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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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heftigen Kämpfe, die einst auch die Existenz und Entwicklung der ganzen
Nation bedrohten, deren läuternde Wirkung und der aus ihnen herauf-
gewachsene feste, beinahe unerschütterliche Bestand der englischen Staats¬
verfassung so recht klar.

Wann werden wir in Deutschland so weit sein, daß wir unbeschadet des
Friedens unseres Hauses die heftigen Stürme unseres Staats - und Ver¬
fassungslebens, in denen wir noch mitteninne stehen, in unserm Reichstags¬
gebäude bildlich darstellen können? Gebe Gott, daß die Zeit nicht mehr zu
fern ist! --

Als Schinkel nach den Befreiungskriegen mit all seiner schöpferischen Kraft
und dem ganzen Enthusiasmus einer wahren Künstlerseele daran ging, für
Berlin einen großen Siegesdom zu projectiren, da wollte er auch aus dem¬
selben ein deutsches Pantheon machen. Der Plan wurde nicht verwirklicht,
später wurde zwar am Lustgarten ein großartig angelegter Dom begonnen,
aber auch unvollendet gelassen, und bis heutigen Tages harrt der Siegesdom
seiner Ausführung. Zu den Befreiungskriegen sind die Tage von 1870--71
gekommen, das neue deutsche Reich ist erstanden, ausgezeichnete Generale,
unvergleichliche Siege, wie sie keine andere Nation aufzuweisen hat, hat
Deutschland zu feiern und zu verherrlichen, und noch immer harrt Berlin
auf die Vollendung seines Domes, der so recht eigentlich ein nationales
Denkmal werden sollte, in dem das Volk all den vielen Helden und den für
des Vaterlandes Freiheit und Macht Gefallenen ehrende Denkmäler setzen sollte.

Vielleicht schafft das neue Reichstagsgebäude Ersatz für diesen Mangel,
-- vielleicht; doch ist beinahe zu befürchten, daß es unserer nüchternen Auf.
fassung gemäß nur zu sehr " Geschäfts geb aude" werden möge; ist doch
schon die Frage des Platzes für dasselbe mehr oder minder nach diesem
Gesichtspunkte zum Nachtheil für den monumentalen Charakter desselben be¬
handelt worden.

Hoffen wir daher, daß das neue Reich nicht allein sein Geschäftshaus
bekomme, sondern auch das schon so lang geplante nationale Gotteshaus
endlich auch seine Vollendung erhalten möge.


Alfred Blum.


statistisches und Topographisches vom Hmslanoe.

Es ist nicht länger als 1V-- Jahr, seitdem die Expedition gegen Khiwa
zum Abschluß gebracht worden, und schon verlauten wieder beunruhigende
Gerüchte aus den Gegenden südlich vom Aralsee. Die wilden turkmenischen


heftigen Kämpfe, die einst auch die Existenz und Entwicklung der ganzen
Nation bedrohten, deren läuternde Wirkung und der aus ihnen herauf-
gewachsene feste, beinahe unerschütterliche Bestand der englischen Staats¬
verfassung so recht klar.

Wann werden wir in Deutschland so weit sein, daß wir unbeschadet des
Friedens unseres Hauses die heftigen Stürme unseres Staats - und Ver¬
fassungslebens, in denen wir noch mitteninne stehen, in unserm Reichstags¬
gebäude bildlich darstellen können? Gebe Gott, daß die Zeit nicht mehr zu
fern ist! —

Als Schinkel nach den Befreiungskriegen mit all seiner schöpferischen Kraft
und dem ganzen Enthusiasmus einer wahren Künstlerseele daran ging, für
Berlin einen großen Siegesdom zu projectiren, da wollte er auch aus dem¬
selben ein deutsches Pantheon machen. Der Plan wurde nicht verwirklicht,
später wurde zwar am Lustgarten ein großartig angelegter Dom begonnen,
aber auch unvollendet gelassen, und bis heutigen Tages harrt der Siegesdom
seiner Ausführung. Zu den Befreiungskriegen sind die Tage von 1870—71
gekommen, das neue deutsche Reich ist erstanden, ausgezeichnete Generale,
unvergleichliche Siege, wie sie keine andere Nation aufzuweisen hat, hat
Deutschland zu feiern und zu verherrlichen, und noch immer harrt Berlin
auf die Vollendung seines Domes, der so recht eigentlich ein nationales
Denkmal werden sollte, in dem das Volk all den vielen Helden und den für
des Vaterlandes Freiheit und Macht Gefallenen ehrende Denkmäler setzen sollte.

Vielleicht schafft das neue Reichstagsgebäude Ersatz für diesen Mangel,
— vielleicht; doch ist beinahe zu befürchten, daß es unserer nüchternen Auf.
fassung gemäß nur zu sehr „ Geschäfts geb aude" werden möge; ist doch
schon die Frage des Platzes für dasselbe mehr oder minder nach diesem
Gesichtspunkte zum Nachtheil für den monumentalen Charakter desselben be¬
handelt worden.

Hoffen wir daher, daß das neue Reich nicht allein sein Geschäftshaus
bekomme, sondern auch das schon so lang geplante nationale Gotteshaus
endlich auch seine Vollendung erhalten möge.


Alfred Blum.


statistisches und Topographisches vom Hmslanoe.

Es ist nicht länger als 1V-- Jahr, seitdem die Expedition gegen Khiwa
zum Abschluß gebracht worden, und schon verlauten wieder beunruhigende
Gerüchte aus den Gegenden südlich vom Aralsee. Die wilden turkmenischen


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[0505] heftigen Kämpfe, die einst auch die Existenz und Entwicklung der ganzen Nation bedrohten, deren läuternde Wirkung und der aus ihnen herauf- gewachsene feste, beinahe unerschütterliche Bestand der englischen Staats¬ verfassung so recht klar. Wann werden wir in Deutschland so weit sein, daß wir unbeschadet des Friedens unseres Hauses die heftigen Stürme unseres Staats - und Ver¬ fassungslebens, in denen wir noch mitteninne stehen, in unserm Reichstags¬ gebäude bildlich darstellen können? Gebe Gott, daß die Zeit nicht mehr zu fern ist! — Als Schinkel nach den Befreiungskriegen mit all seiner schöpferischen Kraft und dem ganzen Enthusiasmus einer wahren Künstlerseele daran ging, für Berlin einen großen Siegesdom zu projectiren, da wollte er auch aus dem¬ selben ein deutsches Pantheon machen. Der Plan wurde nicht verwirklicht, später wurde zwar am Lustgarten ein großartig angelegter Dom begonnen, aber auch unvollendet gelassen, und bis heutigen Tages harrt der Siegesdom seiner Ausführung. Zu den Befreiungskriegen sind die Tage von 1870—71 gekommen, das neue deutsche Reich ist erstanden, ausgezeichnete Generale, unvergleichliche Siege, wie sie keine andere Nation aufzuweisen hat, hat Deutschland zu feiern und zu verherrlichen, und noch immer harrt Berlin auf die Vollendung seines Domes, der so recht eigentlich ein nationales Denkmal werden sollte, in dem das Volk all den vielen Helden und den für des Vaterlandes Freiheit und Macht Gefallenen ehrende Denkmäler setzen sollte. Vielleicht schafft das neue Reichstagsgebäude Ersatz für diesen Mangel, — vielleicht; doch ist beinahe zu befürchten, daß es unserer nüchternen Auf. fassung gemäß nur zu sehr „ Geschäfts geb aude" werden möge; ist doch schon die Frage des Platzes für dasselbe mehr oder minder nach diesem Gesichtspunkte zum Nachtheil für den monumentalen Charakter desselben be¬ handelt worden. Hoffen wir daher, daß das neue Reich nicht allein sein Geschäftshaus bekomme, sondern auch das schon so lang geplante nationale Gotteshaus endlich auch seine Vollendung erhalten möge. Alfred Blum. statistisches und Topographisches vom Hmslanoe. Es ist nicht länger als 1V-- Jahr, seitdem die Expedition gegen Khiwa zum Abschluß gebracht worden, und schon verlauten wieder beunruhigende Gerüchte aus den Gegenden südlich vom Aralsee. Die wilden turkmenischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/505>, abgerufen am 19.05.2024.