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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Punzirung, nämlich 1 Fi. pro Pfund, bei Silberbarren V? der Taxe für
Waaren, nämlich SO Kr. pro Pfund. Dieser verminderten Kostspieligkeit
steht aber auch eine verminderte Garantieleistung zur Seite. Denn eine Ver¬
schlechterung des Feingehaltes ist bei der Einschmelzung der Barren zur Ver¬
arbeitung stets noch möglich und keinesfalls bleibt der garantirende Barren¬
stempel bei der fertigen Waare noch sichtbar. Geschieht aber die Controle
an der bereits fertig gearbeiteten Waare, so kann sie einesteils nur in der
wenig zuverlässigen Strichprobe bestehen und wird anderntheils die Produc-
tion in der lästigsten Weise beschränken. Bezüglich dieses Punktes äußert die
erwähnte Petition deutscher Silberschmiede:

"Eine amtliche Controle von Seiten des Reiches würde ihren Zweck nicht errei¬
chen, da sie der heutigen Fabrikation nicht anzupassen wäre. Eine einfache Unter¬
suchung auf dem Probirstein nach der Farbe des Silbers, wie sie die früheren Jn-
nungsältcsten vornahmen, genügt nicht, wenn nach Tausendtheilen einer Legirung ge¬
sucht werden muß. Eine wirkliche Controle kann nur durch Analyse von einem ge¬
prüften und vereideten Wcirdcin geführt werden, welcher selbstverständlich nicht an jedem
Ort, wo nur eine Fabrik oder ein einzelner Silberarbeiter etablirt ist, angestellt sein
kann. Dazu würde sie insofern ganz unsicher bleiben, weil ein großer Theil der Sil-
berarbeiten nach gegenwärtiger Fabrikationsmcthodc oft aus sehr vielen einzelnen
Stücken zusammengesetzt wird, die immerhin von verschiedenem Gehalte gearbeitet und
unmöglich sämmtlich untersucht werden können."

Dieselben Gesichtspunkte dürften größtentheils auch bei Goldwaaren ma߬
gebend sein. Beachtenswerth ist hierbei, daß die frühere Jnnungseontrole stets
eine lokale war. Noch lokaler und bequemer ist aber jedenfalls die Controle
in der Arbeitsstätte des Erzeugers durch diesen selbst.


2) Bestimmte Mischungsverhältnisse

von Edelmetallwaaren sind theils durch specielles Gebot, theils durch Fest¬
setzung eines Minimalfeingehaltes von Staatswegen angeordnet worden. So
namentlich in Frankreich und Oesterreich.

Seit dem Jahre 1797 darf in Frankreich Silber nur mit 0,950 und
0,800, Gold nur mit 0,920, 0,840 und 0,750 Feingehalt verarbeitet werden.

Ihm folgte Oesterreich, indem es im Jahre 1866 zu den beiden obigen
Gehaltsstufen des Arbeitssilbers die von 0,900 und 0,750, zu denen des
Arbeitsgoldes die von 0,580 hinzufügte. Zu den civilrechtlich ungültigen
Verträgen gehört nach der Oesterreich. Justiz-Minist.-Verordnung vom 23. Mai
1853 auch die Verabredung, Silber in anderen, als den gesetzlich vorgeschrie¬
benen Feingehalten (damals 13 oder 15 Loth) zu verarbeiten.

Wir werden die Vortheile und Nachtheile des Legirungszwanges im
nächsten, Schlußartikel behandeln.




Punzirung, nämlich 1 Fi. pro Pfund, bei Silberbarren V? der Taxe für
Waaren, nämlich SO Kr. pro Pfund. Dieser verminderten Kostspieligkeit
steht aber auch eine verminderte Garantieleistung zur Seite. Denn eine Ver¬
schlechterung des Feingehaltes ist bei der Einschmelzung der Barren zur Ver¬
arbeitung stets noch möglich und keinesfalls bleibt der garantirende Barren¬
stempel bei der fertigen Waare noch sichtbar. Geschieht aber die Controle
an der bereits fertig gearbeiteten Waare, so kann sie einesteils nur in der
wenig zuverlässigen Strichprobe bestehen und wird anderntheils die Produc-
tion in der lästigsten Weise beschränken. Bezüglich dieses Punktes äußert die
erwähnte Petition deutscher Silberschmiede:

„Eine amtliche Controle von Seiten des Reiches würde ihren Zweck nicht errei¬
chen, da sie der heutigen Fabrikation nicht anzupassen wäre. Eine einfache Unter¬
suchung auf dem Probirstein nach der Farbe des Silbers, wie sie die früheren Jn-
nungsältcsten vornahmen, genügt nicht, wenn nach Tausendtheilen einer Legirung ge¬
sucht werden muß. Eine wirkliche Controle kann nur durch Analyse von einem ge¬
prüften und vereideten Wcirdcin geführt werden, welcher selbstverständlich nicht an jedem
Ort, wo nur eine Fabrik oder ein einzelner Silberarbeiter etablirt ist, angestellt sein
kann. Dazu würde sie insofern ganz unsicher bleiben, weil ein großer Theil der Sil-
berarbeiten nach gegenwärtiger Fabrikationsmcthodc oft aus sehr vielen einzelnen
Stücken zusammengesetzt wird, die immerhin von verschiedenem Gehalte gearbeitet und
unmöglich sämmtlich untersucht werden können."

Dieselben Gesichtspunkte dürften größtentheils auch bei Goldwaaren ma߬
gebend sein. Beachtenswerth ist hierbei, daß die frühere Jnnungseontrole stets
eine lokale war. Noch lokaler und bequemer ist aber jedenfalls die Controle
in der Arbeitsstätte des Erzeugers durch diesen selbst.


2) Bestimmte Mischungsverhältnisse

von Edelmetallwaaren sind theils durch specielles Gebot, theils durch Fest¬
setzung eines Minimalfeingehaltes von Staatswegen angeordnet worden. So
namentlich in Frankreich und Oesterreich.

Seit dem Jahre 1797 darf in Frankreich Silber nur mit 0,950 und
0,800, Gold nur mit 0,920, 0,840 und 0,750 Feingehalt verarbeitet werden.

Ihm folgte Oesterreich, indem es im Jahre 1866 zu den beiden obigen
Gehaltsstufen des Arbeitssilbers die von 0,900 und 0,750, zu denen des
Arbeitsgoldes die von 0,580 hinzufügte. Zu den civilrechtlich ungültigen
Verträgen gehört nach der Oesterreich. Justiz-Minist.-Verordnung vom 23. Mai
1853 auch die Verabredung, Silber in anderen, als den gesetzlich vorgeschrie¬
benen Feingehalten (damals 13 oder 15 Loth) zu verarbeiten.

Wir werden die Vortheile und Nachtheile des Legirungszwanges im
nächsten, Schlußartikel behandeln.




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[0320] Punzirung, nämlich 1 Fi. pro Pfund, bei Silberbarren V? der Taxe für Waaren, nämlich SO Kr. pro Pfund. Dieser verminderten Kostspieligkeit steht aber auch eine verminderte Garantieleistung zur Seite. Denn eine Ver¬ schlechterung des Feingehaltes ist bei der Einschmelzung der Barren zur Ver¬ arbeitung stets noch möglich und keinesfalls bleibt der garantirende Barren¬ stempel bei der fertigen Waare noch sichtbar. Geschieht aber die Controle an der bereits fertig gearbeiteten Waare, so kann sie einesteils nur in der wenig zuverlässigen Strichprobe bestehen und wird anderntheils die Produc- tion in der lästigsten Weise beschränken. Bezüglich dieses Punktes äußert die erwähnte Petition deutscher Silberschmiede: „Eine amtliche Controle von Seiten des Reiches würde ihren Zweck nicht errei¬ chen, da sie der heutigen Fabrikation nicht anzupassen wäre. Eine einfache Unter¬ suchung auf dem Probirstein nach der Farbe des Silbers, wie sie die früheren Jn- nungsältcsten vornahmen, genügt nicht, wenn nach Tausendtheilen einer Legirung ge¬ sucht werden muß. Eine wirkliche Controle kann nur durch Analyse von einem ge¬ prüften und vereideten Wcirdcin geführt werden, welcher selbstverständlich nicht an jedem Ort, wo nur eine Fabrik oder ein einzelner Silberarbeiter etablirt ist, angestellt sein kann. Dazu würde sie insofern ganz unsicher bleiben, weil ein großer Theil der Sil- berarbeiten nach gegenwärtiger Fabrikationsmcthodc oft aus sehr vielen einzelnen Stücken zusammengesetzt wird, die immerhin von verschiedenem Gehalte gearbeitet und unmöglich sämmtlich untersucht werden können." Dieselben Gesichtspunkte dürften größtentheils auch bei Goldwaaren ma߬ gebend sein. Beachtenswerth ist hierbei, daß die frühere Jnnungseontrole stets eine lokale war. Noch lokaler und bequemer ist aber jedenfalls die Controle in der Arbeitsstätte des Erzeugers durch diesen selbst. 2) Bestimmte Mischungsverhältnisse von Edelmetallwaaren sind theils durch specielles Gebot, theils durch Fest¬ setzung eines Minimalfeingehaltes von Staatswegen angeordnet worden. So namentlich in Frankreich und Oesterreich. Seit dem Jahre 1797 darf in Frankreich Silber nur mit 0,950 und 0,800, Gold nur mit 0,920, 0,840 und 0,750 Feingehalt verarbeitet werden. Ihm folgte Oesterreich, indem es im Jahre 1866 zu den beiden obigen Gehaltsstufen des Arbeitssilbers die von 0,900 und 0,750, zu denen des Arbeitsgoldes die von 0,580 hinzufügte. Zu den civilrechtlich ungültigen Verträgen gehört nach der Oesterreich. Justiz-Minist.-Verordnung vom 23. Mai 1853 auch die Verabredung, Silber in anderen, als den gesetzlich vorgeschrie¬ benen Feingehalten (damals 13 oder 15 Loth) zu verarbeiten. Wir werden die Vortheile und Nachtheile des Legirungszwanges im nächsten, Schlußartikel behandeln.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/320>, abgerufen am 19.05.2024.