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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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Ms den Memoiren eines deutschen "IotttiKers.
Deutschland zur Zeit des italienischen Krieges 1859.
I. Bis zum Präliminarfrieden von Villafranca.

Memoirenartige Aufzeichnungen von Zeitgenossen über das, was sie selbst
erlebt, gethan, beobachtet, haben immer einen besonderen Reiz. Einen noch
größeren, wenn der Kreis dieser Beobachtungen und Erlebnisse dadurch erwei¬
tert ist, daß der Verfasser solcher Aufzeichnungen seine eignen Erfahrungen
und Anschauungen mit denen Anderer im Wege der Correspondenz ausge¬
tauscht hat.

Aufzeichnungen und Korrespondenzen dieser Art liegen uns vor von der
Hand eines Mannes, der ein langes und rühriges Leben theils berufsmäßig,
theils in freier Hingebung der Beschäftigung mit den öffentlichen, insbesondere
den großen nationalen Angelegenheiten seines deutschen Vaterlandes widmete.
Er hat dieselben den Seinen behufs späterer Hinausgabe in die Oeffentlichkeit
hinterlassen, mit der Bestimmung, daß vor einer gewissen Zeit nur einzelne
Partien, und auch diese nur mit Hinweglassung der Namen der noch lebenden
Correspondenten, veröffentlicht werden dürfen.

Dieser Bestimmung gemäß sind in den nachfolgenden Mittheilungen nur
diejenigen Persönlichkeiten namentlich aufgeführt, welche nicht mehr leben,
die noch lebenden dagegen unkenntlich gemacht. Aus den Namen jener Ersteren
wird man aber schon abnehmen, in welchen politischen Kreisen der Verfasser
verkehrt, aus welchen er seine Beobachtungen geschöpft hat, und daß seine
Quellen nicht zu den schlechtesten gehören.

Nach diesen einleitenden Anordnungen geben wir dem Verfasser der Auf¬
zeichnungen selbst das Wort:

Die Aufrührung der italienischen Frage durch den vielberufnen Neujahrs¬
gruß Napoleon's an Oesterreich regte mich zu lebhaften Betrachtungen und
Besorgnissen über die Stellung Frankreichs zu Deutschland, zugleich, in Ver¬
bindung mit den Hoffnungen, welche die neue Aera in Preußen erweckte, zur
Wiederaufnahme niemals vergessener, sondern nur vertagter Bestrebungen für
die innere Neugestaltung Deutschlands an. Ich schrieb damals an einen
Freund: "Der Fortbestand der österreichischen Herrschaft über Italien mag


Grenzboten it. 1874. 16
Ms den Memoiren eines deutschen "IotttiKers.
Deutschland zur Zeit des italienischen Krieges 1859.
I. Bis zum Präliminarfrieden von Villafranca.

Memoirenartige Aufzeichnungen von Zeitgenossen über das, was sie selbst
erlebt, gethan, beobachtet, haben immer einen besonderen Reiz. Einen noch
größeren, wenn der Kreis dieser Beobachtungen und Erlebnisse dadurch erwei¬
tert ist, daß der Verfasser solcher Aufzeichnungen seine eignen Erfahrungen
und Anschauungen mit denen Anderer im Wege der Correspondenz ausge¬
tauscht hat.

Aufzeichnungen und Korrespondenzen dieser Art liegen uns vor von der
Hand eines Mannes, der ein langes und rühriges Leben theils berufsmäßig,
theils in freier Hingebung der Beschäftigung mit den öffentlichen, insbesondere
den großen nationalen Angelegenheiten seines deutschen Vaterlandes widmete.
Er hat dieselben den Seinen behufs späterer Hinausgabe in die Oeffentlichkeit
hinterlassen, mit der Bestimmung, daß vor einer gewissen Zeit nur einzelne
Partien, und auch diese nur mit Hinweglassung der Namen der noch lebenden
Correspondenten, veröffentlicht werden dürfen.

Dieser Bestimmung gemäß sind in den nachfolgenden Mittheilungen nur
diejenigen Persönlichkeiten namentlich aufgeführt, welche nicht mehr leben,
die noch lebenden dagegen unkenntlich gemacht. Aus den Namen jener Ersteren
wird man aber schon abnehmen, in welchen politischen Kreisen der Verfasser
verkehrt, aus welchen er seine Beobachtungen geschöpft hat, und daß seine
Quellen nicht zu den schlechtesten gehören.

Nach diesen einleitenden Anordnungen geben wir dem Verfasser der Auf¬
zeichnungen selbst das Wort:

Die Aufrührung der italienischen Frage durch den vielberufnen Neujahrs¬
gruß Napoleon's an Oesterreich regte mich zu lebhaften Betrachtungen und
Besorgnissen über die Stellung Frankreichs zu Deutschland, zugleich, in Ver¬
bindung mit den Hoffnungen, welche die neue Aera in Preußen erweckte, zur
Wiederaufnahme niemals vergessener, sondern nur vertagter Bestrebungen für
die innere Neugestaltung Deutschlands an. Ich schrieb damals an einen
Freund: „Der Fortbestand der österreichischen Herrschaft über Italien mag


Grenzboten it. 1874. 16
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[0129] Ms den Memoiren eines deutschen "IotttiKers. Deutschland zur Zeit des italienischen Krieges 1859. I. Bis zum Präliminarfrieden von Villafranca. Memoirenartige Aufzeichnungen von Zeitgenossen über das, was sie selbst erlebt, gethan, beobachtet, haben immer einen besonderen Reiz. Einen noch größeren, wenn der Kreis dieser Beobachtungen und Erlebnisse dadurch erwei¬ tert ist, daß der Verfasser solcher Aufzeichnungen seine eignen Erfahrungen und Anschauungen mit denen Anderer im Wege der Correspondenz ausge¬ tauscht hat. Aufzeichnungen und Korrespondenzen dieser Art liegen uns vor von der Hand eines Mannes, der ein langes und rühriges Leben theils berufsmäßig, theils in freier Hingebung der Beschäftigung mit den öffentlichen, insbesondere den großen nationalen Angelegenheiten seines deutschen Vaterlandes widmete. Er hat dieselben den Seinen behufs späterer Hinausgabe in die Oeffentlichkeit hinterlassen, mit der Bestimmung, daß vor einer gewissen Zeit nur einzelne Partien, und auch diese nur mit Hinweglassung der Namen der noch lebenden Correspondenten, veröffentlicht werden dürfen. Dieser Bestimmung gemäß sind in den nachfolgenden Mittheilungen nur diejenigen Persönlichkeiten namentlich aufgeführt, welche nicht mehr leben, die noch lebenden dagegen unkenntlich gemacht. Aus den Namen jener Ersteren wird man aber schon abnehmen, in welchen politischen Kreisen der Verfasser verkehrt, aus welchen er seine Beobachtungen geschöpft hat, und daß seine Quellen nicht zu den schlechtesten gehören. Nach diesen einleitenden Anordnungen geben wir dem Verfasser der Auf¬ zeichnungen selbst das Wort: Die Aufrührung der italienischen Frage durch den vielberufnen Neujahrs¬ gruß Napoleon's an Oesterreich regte mich zu lebhaften Betrachtungen und Besorgnissen über die Stellung Frankreichs zu Deutschland, zugleich, in Ver¬ bindung mit den Hoffnungen, welche die neue Aera in Preußen erweckte, zur Wiederaufnahme niemals vergessener, sondern nur vertagter Bestrebungen für die innere Neugestaltung Deutschlands an. Ich schrieb damals an einen Freund: „Der Fortbestand der österreichischen Herrschaft über Italien mag Grenzboten it. 1874. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/129>, abgerufen am 07.05.2024.