Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.deren Schluß der Leser zu seiner nähern Belehrung höchst naiv auf Mothes' Ebenso viel wie der Text lassen aber auch die Abbildungen zu wünschen -" 5 Wriefe aus der Kaiserstadt. Es bleibt die Signatur dieses Sommers: das Unwahrscheinlichste, hier deren Schluß der Leser zu seiner nähern Belehrung höchst naiv auf Mothes' Ebenso viel wie der Text lassen aber auch die Abbildungen zu wünschen -» 5 Wriefe aus der Kaiserstadt. Es bleibt die Signatur dieses Sommers: das Unwahrscheinlichste, hier <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0244" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131938"/> <p xml:id="ID_858" prev="#ID_857"> deren Schluß der Leser zu seiner nähern Belehrung höchst naiv auf Mothes'<lb/> „Baulexicon" verwiesen wird. Ja, das ganze Buch ist eigentlich weiter<lb/> nichts — und die Herausgeber sprechen das auch ungenirt aus — als eine<lb/> Art Absenker von besagtem Mothes'schen Baulexicon. Die Artikel über Bau¬<lb/> kunst sind excerpirt, die über Ikonographie, Kunstarchäologie und Heraldik<lb/> herübergenommen und erweitert, dazwischen dann Artikel aus der Kostüm¬<lb/> kunde eingeschoben, und siehe da, das „Archäologische Wörterbuch" war fertig.<lb/> Eine solche Buchmacherei, bei der das eine Buch bloß fabricirt wird, um das<lb/> andere verkaufen zu helfen, sollte man doch nicht für möglich halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_859"> Ebenso viel wie der Text lassen aber auch die Abbildungen zu wünschen<lb/> übrig, nicht in ihrer technischen Herstellung, die bisweilen recht gut, im übrigen<lb/> wenigstens genügend ist, wohl aber in ihrer Auswahl. Man braucht die<lb/> Hefte nur durchzublättern, um sich zu überzeugen, daß hier nicht nach einer<lb/> bestimmten ratio verfahren ist, sondern daß die Verlagshandlung austrank,<lb/> was sie gerade hat. Manches hätte recht gut wegbleiben können, anderes<lb/> vermißt man schmerzlich. Auf dem Umschlage hat die Verlagshandlung sich<lb/> das kindliche Vergnügen gemacht, die beiden Herausgeber in ekügis anzu¬<lb/> bringen. Herr Baurath Dr. Mothes aus Leipzig und Herr öl-. Müller aus<lb/> Bremen, der eine in enganliegenden Beinkleidern und pelzverbrämter Jacke,<lb/> in den Händen einen aufgerollten Bauriß, der andere in langem, bis auf den<lb/> Fußboden herabreichenden Talare und mit einem Buche unter dem Arme,<lb/> erscheinen vor einem pappernen Theaterkaiser, dem sie ihre Reverenz machen,<lb/> während im Hintergrunde verschiedene Künstler, unter ihnen einer mit den<lb/> Gesichtszügen Dürer's (!), ihrer Kunstthätigkeit obliegen. Hätte die Verlags¬<lb/> handlung anstatt dieses puerilen Umschlages ein paar gute Illustrationen<lb/> mehr schneiden lassen, das wäre klüger gewesen.</p><lb/> <note type="byline"> -» 5</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Wriefe aus der Kaiserstadt.</head><lb/> <p xml:id="ID_860" next="#ID_861"> Es bleibt die Signatur dieses Sommers: das Unwahrscheinlichste, hier<lb/> wird's Ereigniß. Nach einem eisigen Frühjahr diese sengende Gluth. und<lb/> trotz derselben eine politische Erregtheit, wie sie in außerparlamentarischer<lb/> Zeit seit dem letzten Kriege nicht wieder bemerkt wurde. Die Brüsseler<lb/> Diplomatenversammlung allein freilich — so anziehend immer das Schauspiel<lb/> eines Weltkongresses sein mag — würde die heitere Ruhe der Bade- und<lb/> Reisesaison nicht stören; sie will dem Veilchen gleich im Verborgenen blühen<lb/> und leider mögen jene Pessimisten wohl nicht Unrecht haben, welche der Ansicht<lb/> sind, daß das Endergebniß ihrer Berathungen dieses bescheidene Auftreten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0244]
deren Schluß der Leser zu seiner nähern Belehrung höchst naiv auf Mothes'
„Baulexicon" verwiesen wird. Ja, das ganze Buch ist eigentlich weiter
nichts — und die Herausgeber sprechen das auch ungenirt aus — als eine
Art Absenker von besagtem Mothes'schen Baulexicon. Die Artikel über Bau¬
kunst sind excerpirt, die über Ikonographie, Kunstarchäologie und Heraldik
herübergenommen und erweitert, dazwischen dann Artikel aus der Kostüm¬
kunde eingeschoben, und siehe da, das „Archäologische Wörterbuch" war fertig.
Eine solche Buchmacherei, bei der das eine Buch bloß fabricirt wird, um das
andere verkaufen zu helfen, sollte man doch nicht für möglich halten.
Ebenso viel wie der Text lassen aber auch die Abbildungen zu wünschen
übrig, nicht in ihrer technischen Herstellung, die bisweilen recht gut, im übrigen
wenigstens genügend ist, wohl aber in ihrer Auswahl. Man braucht die
Hefte nur durchzublättern, um sich zu überzeugen, daß hier nicht nach einer
bestimmten ratio verfahren ist, sondern daß die Verlagshandlung austrank,
was sie gerade hat. Manches hätte recht gut wegbleiben können, anderes
vermißt man schmerzlich. Auf dem Umschlage hat die Verlagshandlung sich
das kindliche Vergnügen gemacht, die beiden Herausgeber in ekügis anzu¬
bringen. Herr Baurath Dr. Mothes aus Leipzig und Herr öl-. Müller aus
Bremen, der eine in enganliegenden Beinkleidern und pelzverbrämter Jacke,
in den Händen einen aufgerollten Bauriß, der andere in langem, bis auf den
Fußboden herabreichenden Talare und mit einem Buche unter dem Arme,
erscheinen vor einem pappernen Theaterkaiser, dem sie ihre Reverenz machen,
während im Hintergrunde verschiedene Künstler, unter ihnen einer mit den
Gesichtszügen Dürer's (!), ihrer Kunstthätigkeit obliegen. Hätte die Verlags¬
handlung anstatt dieses puerilen Umschlages ein paar gute Illustrationen
mehr schneiden lassen, das wäre klüger gewesen.
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Wriefe aus der Kaiserstadt.
Es bleibt die Signatur dieses Sommers: das Unwahrscheinlichste, hier
wird's Ereigniß. Nach einem eisigen Frühjahr diese sengende Gluth. und
trotz derselben eine politische Erregtheit, wie sie in außerparlamentarischer
Zeit seit dem letzten Kriege nicht wieder bemerkt wurde. Die Brüsseler
Diplomatenversammlung allein freilich — so anziehend immer das Schauspiel
eines Weltkongresses sein mag — würde die heitere Ruhe der Bade- und
Reisesaison nicht stören; sie will dem Veilchen gleich im Verborgenen blühen
und leider mögen jene Pessimisten wohl nicht Unrecht haben, welche der Ansicht
sind, daß das Endergebniß ihrer Berathungen dieses bescheidene Auftreten
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