Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wer als Pessimist, als Unitarier oder wenigstens als Gegner der Son¬
derexistenz seines eigenen Partikularstaares das Ende der partikularen Selbst-
ständigkeit befördern will, hat dazu in der Preisgebung der gemeinsamen
Universität, mag sie sich auf den Grund stützen, daß der Staat nicht mehr
im Stande sei. die Mittel aufzubringen, oder auf den Grund, daß er die
betreffenden Summen von etlichen tausend Thalern zu andern nothwendigeren
Ausgaben brauche, eine treffliche Waffe. Wer ehrlich die Erhaltung der
Selbständigkeit jener Staaten wünscht, der mache sich klar, daß seinem Wunsche
der Erfolg nur dann entsprechen wird, wenn der Staat im Stande ist, seine
Zwecke zu erfüllen, wenn er durch die Verhältnisse sich nicht zwingen läßt,
um einiger Mehropfer willen das theure Vermächtntß einer vorzüglichen Bil-
dungsanstalt aufzuopfern. Selbst wenn es nicht ohne Mühe geschieht, sollte
Man daher auch in Meiningen und Gotha Alles daran setzen, lieber die
Mittel zu schaffen, als das schlimme Bekenntniß abzulegen, der erforderliche
Beitrag zur Sicherung der Universität Jena werde den gesammten Staats--
etat ruiniren.

Ob es helfen wird, sich noch einmal an die Erwägung zum eigenen
Besten zu wenden? Allzugroß ist die Hoffnung nicht. Sehe man zu, was
zu thun sei. Lange kann Jena nicht in der Schwebe gelassen werden. Die
Entscheidung über seine Zukunft wird bald fallen müssen.




Zie Aordpolfahrt der Hennania unter Aapitän Koldewey
1869 -- 70.
3) Frühjahr und Sommer 1870 bis zur Südfahrt der Germania
Arktische Fauna.

Im arktischen Norden ist die Zunahme der Tageslänge vom Wieder¬
erscheinen der Sonne an außerordentlich viel größer, als die Lichtzunahme vom
Frühjahr bis Mitsommer auf niedrigeren Breiten. Mit welcher Rapidität
dort die Tage länger werden, erhellt am besten aus der einen Thatsache, daß
unseren Germaniamännern, denen die Sonne, wie wir sahen, am 3. Februar
1870 zum ersten Mal auf Minuten wiedererschien, schon Ende Februar bereits
Um 3 Morgens die Dämmerung begann, um 4 Uhr schon das nächtliche
Dunkel verschwand. Nun hatten sie gewonnen Spiel: volle Arbeitstage ohne



') Die zweite deutsche Nordpolfahrt. I. Band. Zweite Abtheilung. F. A. Brockhaus 1874.

Wer als Pessimist, als Unitarier oder wenigstens als Gegner der Son¬
derexistenz seines eigenen Partikularstaares das Ende der partikularen Selbst-
ständigkeit befördern will, hat dazu in der Preisgebung der gemeinsamen
Universität, mag sie sich auf den Grund stützen, daß der Staat nicht mehr
im Stande sei. die Mittel aufzubringen, oder auf den Grund, daß er die
betreffenden Summen von etlichen tausend Thalern zu andern nothwendigeren
Ausgaben brauche, eine treffliche Waffe. Wer ehrlich die Erhaltung der
Selbständigkeit jener Staaten wünscht, der mache sich klar, daß seinem Wunsche
der Erfolg nur dann entsprechen wird, wenn der Staat im Stande ist, seine
Zwecke zu erfüllen, wenn er durch die Verhältnisse sich nicht zwingen läßt,
um einiger Mehropfer willen das theure Vermächtntß einer vorzüglichen Bil-
dungsanstalt aufzuopfern. Selbst wenn es nicht ohne Mühe geschieht, sollte
Man daher auch in Meiningen und Gotha Alles daran setzen, lieber die
Mittel zu schaffen, als das schlimme Bekenntniß abzulegen, der erforderliche
Beitrag zur Sicherung der Universität Jena werde den gesammten Staats--
etat ruiniren.

Ob es helfen wird, sich noch einmal an die Erwägung zum eigenen
Besten zu wenden? Allzugroß ist die Hoffnung nicht. Sehe man zu, was
zu thun sei. Lange kann Jena nicht in der Schwebe gelassen werden. Die
Entscheidung über seine Zukunft wird bald fallen müssen.




Zie Aordpolfahrt der Hennania unter Aapitän Koldewey
1869 — 70.
3) Frühjahr und Sommer 1870 bis zur Südfahrt der Germania
Arktische Fauna.

Im arktischen Norden ist die Zunahme der Tageslänge vom Wieder¬
erscheinen der Sonne an außerordentlich viel größer, als die Lichtzunahme vom
Frühjahr bis Mitsommer auf niedrigeren Breiten. Mit welcher Rapidität
dort die Tage länger werden, erhellt am besten aus der einen Thatsache, daß
unseren Germaniamännern, denen die Sonne, wie wir sahen, am 3. Februar
1870 zum ersten Mal auf Minuten wiedererschien, schon Ende Februar bereits
Um 3 Morgens die Dämmerung begann, um 4 Uhr schon das nächtliche
Dunkel verschwand. Nun hatten sie gewonnen Spiel: volle Arbeitstage ohne



') Die zweite deutsche Nordpolfahrt. I. Band. Zweite Abtheilung. F. A. Brockhaus 1874.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0343" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132037"/>
          <p xml:id="ID_1247"> Wer als Pessimist, als Unitarier oder wenigstens als Gegner der Son¬<lb/>
derexistenz seines eigenen Partikularstaares das Ende der partikularen Selbst-<lb/>
ständigkeit befördern will, hat dazu in der Preisgebung der gemeinsamen<lb/>
Universität, mag sie sich auf den Grund stützen, daß der Staat nicht mehr<lb/>
im Stande sei. die Mittel aufzubringen, oder auf den Grund, daß er die<lb/>
betreffenden Summen von etlichen tausend Thalern zu andern nothwendigeren<lb/>
Ausgaben brauche, eine treffliche Waffe. Wer ehrlich die Erhaltung der<lb/>
Selbständigkeit jener Staaten wünscht, der mache sich klar, daß seinem Wunsche<lb/>
der Erfolg nur dann entsprechen wird, wenn der Staat im Stande ist, seine<lb/>
Zwecke zu erfüllen, wenn er durch die Verhältnisse sich nicht zwingen läßt,<lb/>
um einiger Mehropfer willen das theure Vermächtntß einer vorzüglichen Bil-<lb/>
dungsanstalt aufzuopfern. Selbst wenn es nicht ohne Mühe geschieht, sollte<lb/>
Man daher auch in Meiningen und Gotha Alles daran setzen, lieber die<lb/>
Mittel zu schaffen, als das schlimme Bekenntniß abzulegen, der erforderliche<lb/>
Beitrag zur Sicherung der Universität Jena werde den gesammten Staats--<lb/>
etat ruiniren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1248"> Ob es helfen wird, sich noch einmal an die Erwägung zum eigenen<lb/>
Besten zu wenden? Allzugroß ist die Hoffnung nicht. Sehe man zu, was<lb/>
zu thun sei. Lange kann Jena nicht in der Schwebe gelassen werden. Die<lb/>
Entscheidung über seine Zukunft wird bald fallen müssen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zie Aordpolfahrt der Hennania unter Aapitän Koldewey<lb/>
1869 &#x2014; 70.<lb/>
3) Frühjahr und Sommer 1870 bis zur Südfahrt der Germania<lb/>
Arktische Fauna.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1249" next="#ID_1250"> Im arktischen Norden ist die Zunahme der Tageslänge vom Wieder¬<lb/>
erscheinen der Sonne an außerordentlich viel größer, als die Lichtzunahme vom<lb/>
Frühjahr bis Mitsommer auf niedrigeren Breiten. Mit welcher Rapidität<lb/>
dort die Tage länger werden, erhellt am besten aus der einen Thatsache, daß<lb/>
unseren Germaniamännern, denen die Sonne, wie wir sahen, am 3. Februar<lb/>
1870 zum ersten Mal auf Minuten wiedererschien, schon Ende Februar bereits<lb/>
Um 3 Morgens die Dämmerung begann, um 4 Uhr schon das nächtliche<lb/>
Dunkel verschwand.  Nun hatten sie gewonnen Spiel: volle Arbeitstage ohne</p><lb/>
          <note xml:id="FID_162" place="foot"> ') Die zweite deutsche Nordpolfahrt. I. Band. Zweite Abtheilung. F. A. Brockhaus 1874.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0343] Wer als Pessimist, als Unitarier oder wenigstens als Gegner der Son¬ derexistenz seines eigenen Partikularstaares das Ende der partikularen Selbst- ständigkeit befördern will, hat dazu in der Preisgebung der gemeinsamen Universität, mag sie sich auf den Grund stützen, daß der Staat nicht mehr im Stande sei. die Mittel aufzubringen, oder auf den Grund, daß er die betreffenden Summen von etlichen tausend Thalern zu andern nothwendigeren Ausgaben brauche, eine treffliche Waffe. Wer ehrlich die Erhaltung der Selbständigkeit jener Staaten wünscht, der mache sich klar, daß seinem Wunsche der Erfolg nur dann entsprechen wird, wenn der Staat im Stande ist, seine Zwecke zu erfüllen, wenn er durch die Verhältnisse sich nicht zwingen läßt, um einiger Mehropfer willen das theure Vermächtntß einer vorzüglichen Bil- dungsanstalt aufzuopfern. Selbst wenn es nicht ohne Mühe geschieht, sollte Man daher auch in Meiningen und Gotha Alles daran setzen, lieber die Mittel zu schaffen, als das schlimme Bekenntniß abzulegen, der erforderliche Beitrag zur Sicherung der Universität Jena werde den gesammten Staats-- etat ruiniren. Ob es helfen wird, sich noch einmal an die Erwägung zum eigenen Besten zu wenden? Allzugroß ist die Hoffnung nicht. Sehe man zu, was zu thun sei. Lange kann Jena nicht in der Schwebe gelassen werden. Die Entscheidung über seine Zukunft wird bald fallen müssen. Zie Aordpolfahrt der Hennania unter Aapitän Koldewey 1869 — 70. 3) Frühjahr und Sommer 1870 bis zur Südfahrt der Germania Arktische Fauna. Im arktischen Norden ist die Zunahme der Tageslänge vom Wieder¬ erscheinen der Sonne an außerordentlich viel größer, als die Lichtzunahme vom Frühjahr bis Mitsommer auf niedrigeren Breiten. Mit welcher Rapidität dort die Tage länger werden, erhellt am besten aus der einen Thatsache, daß unseren Germaniamännern, denen die Sonne, wie wir sahen, am 3. Februar 1870 zum ersten Mal auf Minuten wiedererschien, schon Ende Februar bereits Um 3 Morgens die Dämmerung begann, um 4 Uhr schon das nächtliche Dunkel verschwand. Nun hatten sie gewonnen Spiel: volle Arbeitstage ohne ') Die zweite deutsche Nordpolfahrt. I. Band. Zweite Abtheilung. F. A. Brockhaus 1874.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/343
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/343>, abgerufen am 05.05.2024.