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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Sonne und Wind sehr ungleich vertheilt find, indem die Grenzboten eine viel
weitere Verbreitung in den verschiedensten Kreisen genießen, als das erst kürz¬
lich begonnene Schürmannsche Magazin, welches zur Zeit fast nur in buch¬
händlerischen Kreisen gelesen wird, möge es auch einem Dritten gestattet sein,
die Frage hier nochmals zu beleuchten. --

Herr G. T. erwähnt die Vorstellungen aus kaufmännischen Kreisen gegen
die neue Packettaxe und die dadurch herbeigeführte Verteuerung der Versen¬
dung innerhalb des, sür jeden Platz überwiegend in Betracht kommenden Um¬
kreises bis zu 25 Meilen, gegen den Zwang zu einer bestimmten Art von
Adressen, gegen den indirekten Frankirungs-Zwang, gegen die Stellung der
Alternative: entweder alle Packete ohne vorherige Benachrichtigung abholen,
oder sich alle gegen besonderes Bestellgeld ins Haus bringen zu lassen, nur
ganz beiläufig, und begnügt sich, die Opposition gegen diese neuen Einrichtungen
als vom Standpunkte kleinlicher Sonder- und Zunft-In¬
teressen diktirt darzustellen. Hierüber sind wir ganz andrer Ansicht: Die
Opposition ist eben eine in allen Kreisen des Handels sehr verbreitete
und keineswegs eine einseitig buchhändlerische; da aber Herr G. T. den Buch¬
handel ganz speciell zum Gegenstande seiner Angriffe gewählt hat, so liegt
auch die Widerlegung zunächst diesem ob.

Nachdem sich während der seit Einführung der neuen Taxe vergangenen
dritthalb Monate herausgestellt hat, daß dieselbe mindestens für den Buch¬
handel solche umwälzenden Erfolge, wie sie in gewissen Kreisen erwartet worden
sind, nicht gehabt hat, so wird es uns nicht schwer sin" ir" et Studio zu
schreiben und selbst die Andeutungen, welche der Verfasser über
die Idee der Errichtung von Postbuchhandlungen macht, ruhig aufzu¬
fassen. So lange die Post -- es sei dies nicht als Vorwurf gesagt, ja es
scheint uns dies bei dem drängenden Postverkehr nahezu unvermeidlich zu
sein -- ihre diktatorische Art dem Publikum gegenüber beibehält, so lange
kann dieselbe kein genügender Ersatz für die Provinztal-Buchhändler wer¬
den, denn diese fügen sich in ihr Publikum, geben sich Mühe zur Ver¬
breitung von Büchern und Zeitschriften, und senden die letzteren ihren
Kunden in der Regel bis auf Abbestellung und zwar meist auf Credit, während
die Post immer Erneuerung der Bestellungen mit Vorausbezahlung verlangt
und für Nachbestellungen neuerdings noch Strafporto aufschlägt.

Die "Ansichtsendungen" will Herr G. T. zwar großmüthig auch ferner
dem Buchhandel ungeschmälert überlassen, bedenkt aber nicht, daß derselbe
diese lediglich in Deutschland übliche mühsame und kostspielige Manipulation,
welche doch für die Verbreitung der Literatur und namentlich für Jederr, der
bei der Fluth neuer literarischer Erscheinungen nicht blind drauf los kaufen
will, vom größten Nutzen ist, nicht fortsetzen kann, wenn die Post ihm die


Sonne und Wind sehr ungleich vertheilt find, indem die Grenzboten eine viel
weitere Verbreitung in den verschiedensten Kreisen genießen, als das erst kürz¬
lich begonnene Schürmannsche Magazin, welches zur Zeit fast nur in buch¬
händlerischen Kreisen gelesen wird, möge es auch einem Dritten gestattet sein,
die Frage hier nochmals zu beleuchten. —

Herr G. T. erwähnt die Vorstellungen aus kaufmännischen Kreisen gegen
die neue Packettaxe und die dadurch herbeigeführte Verteuerung der Versen¬
dung innerhalb des, sür jeden Platz überwiegend in Betracht kommenden Um¬
kreises bis zu 25 Meilen, gegen den Zwang zu einer bestimmten Art von
Adressen, gegen den indirekten Frankirungs-Zwang, gegen die Stellung der
Alternative: entweder alle Packete ohne vorherige Benachrichtigung abholen,
oder sich alle gegen besonderes Bestellgeld ins Haus bringen zu lassen, nur
ganz beiläufig, und begnügt sich, die Opposition gegen diese neuen Einrichtungen
als vom Standpunkte kleinlicher Sonder- und Zunft-In¬
teressen diktirt darzustellen. Hierüber sind wir ganz andrer Ansicht: Die
Opposition ist eben eine in allen Kreisen des Handels sehr verbreitete
und keineswegs eine einseitig buchhändlerische; da aber Herr G. T. den Buch¬
handel ganz speciell zum Gegenstande seiner Angriffe gewählt hat, so liegt
auch die Widerlegung zunächst diesem ob.

Nachdem sich während der seit Einführung der neuen Taxe vergangenen
dritthalb Monate herausgestellt hat, daß dieselbe mindestens für den Buch¬
handel solche umwälzenden Erfolge, wie sie in gewissen Kreisen erwartet worden
sind, nicht gehabt hat, so wird es uns nicht schwer sin« ir» et Studio zu
schreiben und selbst die Andeutungen, welche der Verfasser über
die Idee der Errichtung von Postbuchhandlungen macht, ruhig aufzu¬
fassen. So lange die Post — es sei dies nicht als Vorwurf gesagt, ja es
scheint uns dies bei dem drängenden Postverkehr nahezu unvermeidlich zu
sein — ihre diktatorische Art dem Publikum gegenüber beibehält, so lange
kann dieselbe kein genügender Ersatz für die Provinztal-Buchhändler wer¬
den, denn diese fügen sich in ihr Publikum, geben sich Mühe zur Ver¬
breitung von Büchern und Zeitschriften, und senden die letzteren ihren
Kunden in der Regel bis auf Abbestellung und zwar meist auf Credit, während
die Post immer Erneuerung der Bestellungen mit Vorausbezahlung verlangt
und für Nachbestellungen neuerdings noch Strafporto aufschlägt.

Die „Ansichtsendungen" will Herr G. T. zwar großmüthig auch ferner
dem Buchhandel ungeschmälert überlassen, bedenkt aber nicht, daß derselbe
diese lediglich in Deutschland übliche mühsame und kostspielige Manipulation,
welche doch für die Verbreitung der Literatur und namentlich für Jederr, der
bei der Fluth neuer literarischer Erscheinungen nicht blind drauf los kaufen
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[0478] Sonne und Wind sehr ungleich vertheilt find, indem die Grenzboten eine viel weitere Verbreitung in den verschiedensten Kreisen genießen, als das erst kürz¬ lich begonnene Schürmannsche Magazin, welches zur Zeit fast nur in buch¬ händlerischen Kreisen gelesen wird, möge es auch einem Dritten gestattet sein, die Frage hier nochmals zu beleuchten. — Herr G. T. erwähnt die Vorstellungen aus kaufmännischen Kreisen gegen die neue Packettaxe und die dadurch herbeigeführte Verteuerung der Versen¬ dung innerhalb des, sür jeden Platz überwiegend in Betracht kommenden Um¬ kreises bis zu 25 Meilen, gegen den Zwang zu einer bestimmten Art von Adressen, gegen den indirekten Frankirungs-Zwang, gegen die Stellung der Alternative: entweder alle Packete ohne vorherige Benachrichtigung abholen, oder sich alle gegen besonderes Bestellgeld ins Haus bringen zu lassen, nur ganz beiläufig, und begnügt sich, die Opposition gegen diese neuen Einrichtungen als vom Standpunkte kleinlicher Sonder- und Zunft-In¬ teressen diktirt darzustellen. Hierüber sind wir ganz andrer Ansicht: Die Opposition ist eben eine in allen Kreisen des Handels sehr verbreitete und keineswegs eine einseitig buchhändlerische; da aber Herr G. T. den Buch¬ handel ganz speciell zum Gegenstande seiner Angriffe gewählt hat, so liegt auch die Widerlegung zunächst diesem ob. Nachdem sich während der seit Einführung der neuen Taxe vergangenen dritthalb Monate herausgestellt hat, daß dieselbe mindestens für den Buch¬ handel solche umwälzenden Erfolge, wie sie in gewissen Kreisen erwartet worden sind, nicht gehabt hat, so wird es uns nicht schwer sin« ir» et Studio zu schreiben und selbst die Andeutungen, welche der Verfasser über die Idee der Errichtung von Postbuchhandlungen macht, ruhig aufzu¬ fassen. So lange die Post — es sei dies nicht als Vorwurf gesagt, ja es scheint uns dies bei dem drängenden Postverkehr nahezu unvermeidlich zu sein — ihre diktatorische Art dem Publikum gegenüber beibehält, so lange kann dieselbe kein genügender Ersatz für die Provinztal-Buchhändler wer¬ den, denn diese fügen sich in ihr Publikum, geben sich Mühe zur Ver¬ breitung von Büchern und Zeitschriften, und senden die letzteren ihren Kunden in der Regel bis auf Abbestellung und zwar meist auf Credit, während die Post immer Erneuerung der Bestellungen mit Vorausbezahlung verlangt und für Nachbestellungen neuerdings noch Strafporto aufschlägt. Die „Ansichtsendungen" will Herr G. T. zwar großmüthig auch ferner dem Buchhandel ungeschmälert überlassen, bedenkt aber nicht, daß derselbe diese lediglich in Deutschland übliche mühsame und kostspielige Manipulation, welche doch für die Verbreitung der Literatur und namentlich für Jederr, der bei der Fluth neuer literarischer Erscheinungen nicht blind drauf los kaufen will, vom größten Nutzen ist, nicht fortsetzen kann, wenn die Post ihm die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/478>, abgerufen am 12.05.2024.