Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nommer. Beide hat es sich zu Nutzen gemacht. Die eigenen hat es gut zu
machen, die fremden zu meiden gesucht. Es ist von seinen Fehltritten zum
Schaden, vom Schaden zur Einsicht, zur Erkenntniß und durch die Erkennt¬
niß zur Wahrheit und zur Weisheit gekommen, und das ist der einzige Weg,
auf welchem die Völker zu Willensstärke, zu Macht und Ansehen kommen, ganz
wie der einzelne Mensch.

Und nun schließlich noch ein Wort über das barsche, harte, unfreundliche
Wesen der Deutschen, worüber du Klage geführt hast. -- Das Selbstgefühl,
die Tugend, Freund, ist nicht immer gefällig und liebenswürdig, vorzüglich
denen gegenüber, bei denen sie fehlt. Hier beleidigt ihr Schweigen, wie ihre
Aeußerungen. Die Tugend ist ein ewiger Vorwurf für das Laster, selbst
wo sie dieses nicht straft. So die Stärke dem Schwächling, die Energie dem
Weichling gegenüber. -- Der wirklich starke und tugendhafte Mann ver¬
schwendet seine Achtungsbezeugungen nur an seinesgleichen. -- Und in Deutsch¬
land, Freund, giebt es der starken und tugendhaften Männer noch viele.


N. Steffen.


WeltaussMmgsöericht.
3. Die Architektur.

Der Platz im Prater, welcher für die Ausstellung gewählt wurde, ist jeden¬
falls ein überaus günstiger, kann kaum schöner gedachtwerden. Die Gartenanlagen
mit ihren Nasenplätzen, Alleen, Springbrunnen, bedeckten Hallen, Statuen ?c.
sind sehr schön, zum Theil recht großartig und bilden nebst den herrlichen
alten Bäumen des Parks eine sehr passende und schöne Umgebung des In¬
dustrie-Palastes und der vielen neben ihm aufgeführten Bauten. Vegetation
Gebäude, Statuen und springende Wasser bilden zusammen oft wirklich ma¬
lerisch arrangirte Bilder. Das größte Gebäude in diesem Park und zugleich
der bedeutendste Ausstellungs-Gegenstand auf dem Gebiete der Architektur ist
der Industrie-Palast. Man ist bei Anlage desselben von den für ähnliche
Zwecke bisher üblichen Bauten in jeder Beziehung abgegangen, hat weder
die große Halle, wie sie in London angewendet wurde, noch den großen Rund¬
bau, wie er im Jahre 1867 in Paris in einer für die Zwecke einer inter¬
nationalen Ausstellung wahrhaft genialen Weise durchgeführt worden ist, ac-
ceptirt, sondern hat ein neues, das sogenannte Grütersystem, erfunden. Der
Jndustnepalast besteht nämlich ans einem mehr als 900 Meter langen, 25


nommer. Beide hat es sich zu Nutzen gemacht. Die eigenen hat es gut zu
machen, die fremden zu meiden gesucht. Es ist von seinen Fehltritten zum
Schaden, vom Schaden zur Einsicht, zur Erkenntniß und durch die Erkennt¬
niß zur Wahrheit und zur Weisheit gekommen, und das ist der einzige Weg,
auf welchem die Völker zu Willensstärke, zu Macht und Ansehen kommen, ganz
wie der einzelne Mensch.

Und nun schließlich noch ein Wort über das barsche, harte, unfreundliche
Wesen der Deutschen, worüber du Klage geführt hast. — Das Selbstgefühl,
die Tugend, Freund, ist nicht immer gefällig und liebenswürdig, vorzüglich
denen gegenüber, bei denen sie fehlt. Hier beleidigt ihr Schweigen, wie ihre
Aeußerungen. Die Tugend ist ein ewiger Vorwurf für das Laster, selbst
wo sie dieses nicht straft. So die Stärke dem Schwächling, die Energie dem
Weichling gegenüber. — Der wirklich starke und tugendhafte Mann ver¬
schwendet seine Achtungsbezeugungen nur an seinesgleichen. — Und in Deutsch¬
land, Freund, giebt es der starken und tugendhaften Männer noch viele.


N. Steffen.


WeltaussMmgsöericht.
3. Die Architektur.

Der Platz im Prater, welcher für die Ausstellung gewählt wurde, ist jeden¬
falls ein überaus günstiger, kann kaum schöner gedachtwerden. Die Gartenanlagen
mit ihren Nasenplätzen, Alleen, Springbrunnen, bedeckten Hallen, Statuen ?c.
sind sehr schön, zum Theil recht großartig und bilden nebst den herrlichen
alten Bäumen des Parks eine sehr passende und schöne Umgebung des In¬
dustrie-Palastes und der vielen neben ihm aufgeführten Bauten. Vegetation
Gebäude, Statuen und springende Wasser bilden zusammen oft wirklich ma¬
lerisch arrangirte Bilder. Das größte Gebäude in diesem Park und zugleich
der bedeutendste Ausstellungs-Gegenstand auf dem Gebiete der Architektur ist
der Industrie-Palast. Man ist bei Anlage desselben von den für ähnliche
Zwecke bisher üblichen Bauten in jeder Beziehung abgegangen, hat weder
die große Halle, wie sie in London angewendet wurde, noch den großen Rund¬
bau, wie er im Jahre 1867 in Paris in einer für die Zwecke einer inter¬
nationalen Ausstellung wahrhaft genialen Weise durchgeführt worden ist, ac-
ceptirt, sondern hat ein neues, das sogenannte Grütersystem, erfunden. Der
Jndustnepalast besteht nämlich ans einem mehr als 900 Meter langen, 25


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/130134"/>
          <p xml:id="ID_190" prev="#ID_189"> nommer. Beide hat es sich zu Nutzen gemacht. Die eigenen hat es gut zu<lb/>
machen, die fremden zu meiden gesucht. Es ist von seinen Fehltritten zum<lb/>
Schaden, vom Schaden zur Einsicht, zur Erkenntniß und durch die Erkennt¬<lb/>
niß zur Wahrheit und zur Weisheit gekommen, und das ist der einzige Weg,<lb/>
auf welchem die Völker zu Willensstärke, zu Macht und Ansehen kommen, ganz<lb/>
wie der einzelne Mensch.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_191"> Und nun schließlich noch ein Wort über das barsche, harte, unfreundliche<lb/>
Wesen der Deutschen, worüber du Klage geführt hast. &#x2014; Das Selbstgefühl,<lb/>
die Tugend, Freund, ist nicht immer gefällig und liebenswürdig, vorzüglich<lb/>
denen gegenüber, bei denen sie fehlt. Hier beleidigt ihr Schweigen, wie ihre<lb/>
Aeußerungen. Die Tugend ist ein ewiger Vorwurf für das Laster, selbst<lb/>
wo sie dieses nicht straft. So die Stärke dem Schwächling, die Energie dem<lb/>
Weichling gegenüber. &#x2014; Der wirklich starke und tugendhafte Mann ver¬<lb/>
schwendet seine Achtungsbezeugungen nur an seinesgleichen. &#x2014; Und in Deutsch¬<lb/>
land, Freund, giebt es der starken und tugendhaften Männer noch viele.</p><lb/>
          <note type="byline"> N. Steffen.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> WeltaussMmgsöericht.<lb/>
3. Die Architektur. </head><lb/>
          <p xml:id="ID_192" next="#ID_193"> Der Platz im Prater, welcher für die Ausstellung gewählt wurde, ist jeden¬<lb/>
falls ein überaus günstiger, kann kaum schöner gedachtwerden. Die Gartenanlagen<lb/>
mit ihren Nasenplätzen, Alleen, Springbrunnen, bedeckten Hallen, Statuen ?c.<lb/>
sind sehr schön, zum Theil recht großartig und bilden nebst den herrlichen<lb/>
alten Bäumen des Parks eine sehr passende und schöne Umgebung des In¬<lb/>
dustrie-Palastes und der vielen neben ihm aufgeführten Bauten. Vegetation<lb/>
Gebäude, Statuen und springende Wasser bilden zusammen oft wirklich ma¬<lb/>
lerisch arrangirte Bilder. Das größte Gebäude in diesem Park und zugleich<lb/>
der bedeutendste Ausstellungs-Gegenstand auf dem Gebiete der Architektur ist<lb/>
der Industrie-Palast. Man ist bei Anlage desselben von den für ähnliche<lb/>
Zwecke bisher üblichen Bauten in jeder Beziehung abgegangen, hat weder<lb/>
die große Halle, wie sie in London angewendet wurde, noch den großen Rund¬<lb/>
bau, wie er im Jahre 1867 in Paris in einer für die Zwecke einer inter¬<lb/>
nationalen Ausstellung wahrhaft genialen Weise durchgeführt worden ist, ac-<lb/>
ceptirt, sondern hat ein neues, das sogenannte Grütersystem, erfunden. Der<lb/>
Jndustnepalast besteht nämlich ans einem mehr als 900 Meter langen, 25</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0074] nommer. Beide hat es sich zu Nutzen gemacht. Die eigenen hat es gut zu machen, die fremden zu meiden gesucht. Es ist von seinen Fehltritten zum Schaden, vom Schaden zur Einsicht, zur Erkenntniß und durch die Erkennt¬ niß zur Wahrheit und zur Weisheit gekommen, und das ist der einzige Weg, auf welchem die Völker zu Willensstärke, zu Macht und Ansehen kommen, ganz wie der einzelne Mensch. Und nun schließlich noch ein Wort über das barsche, harte, unfreundliche Wesen der Deutschen, worüber du Klage geführt hast. — Das Selbstgefühl, die Tugend, Freund, ist nicht immer gefällig und liebenswürdig, vorzüglich denen gegenüber, bei denen sie fehlt. Hier beleidigt ihr Schweigen, wie ihre Aeußerungen. Die Tugend ist ein ewiger Vorwurf für das Laster, selbst wo sie dieses nicht straft. So die Stärke dem Schwächling, die Energie dem Weichling gegenüber. — Der wirklich starke und tugendhafte Mann ver¬ schwendet seine Achtungsbezeugungen nur an seinesgleichen. — Und in Deutsch¬ land, Freund, giebt es der starken und tugendhaften Männer noch viele. N. Steffen. WeltaussMmgsöericht. 3. Die Architektur. Der Platz im Prater, welcher für die Ausstellung gewählt wurde, ist jeden¬ falls ein überaus günstiger, kann kaum schöner gedachtwerden. Die Gartenanlagen mit ihren Nasenplätzen, Alleen, Springbrunnen, bedeckten Hallen, Statuen ?c. sind sehr schön, zum Theil recht großartig und bilden nebst den herrlichen alten Bäumen des Parks eine sehr passende und schöne Umgebung des In¬ dustrie-Palastes und der vielen neben ihm aufgeführten Bauten. Vegetation Gebäude, Statuen und springende Wasser bilden zusammen oft wirklich ma¬ lerisch arrangirte Bilder. Das größte Gebäude in diesem Park und zugleich der bedeutendste Ausstellungs-Gegenstand auf dem Gebiete der Architektur ist der Industrie-Palast. Man ist bei Anlage desselben von den für ähnliche Zwecke bisher üblichen Bauten in jeder Beziehung abgegangen, hat weder die große Halle, wie sie in London angewendet wurde, noch den großen Rund¬ bau, wie er im Jahre 1867 in Paris in einer für die Zwecke einer inter¬ nationalen Ausstellung wahrhaft genialen Weise durchgeführt worden ist, ac- ceptirt, sondern hat ein neues, das sogenannte Grütersystem, erfunden. Der Jndustnepalast besteht nämlich ans einem mehr als 900 Meter langen, 25

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_130059
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_130059/74
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_130059/74>, abgerufen am 02.05.2024.