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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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organisationsgesetzes bedarf nach der Reichstagssitzung vom 3. März in
deutschen Blättern keiner Erörterung mehr. Wie die Erklärungen der Regie¬
rung und die bisherige Erfahrung verbürgen, wird derselbe nur gegen direct
reichsfeindliche Bestrebungen in Anwendung gebracht, und wenn nicht be¬
stritten werden kann, daß unter den besonderen Verhältnissen des Reichslan¬
des die Möglichkeit derartiger Bestrebungen in ganz ausnahmsweisen Grade
vorliegt, so wäre geradezu unbegreiflich, wie ein reichsfreundlicher Mann
der Regierung die Mittel versagen könnte, gegen dieselben auch in ausnahms¬
weisen Grade gerüstet zu sein. Anders steht es mit der Frage, ob das dem
Reichstage vorliegende Preßgesetz auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt werden
soll oder nicht. Die Regierung ist dagegen, sie behält die Einführung des
Gesetzes im Reichslande einem besondern Gesetze vor, und die Commission des
Reichstags ist ihr mit großer Majorität beigetreten. Wir gestehen, uns von
der Nothwendigkeit, und darum auch von der Opportunist dieser Ausnahme¬
bestimmung nicht überzeugen zu können. Gegen die schlimmste Gefahr ist die
Regierung durch den ebengenannten K 10 gesichert; gegen unberechtigte An¬
griffe bietet auch das neue Preßgesetz noch genügenden Schutz; was aber die
principiell übelwollende Kritik betrifft, welche sich in der künftigen elsaß-lothring-
schen Presse breit machen würde, so ist dieselbe ganz gewiß weit weniger gefährlich,
wenn sie offen vor Aller Augen, als wenn sie -- was durch keine Macht
zu verhindern -- unter der Oberfläche geübt wird. Auch würde unseres
Erachtens die offiziöse Presse des Reichslandes erst dann ihre eigentliche Auf¬
gabe finden, wenn sie wirkliche Angriffe der Gegner zu bekämpfen hätte,
statt daß sie gegenwärtig etwas einseitig auf die Verherrlichung der Regie¬
rungsthätigkeit beschränkt ist. Wir würden in der That den Hauptvortheil
einer möglichst großen Preßfreiheit für Elsaß-Lothringen darin erblicken, daß
sie eine Handhabe böte, die Agitatoren mit ihren Anklagen ans Licht zu
locken und g,ä adsurclum zu führen. Wird dagegen das Reichsland von der
Wirksamkeit des Reichs- und Preßgesetzes ausgeschlossen, so erhalten Agita¬
toren ein neues, sehr wohlfeiles, aber doch sehr ausgiebiges Mittel zur An-
schwärzung der Regierung und der einzige Vortheil der Maßregel wird da¬
rin bestehen, daß der Verwaltung eine Menge kleiner Unbequemlichkeiten und
Chi N>. canen erspart bleibt.




Koch einmal der neue Voss-Mckettanf.

Da in dem Kampfe, welcher sich zwischen dem Verfasser des mit G. T. unter¬
zeichneten Artikels in Ur. 11 dies. Bl. und dem Schürmannschen Magazin für
den Deutschen Buchhandel über den neuen Postpackettarif entsponnen hat.


organisationsgesetzes bedarf nach der Reichstagssitzung vom 3. März in
deutschen Blättern keiner Erörterung mehr. Wie die Erklärungen der Regie¬
rung und die bisherige Erfahrung verbürgen, wird derselbe nur gegen direct
reichsfeindliche Bestrebungen in Anwendung gebracht, und wenn nicht be¬
stritten werden kann, daß unter den besonderen Verhältnissen des Reichslan¬
des die Möglichkeit derartiger Bestrebungen in ganz ausnahmsweisen Grade
vorliegt, so wäre geradezu unbegreiflich, wie ein reichsfreundlicher Mann
der Regierung die Mittel versagen könnte, gegen dieselben auch in ausnahms¬
weisen Grade gerüstet zu sein. Anders steht es mit der Frage, ob das dem
Reichstage vorliegende Preßgesetz auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt werden
soll oder nicht. Die Regierung ist dagegen, sie behält die Einführung des
Gesetzes im Reichslande einem besondern Gesetze vor, und die Commission des
Reichstags ist ihr mit großer Majorität beigetreten. Wir gestehen, uns von
der Nothwendigkeit, und darum auch von der Opportunist dieser Ausnahme¬
bestimmung nicht überzeugen zu können. Gegen die schlimmste Gefahr ist die
Regierung durch den ebengenannten K 10 gesichert; gegen unberechtigte An¬
griffe bietet auch das neue Preßgesetz noch genügenden Schutz; was aber die
principiell übelwollende Kritik betrifft, welche sich in der künftigen elsaß-lothring-
schen Presse breit machen würde, so ist dieselbe ganz gewiß weit weniger gefährlich,
wenn sie offen vor Aller Augen, als wenn sie — was durch keine Macht
zu verhindern — unter der Oberfläche geübt wird. Auch würde unseres
Erachtens die offiziöse Presse des Reichslandes erst dann ihre eigentliche Auf¬
gabe finden, wenn sie wirkliche Angriffe der Gegner zu bekämpfen hätte,
statt daß sie gegenwärtig etwas einseitig auf die Verherrlichung der Regie¬
rungsthätigkeit beschränkt ist. Wir würden in der That den Hauptvortheil
einer möglichst großen Preßfreiheit für Elsaß-Lothringen darin erblicken, daß
sie eine Handhabe böte, die Agitatoren mit ihren Anklagen ans Licht zu
locken und g,ä adsurclum zu führen. Wird dagegen das Reichsland von der
Wirksamkeit des Reichs- und Preßgesetzes ausgeschlossen, so erhalten Agita¬
toren ein neues, sehr wohlfeiles, aber doch sehr ausgiebiges Mittel zur An-
schwärzung der Regierung und der einzige Vortheil der Maßregel wird da¬
rin bestehen, daß der Verwaltung eine Menge kleiner Unbequemlichkeiten und
Chi N>. canen erspart bleibt.




Koch einmal der neue Voss-Mckettanf.

Da in dem Kampfe, welcher sich zwischen dem Verfasser des mit G. T. unter¬
zeichneten Artikels in Ur. 11 dies. Bl. und dem Schürmannschen Magazin für
den Deutschen Buchhandel über den neuen Postpackettarif entsponnen hat.


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[0477] organisationsgesetzes bedarf nach der Reichstagssitzung vom 3. März in deutschen Blättern keiner Erörterung mehr. Wie die Erklärungen der Regie¬ rung und die bisherige Erfahrung verbürgen, wird derselbe nur gegen direct reichsfeindliche Bestrebungen in Anwendung gebracht, und wenn nicht be¬ stritten werden kann, daß unter den besonderen Verhältnissen des Reichslan¬ des die Möglichkeit derartiger Bestrebungen in ganz ausnahmsweisen Grade vorliegt, so wäre geradezu unbegreiflich, wie ein reichsfreundlicher Mann der Regierung die Mittel versagen könnte, gegen dieselben auch in ausnahms¬ weisen Grade gerüstet zu sein. Anders steht es mit der Frage, ob das dem Reichstage vorliegende Preßgesetz auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt werden soll oder nicht. Die Regierung ist dagegen, sie behält die Einführung des Gesetzes im Reichslande einem besondern Gesetze vor, und die Commission des Reichstags ist ihr mit großer Majorität beigetreten. Wir gestehen, uns von der Nothwendigkeit, und darum auch von der Opportunist dieser Ausnahme¬ bestimmung nicht überzeugen zu können. Gegen die schlimmste Gefahr ist die Regierung durch den ebengenannten K 10 gesichert; gegen unberechtigte An¬ griffe bietet auch das neue Preßgesetz noch genügenden Schutz; was aber die principiell übelwollende Kritik betrifft, welche sich in der künftigen elsaß-lothring- schen Presse breit machen würde, so ist dieselbe ganz gewiß weit weniger gefährlich, wenn sie offen vor Aller Augen, als wenn sie — was durch keine Macht zu verhindern — unter der Oberfläche geübt wird. Auch würde unseres Erachtens die offiziöse Presse des Reichslandes erst dann ihre eigentliche Auf¬ gabe finden, wenn sie wirkliche Angriffe der Gegner zu bekämpfen hätte, statt daß sie gegenwärtig etwas einseitig auf die Verherrlichung der Regie¬ rungsthätigkeit beschränkt ist. Wir würden in der That den Hauptvortheil einer möglichst großen Preßfreiheit für Elsaß-Lothringen darin erblicken, daß sie eine Handhabe böte, die Agitatoren mit ihren Anklagen ans Licht zu locken und g,ä adsurclum zu führen. Wird dagegen das Reichsland von der Wirksamkeit des Reichs- und Preßgesetzes ausgeschlossen, so erhalten Agita¬ toren ein neues, sehr wohlfeiles, aber doch sehr ausgiebiges Mittel zur An- schwärzung der Regierung und der einzige Vortheil der Maßregel wird da¬ rin bestehen, daß der Verwaltung eine Menge kleiner Unbequemlichkeiten und Chi N>. canen erspart bleibt. Koch einmal der neue Voss-Mckettanf. Da in dem Kampfe, welcher sich zwischen dem Verfasser des mit G. T. unter¬ zeichneten Artikels in Ur. 11 dies. Bl. und dem Schürmannschen Magazin für den Deutschen Buchhandel über den neuen Postpackettarif entsponnen hat.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/477>, abgerufen am 27.04.2024.