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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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einer uns zugegangenen freundlichen Mittheilung der Wiener Handels- und
Gewerbekammer



Wenn auch zuzugeben ist, daß die über sechs Jahre ausgedehnte Statistik
noch keine ganz sicheren Schlüsse zu ziehen gestattet, so schafft doch diese stetige
Steigerung der Production um 200 Prozent innerhalb 6 Jahren ein bedeu¬
tendes Gewicht zu Gunsten der amtlichen Stempelung.

Neben diesen Vorzügen zeigt das System präventiver Zwangscontrole aber
auch sehr gewichtige

d) Nachtheile.

Schon die Kosten der Prüfung sind nicht ganz unbedeutend. Sie be¬
tragen nämlich in Oesterreich bei Goldwaaren für das Münzpfund rauh 12 Fi.
ö. W., bei Silberwaaren 1 Fi. 50 Kr., und ergaben beim K. K. Hauptpun-
zirungsamte in Wien im ersten, beziehentlich vor letzten Jahre der eben auf¬
gestellten Tabelle die Gesammtsummen von

76049 Fi. im Jahre 1867,
1687S8 ., " " 1871.

Eine Deputation der Wiener Goldarbeiter, welche den cisleithanischen
Minister-Präsidenten im Juli d. I. ersuchte, die Ueberweisung der Punzirungs-
ämter vom Finanzministerium an das Handelsministerium zu befürworten,
hob besonders hervor, daß bei der derzeitigen Ausführung des Punzirungs-
gesetzes der Schutz des Publikums gegenüber der finanziellen Ausbeutung der
Maßregel in den Hintergrund trete. Doch bilden diese Kosten jedenfalls den
Reichtest wiegenden Nachtheil des Systemes, da durch sie das größere Zutrauen
M der Güte der Waare erkauft wird. Höher möchten wir den Nachtheil an¬
schlagen, daß beim Export, welcher wegen der größeren Entfernung zwischen
Verfertiger und Erwerber der Waare die staatliche Garantie des Feingehaltes
gerade besonders wünschenswert!) macht, ein betrügerischer Mißbrauch des
Stempels, der den Credit des betreffenden Staates schädigt, leicht begangen
Werden kann, weil das Punzirungsamt, dessen Stempel von dem Betrüger
nachgeahmt werden kann, für den Besitzer der Waare ebenfalls schwer erreich¬
bar ist. Der erheblichste Nachtheil ist jedoch der, daß die Punzirung von
Edelmetallwaaren nur mit großen Unbequemlichkeiten und Beschränkungen der
Produzenten zu erreichen ist. Geschähe die Prüfung am ungeformten Me¬
talle, so würde sie billiger und bequemer sein. Beispielsweise kostet in Oester-
reich die Punzirung von Goldbarren nur '/iz der Taxe für Goldwaaren-


einer uns zugegangenen freundlichen Mittheilung der Wiener Handels- und
Gewerbekammer



Wenn auch zuzugeben ist, daß die über sechs Jahre ausgedehnte Statistik
noch keine ganz sicheren Schlüsse zu ziehen gestattet, so schafft doch diese stetige
Steigerung der Production um 200 Prozent innerhalb 6 Jahren ein bedeu¬
tendes Gewicht zu Gunsten der amtlichen Stempelung.

Neben diesen Vorzügen zeigt das System präventiver Zwangscontrole aber
auch sehr gewichtige

d) Nachtheile.

Schon die Kosten der Prüfung sind nicht ganz unbedeutend. Sie be¬
tragen nämlich in Oesterreich bei Goldwaaren für das Münzpfund rauh 12 Fi.
ö. W., bei Silberwaaren 1 Fi. 50 Kr., und ergaben beim K. K. Hauptpun-
zirungsamte in Wien im ersten, beziehentlich vor letzten Jahre der eben auf¬
gestellten Tabelle die Gesammtsummen von

76049 Fi. im Jahre 1867,
1687S8 ., „ „ 1871.

Eine Deputation der Wiener Goldarbeiter, welche den cisleithanischen
Minister-Präsidenten im Juli d. I. ersuchte, die Ueberweisung der Punzirungs-
ämter vom Finanzministerium an das Handelsministerium zu befürworten,
hob besonders hervor, daß bei der derzeitigen Ausführung des Punzirungs-
gesetzes der Schutz des Publikums gegenüber der finanziellen Ausbeutung der
Maßregel in den Hintergrund trete. Doch bilden diese Kosten jedenfalls den
Reichtest wiegenden Nachtheil des Systemes, da durch sie das größere Zutrauen
M der Güte der Waare erkauft wird. Höher möchten wir den Nachtheil an¬
schlagen, daß beim Export, welcher wegen der größeren Entfernung zwischen
Verfertiger und Erwerber der Waare die staatliche Garantie des Feingehaltes
gerade besonders wünschenswert!) macht, ein betrügerischer Mißbrauch des
Stempels, der den Credit des betreffenden Staates schädigt, leicht begangen
Werden kann, weil das Punzirungsamt, dessen Stempel von dem Betrüger
nachgeahmt werden kann, für den Besitzer der Waare ebenfalls schwer erreich¬
bar ist. Der erheblichste Nachtheil ist jedoch der, daß die Punzirung von
Edelmetallwaaren nur mit großen Unbequemlichkeiten und Beschränkungen der
Produzenten zu erreichen ist. Geschähe die Prüfung am ungeformten Me¬
talle, so würde sie billiger und bequemer sein. Beispielsweise kostet in Oester-
reich die Punzirung von Goldbarren nur '/iz der Taxe für Goldwaaren-


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[0319] einer uns zugegangenen freundlichen Mittheilung der Wiener Handels- und Gewerbekammer Taschenuhren: im Jahrevon Goldvon Silber 187021155 Stück100465 Stück 187126815 -12868S - 187233040 -141884 , Wenn auch zuzugeben ist, daß die über sechs Jahre ausgedehnte Statistik noch keine ganz sicheren Schlüsse zu ziehen gestattet, so schafft doch diese stetige Steigerung der Production um 200 Prozent innerhalb 6 Jahren ein bedeu¬ tendes Gewicht zu Gunsten der amtlichen Stempelung. Neben diesen Vorzügen zeigt das System präventiver Zwangscontrole aber auch sehr gewichtige d) Nachtheile. Schon die Kosten der Prüfung sind nicht ganz unbedeutend. Sie be¬ tragen nämlich in Oesterreich bei Goldwaaren für das Münzpfund rauh 12 Fi. ö. W., bei Silberwaaren 1 Fi. 50 Kr., und ergaben beim K. K. Hauptpun- zirungsamte in Wien im ersten, beziehentlich vor letzten Jahre der eben auf¬ gestellten Tabelle die Gesammtsummen von 76049 Fi. im Jahre 1867, 1687S8 ., „ „ 1871. Eine Deputation der Wiener Goldarbeiter, welche den cisleithanischen Minister-Präsidenten im Juli d. I. ersuchte, die Ueberweisung der Punzirungs- ämter vom Finanzministerium an das Handelsministerium zu befürworten, hob besonders hervor, daß bei der derzeitigen Ausführung des Punzirungs- gesetzes der Schutz des Publikums gegenüber der finanziellen Ausbeutung der Maßregel in den Hintergrund trete. Doch bilden diese Kosten jedenfalls den Reichtest wiegenden Nachtheil des Systemes, da durch sie das größere Zutrauen M der Güte der Waare erkauft wird. Höher möchten wir den Nachtheil an¬ schlagen, daß beim Export, welcher wegen der größeren Entfernung zwischen Verfertiger und Erwerber der Waare die staatliche Garantie des Feingehaltes gerade besonders wünschenswert!) macht, ein betrügerischer Mißbrauch des Stempels, der den Credit des betreffenden Staates schädigt, leicht begangen Werden kann, weil das Punzirungsamt, dessen Stempel von dem Betrüger nachgeahmt werden kann, für den Besitzer der Waare ebenfalls schwer erreich¬ bar ist. Der erheblichste Nachtheil ist jedoch der, daß die Punzirung von Edelmetallwaaren nur mit großen Unbequemlichkeiten und Beschränkungen der Produzenten zu erreichen ist. Geschähe die Prüfung am ungeformten Me¬ talle, so würde sie billiger und bequemer sein. Beispielsweise kostet in Oester- reich die Punzirung von Goldbarren nur '/iz der Taxe für Goldwaaren-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/319>, abgerufen am 02.05.2024.