründung eines gemeinsamen deutschen Postrechts, dessen Herrschaftsgebiet von Memel bis Constanz, von Passau bis Flensburg reicht, sind als ebenso viele Bausteine zur Stärkung des nationalen Einhei es b con ße seins zu betrachten. wie sie mächtige Hebel für die Entfaltung der wirthschaft¬ lichen Verhältnisse des zu neuem Leben erwachten deutschen Volkes geworden sind. Neben diesen echt nationalen Werken reifen Reformen von kosmopoli¬ tischer Bedeutung ihrer Vollendung entgegen. Das internationale Ele¬ ment, welches die charakteristische Seite des Postwesens, als eines Trägers der Kulturbestrebungen der Neuzeit, bildet, verdankt dem General - Postdirec- tor Stephan eine durchaus neue Gestaltung, eine Wiedergeburt aus den Fesseln kleinlicher Fiscalität und veralteter Traditionen. In der langen Reihe von PostVerträgen, welche Stephan für das deutsche Reich mit dem Auslande abschloß, sind ganz neue Grundsätze für den internationalen Ver¬ kehr zur Geltung gebracht, unter denen das Princip des freien Tran¬ sits als eine der werthvollsten Errungenschaften einer erleuchteten Handels-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_129525/426>, abgerufen am 08.05.2024.