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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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günstigen, an deutsche Parlamente herantritt, möge man sich des Abgeord-
neten Laster erinnern, der diesen Versucher auf der Schwelle so furchtlos und
pflichtgetreu empfing, und möge die Reinheit deutscher Parlamente immer solche
Wachtel finden. Wir haben unsere abweichende Meinung der Haltung des Abge¬
ordneten gegenüber in wichtigen Fragen, wie das Militärgesetz, an dieser Stelle
lebhaft ausgedrückt. Heute aber müssen wir sagen: Ehre, dem Ehre gebührt.

Die Hauptpatrone des von Laster so hart verurtheilten Unternehmens
der Berliner Nordbahn sind Mitglieder des Herrenhauses. Es konnte nicht
fehlen, daß am Tage nach Laster's Vortrag einer dieser Patrone auf den
Angriff erwiderte. Es kann jedoch wohl nur Eine Stimme darüber sein, daß
die Vertheidigung so ausgefallen, daß die Sache des Vertheidigers vor keinem
Auge dadurch gewonnen hat. Während die sachlichen Behauptungen über
die Lage und Führung des Unternehmens lediglich Bestätigung fanden, schloß
sich daran der Versuch einer Charakterverdächtigung gegen den Ankläger, der
bet Freund und Feind ohnmächtig zu Boden fallen mußte. Auf die Replik
des Fürsten Puttbus im Herrenhaus konnte Laster die Duplik nicht schuldig
bleiben. Man kann von der/eiden sagen: sie wäre stegreich gewesen, wenn
sie nöthig gewesen wäre, und sie war siegreich, obwohl sie unnöthig war.

Zu den wirthschaftlichen Gesetzen dieser Woche gehört auch die Bewilligung
der großen Eisenbahnanleihe. Die Gesichtspunkte über die staatliche Behandlung
des Eisenbahnwesens überhaupt, welche dabei geltend gemacht wurden, können
uns erst bei einer Erörterung der Grundsätze der Eisenbahnpolitik im Ganzen
beschäftigen, zu der die Gelegenheit mehr als einmal wiederkehren wird.

Das Herrenhaus hat in dieser Woche an wichtigen Gegenständen sich
mit den drei Kirchengesetzen beschäftigt, auf die wir uns vorgenommen haben
0--i'. nach ihrem Abschluß zurückzukommen.




Ms der diesjährigen luxemburgischen Kammersesston.

Die dießjährige Session unserer Kammer naht sich ihrem Ende, ohne
daß bisher das so wichtige Gesetz über den Verkauf eines Theiles unserer
Erzländer an in- und ausländische Hüttenbesitzer seine Erledigung gefunden
hätte. Und doch ist es eben dies Gesetz, welches unserm Staatsschatz die
reichen Mittel zu den vielen Verbesserungen, sowohl auf geistigem, als auf
materiellem Gebiete, deren das Land so sehr benöthigt ist. liefern soll.
Welche Intriguen hier mitgewirkt, und welches geheime Spiel von unserm
Herrn General-Director des Innern mit unsern Hüttenbefitzern. oder von
diesen mit Herrn Salentiny, gespielt worden sein mag. dürften wohl nur
diese selbst recht wissen. Als es sich für verschiedene unserer Hüttenbesitzer


günstigen, an deutsche Parlamente herantritt, möge man sich des Abgeord-
neten Laster erinnern, der diesen Versucher auf der Schwelle so furchtlos und
pflichtgetreu empfing, und möge die Reinheit deutscher Parlamente immer solche
Wachtel finden. Wir haben unsere abweichende Meinung der Haltung des Abge¬
ordneten gegenüber in wichtigen Fragen, wie das Militärgesetz, an dieser Stelle
lebhaft ausgedrückt. Heute aber müssen wir sagen: Ehre, dem Ehre gebührt.

Die Hauptpatrone des von Laster so hart verurtheilten Unternehmens
der Berliner Nordbahn sind Mitglieder des Herrenhauses. Es konnte nicht
fehlen, daß am Tage nach Laster's Vortrag einer dieser Patrone auf den
Angriff erwiderte. Es kann jedoch wohl nur Eine Stimme darüber sein, daß
die Vertheidigung so ausgefallen, daß die Sache des Vertheidigers vor keinem
Auge dadurch gewonnen hat. Während die sachlichen Behauptungen über
die Lage und Führung des Unternehmens lediglich Bestätigung fanden, schloß
sich daran der Versuch einer Charakterverdächtigung gegen den Ankläger, der
bet Freund und Feind ohnmächtig zu Boden fallen mußte. Auf die Replik
des Fürsten Puttbus im Herrenhaus konnte Laster die Duplik nicht schuldig
bleiben. Man kann von der/eiden sagen: sie wäre stegreich gewesen, wenn
sie nöthig gewesen wäre, und sie war siegreich, obwohl sie unnöthig war.

Zu den wirthschaftlichen Gesetzen dieser Woche gehört auch die Bewilligung
der großen Eisenbahnanleihe. Die Gesichtspunkte über die staatliche Behandlung
des Eisenbahnwesens überhaupt, welche dabei geltend gemacht wurden, können
uns erst bei einer Erörterung der Grundsätze der Eisenbahnpolitik im Ganzen
beschäftigen, zu der die Gelegenheit mehr als einmal wiederkehren wird.

Das Herrenhaus hat in dieser Woche an wichtigen Gegenständen sich
mit den drei Kirchengesetzen beschäftigt, auf die wir uns vorgenommen haben
0—i'. nach ihrem Abschluß zurückzukommen.




Ms der diesjährigen luxemburgischen Kammersesston.

Die dießjährige Session unserer Kammer naht sich ihrem Ende, ohne
daß bisher das so wichtige Gesetz über den Verkauf eines Theiles unserer
Erzländer an in- und ausländische Hüttenbesitzer seine Erledigung gefunden
hätte. Und doch ist es eben dies Gesetz, welches unserm Staatsschatz die
reichen Mittel zu den vielen Verbesserungen, sowohl auf geistigem, als auf
materiellem Gebiete, deren das Land so sehr benöthigt ist. liefern soll.
Welche Intriguen hier mitgewirkt, und welches geheime Spiel von unserm
Herrn General-Director des Innern mit unsern Hüttenbefitzern. oder von
diesen mit Herrn Salentiny, gespielt worden sein mag. dürften wohl nur
diese selbst recht wissen. Als es sich für verschiedene unserer Hüttenbesitzer


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[0325] günstigen, an deutsche Parlamente herantritt, möge man sich des Abgeord- neten Laster erinnern, der diesen Versucher auf der Schwelle so furchtlos und pflichtgetreu empfing, und möge die Reinheit deutscher Parlamente immer solche Wachtel finden. Wir haben unsere abweichende Meinung der Haltung des Abge¬ ordneten gegenüber in wichtigen Fragen, wie das Militärgesetz, an dieser Stelle lebhaft ausgedrückt. Heute aber müssen wir sagen: Ehre, dem Ehre gebührt. Die Hauptpatrone des von Laster so hart verurtheilten Unternehmens der Berliner Nordbahn sind Mitglieder des Herrenhauses. Es konnte nicht fehlen, daß am Tage nach Laster's Vortrag einer dieser Patrone auf den Angriff erwiderte. Es kann jedoch wohl nur Eine Stimme darüber sein, daß die Vertheidigung so ausgefallen, daß die Sache des Vertheidigers vor keinem Auge dadurch gewonnen hat. Während die sachlichen Behauptungen über die Lage und Führung des Unternehmens lediglich Bestätigung fanden, schloß sich daran der Versuch einer Charakterverdächtigung gegen den Ankläger, der bet Freund und Feind ohnmächtig zu Boden fallen mußte. Auf die Replik des Fürsten Puttbus im Herrenhaus konnte Laster die Duplik nicht schuldig bleiben. Man kann von der/eiden sagen: sie wäre stegreich gewesen, wenn sie nöthig gewesen wäre, und sie war siegreich, obwohl sie unnöthig war. Zu den wirthschaftlichen Gesetzen dieser Woche gehört auch die Bewilligung der großen Eisenbahnanleihe. Die Gesichtspunkte über die staatliche Behandlung des Eisenbahnwesens überhaupt, welche dabei geltend gemacht wurden, können uns erst bei einer Erörterung der Grundsätze der Eisenbahnpolitik im Ganzen beschäftigen, zu der die Gelegenheit mehr als einmal wiederkehren wird. Das Herrenhaus hat in dieser Woche an wichtigen Gegenständen sich mit den drei Kirchengesetzen beschäftigt, auf die wir uns vorgenommen haben 0—i'. nach ihrem Abschluß zurückzukommen. Ms der diesjährigen luxemburgischen Kammersesston. Die dießjährige Session unserer Kammer naht sich ihrem Ende, ohne daß bisher das so wichtige Gesetz über den Verkauf eines Theiles unserer Erzländer an in- und ausländische Hüttenbesitzer seine Erledigung gefunden hätte. Und doch ist es eben dies Gesetz, welches unserm Staatsschatz die reichen Mittel zu den vielen Verbesserungen, sowohl auf geistigem, als auf materiellem Gebiete, deren das Land so sehr benöthigt ist. liefern soll. Welche Intriguen hier mitgewirkt, und welches geheime Spiel von unserm Herrn General-Director des Innern mit unsern Hüttenbefitzern. oder von diesen mit Herrn Salentiny, gespielt worden sein mag. dürften wohl nur diese selbst recht wissen. Als es sich für verschiedene unserer Hüttenbesitzer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/325>, abgerufen am 07.05.2024.